Verfuehrung auf Probe
oder weniger dicken Kordeln und Handschellen, fische ich einen besonders langen Seidenschal heraus.
Eric nickt zufrieden und will mir den Schal aus der Hand nehmen.
Ich ziehe die Hand, die den Schal hält, zurück. Gleichzeitig halte ich ihn mit meiner anderen, ausgestreckten Hand auf Abstand. Jetzt nickt Eric verwundert.
„Zuerst fessele ich dich, damit du weißt, wie sich das anfühlt.“
„Du musst erst ein paar Meilen in den Mokassins des Indianers gewandert sein, damit du weißt, wie er sich fühlt“, kratzt er das Sprichwort mehr schlecht als recht zusammen.
„ Beurteile nie einen Menschen, bevor du nicht mindestens einen halben Mond lang seine Mokassins getragen hast“, korrigiere ich den Sprücheklopfer. Dann konzentriere ich mich auf meine eigentliche Aufgabe. „Strecke deine Arme aus.“
Bereitwillig kommt er meiner Aufforderung nach. Trotzdem korrigiere ich seine Armhaltung, indem ich seine Hände bis auf die Höhe meines Bauchnabels senke. Nur so. Um den Eindruck von Überlegenheit zu erwecken.
„Du musst gut aufpassen, wenn du jemanden fesselst“, doziere ich und drehe seine Handflächen nach oben. Ich tippe auf die Pulsadern. „Wenn du zu fest schnürst oder an den falschen Stellen, kann das sehr gefährlich werden.“
„ Wurdest du schon einmal verletzt?“, fragt er mit großen Augen.
„ Einmal?“ Ich gehe nicht weiter auf Erics Frage ein, sondern lege das Tuch auf die harte Stelle zwischen Arm und Hand. „An dieser Stelle kann relativ wenig passieren. Außer die Fessel verschiebt sich. Es kommt also darauf an, dass du so fesselst, dass sich möglichst nichts verschiebt, denn nachher, im Eifer des Gefechts, kann es schon vorkommen, dass sich dein Opfer – äh, Isabelle, dass sie sich unbeabsichtigt bewegt.“
Jetzt habe ich doch tatsächlich Opfer gesagt. Meine Güte. Die Verletzungen sitzen wirklich tief.
Ich wickele das Tuch einmal um Erics Handgelenke herum. „Dies ist die einfachste Bindung. Einmal rumwickeln, ein Knoten. Fertig. Das ist mehr eine mentale Bindung. Sobald du die Hände bewegst, ist das Tuch weg und du bist frei. Man muss nicht immer gleich zu brutalen Maßnahmen greifen, wenn man Spaß mit Fesselungen haben will. Auf dieselbe Weise kannst du natürlich auch die Fußgelenke zusammenbinden. Stell mal deine Füße nebeneinander.“
Wieder tut Eric willig, was ich ihm befehle. Ich knie vor ihm nieder und wickele ihm das Tuch um die Fesseln. Dann trete ich schnell hinter ihn, um aus dem Wirkungsbereich seines Schoßes herauszukommen.
„Auch das ist mehr oder weniger eine symbolische Fessel“, fahre ich fort. „Beuge dich mal vornüber. Wie bei einer Rumpfbeuge.“
Eric guckt mich durch den Spalt zwischen seinen Knien hindurch an.
Ich muss mir schnell auf die Lippen beißen, um nicht lauthals loszulachen. Das ist wirklich ein Bild für die Götter, wie er da durch seine schlanken und dennoch muskulösen Beine linst. Befände sich nicht sein kleiner, fester Arsch in meinem Blickfeld, wäre mit Eric in diesem Augenblick aber gar nichts Erotisches möglich. Der Typ ist ein Witzbold. Und sein Hintern ein Knackarsch hoch drei. Diesen Popo umfasse ich mit beiden Händen und ziehe ihn ein wenig zu mir hin. Bin ich froh, dass mir die Maßnahme mit der Slipeinlage eingefallen ist.
„Du verstehst sicher, was ich meine“, sage ich und trete rasch ein paar Schritte zur Seite.
Eric richtet sich auf. Er schweigt, nickt nicht einmal. Findet er mein Kursprogramm etwa zu anspruchslos? Ich kann auch anders.
„Sag mal, Eric, du hast hier nicht zufällig irgendwo eine Gymnastikmatte?“ Der Parkettboden wird seinen Knien nicht gerade gut tun. Ich sehe mich nach einer weichen Unterlage um.
„Eine Airex-Matte.“
Was zum Teufel ist das?
„Warte einen Augenblick.“ Eric verlässt den Raum. Seine festen Schritte hallen über den Boden. Nun, das ist auch ein Unterschied zu meiner Etage. Hier hört man wirklich jedes Poltern. Ich trete an das bodenhohe Fenster und sehe in das Häuserkarrée hinaus. Es ist ein verschachteltes Gebilde, umrandet von aneinander gereihten Stadtvillen, die sämtlich einen kleinen Garten haben. Wie ein Flickenteppich aus Wiesen, Bäumen und Häusern. Ab dem Frühling, wenn die Blumen blühen, muss es hier traumhaft sein. Vereinzelt gibt es Durchgänge zu Hinterhofhäusern. Das ist ganz typisch für Paris. Nur hier sieht es wesentlich idyllischer und gepflegter aus als bei mir auf dem Montmartre, wo alles nur so vor sich hinbröselt.
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