Verfuehrung auf Probe
ich gelassen durchs Leben gehen. Ich muss zugeben, es fällt mir schwer, diese Einsicht zu verinnerlichen.
A ls Eric den Schmuck abgeliefert und den Bentley sicher in der Garage geparkt hat, geht es mir besser. Körperlich. Nervlich bin ich ein Wrack. Allein die vor mir liegenden Telefonate machen mich wahnsinnig. Am besten lege ich gleich damit los. Der frühe Vogel fängt den Wurm.
„Ich würde gern mit dir darüber reden, wie wir mit diesem Zeitungsartikel umgehen“, meint Eric, als wir mit dem Aufzug nach oben fahren, „bei einem Milchcafé und frischen Croissants.“
Nur zu bereitwillig verschiebe ich die fälligen Anrufe und folge meinem Auftraggeber in die Küche, wo er sofort den Backofen anstellt und von Louise vorbereitete Croissants hineinschiebt. Dann bereitet er den Café zu, genauso wie ich es bei Louise gesehen habe. Das hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Anscheinend lernt der Mann nicht nur BDSM.
„Eier?“, fragt er mich passenderweise.
Trotz meines Gemütszustands muss ich schmunzeln, eine kleine Freude, die aber nicht lange anhält. „Was denkst du, wie wir mit dem Zeitungsartikel umgehen? Ich meine, ich ärgere mich wie wahnsinnig, dass ich auf diese bescheuerte Idee zu diesem Stunt gekommen bin.“
Eric schickt mir ein zerknischtes Lächeln. „Und ich ärgere mich, dass ich mich von dir habe anstecken lassen. Es ist genauso meine Schuld.“
Warum ärgert ihn nicht vielmehr, dass er mich in diesen Club geschleift hat? Da mit fangen die Schwierigkeiten doch schon an.
Die Croissants beginnen zu duften. Eric guckt durch das Backofenfenster. „Noch ein bisschen.“ Er wendet sich wieder mir zu. Wie er so dasteht, eine Hand am Backofen, die andere in der Tasche seiner lässig auf den Hüften sitzenden und wie üblich ein wenig engen, schwarzen Hose, sieht er wieder mal aus wie Gott persönlich. „Über mich hat schon häufiger was in der Zeitung gestanden. Selten handelte es sich um etwas Gutes, wie du dir sicher vorstellen kannst. Ritter über Stein und Peitschen, lautete eine Schlagzeile. Diese Schlagzeile hat mich – meine Frau gekostet, meine ganze Familie.“
„ Deine Frau hat dich wegen einer Schlagzeile verlassen?“, frage ich entsetzt.
Eric zögert einen Augenblick, bevor er antwortet: „Das ist Vergangenheit. Wie gehen wir mit diesem blöden Artikel um? Ich für meinen Teil kann da locker drüber hinwegsehen. Morgen ist die Nachricht Schnee von gestern.“
„Tja, für mich stellt sich die Sache ein wenig anders dar, wie du dir sicher vorstellen kannst.“
Die Croissants sind fertig und der Café läuft. Eric deckt den runden Bistro-Tisch vor der verglasten Küchenwand. Wir sitzen einander gegenüber.
„Ich fühle mich verpflichtet, dir aus dem Schlamassel herauszuhelfen“, beginnt Eric. Seine dunklen Augen ruhen auf meinem nervösen Gesicht und machen mich noch nervöser, obwohl ich ja nun wirklich andere Probleme habe.
„Und wie willst du das anstellen? Ich meine, da ist ein Riesen foto von mir in der Zeitung. Seit heute kennt mich jeder.“ Ich stippe mein Croissant in den Milchcafé. Normalerweise ist dann die Welt wieder in Ordnung, doch heute ist es anders. Ich fühle mich wie auf einer Beerdigung.
„Du darfst deinen Angehörigen erzählen, dass wir ein Paar sind. So wie ich es deiner Nachbarin erklärt habe. Und dass sich die Schmierfinken bei jedem meiner Schritte auf mich stürzen, besonders wenn ich mich in einer, sagen wir, außergewöhnlichen Situation sehen lasse. Das wird sie beruhigen. Außerdem werden sie dich für diesen Typen bedauern.“
Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Mutter mich bedauert. Sie wird sterben vor Sorge, dass es mir im Leben ebenso ergeht wie ihr. Zweimal im Leben lässt sie sich mit einem Mann ein und – schwupp – ist sie schwanger, der Samenspender lässt sie sitzen und das Leben ist ruiniert.
„Was deine Arbeit angeht, so habe ich bereits mit deiner Chefin gesprochen.“
Ach was?
„Sie findet, du solltest dein Äußeres ändern. Im wahren Leben, also wenn du nicht aufgedonnert bist, würde dich sowieso niemand erkennen.“
Hey, was bitte ist in meinem Leben los? „Hat meine Chefin das so gesagt: Dass ich aufgedonnert bin?“
Eric zuckt zusammen. „Sinngemäß.“
„Aber es geht überhaupt nicht darum, dass Auftraggeber mich nicht erkennen. Jedenfalls nicht in erster Linie. Es sind meine Angehörigen, die jetzt wissen, womit ich mein Geld verdiene. Das ist es, was mich verrückt macht. Kannst du das
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