Verführung erster Klasse 2 - Die Wandlung
unter die Augen treten. Ich habe sie so lange
gefangen gehalten, habe mir eingeredet, dass ich damit das
Richtige tue und ihr damit einen wertvollen Teil, ihres
Lebens gestohlen. Ich schäme mich, es zuzugeben, aber ich
traue mir nicht zu, mich ihr in den Weg zu stellen.«
»Du warst schon immer ein hoffnungsloser Fall, wenn es um
die Familie ging«, sagte Ardat.
»Sagt derjenige, der versucht hat, meinen Freund
umzubringen«, meinte Zephir.
Für einen Moment schien diese Aussage ihren Vater aus dem
Konzept gebracht zu haben. »Du hast
was
getan?«
Ardat sank in seinem Stuhl zurück, verschränkte die Arme
und schaute in die andere Richtung.
Phearson schüttelte den Kopf. »Ihr macht es also? Ihr
geht und werdet sie aufhalten?«
»Weißt du denn, wo sie sein kann?«, fragte Zephir.
»Der Wald, wo Ephelia gesichtet worden ist. Dort befindet
sich das Versteck tief in einer Höhle. Ich glaube nicht,
dass sie wieder dort ist, aber dieser Wald bietet einige
Versteckmöglichkeiten. Ihr werdet sie suchen müssen.«
Hoffnungsvoll sah er seine Söhne an.
Zephir wusste nicht, was er von der Sache halten sollte.
Viele Informationen hatten sie nicht und nach dem, was ihnen
ihr Vater erzählte, war diese Anja ziemlich durchgeknallt.
Allerdings war das auch verständlich, wenn man bedachte, was
sie durchgemacht hatte. Erst verlor sie ihre Familie auf so
dramatische Weise und dann wurde sie auch noch ihr Leben
lang versteckt, weil sonst auch ihr Leben in Gefahr gewesen
wäre. Aber Zephir war sich auch sicher, dass sein Vater
nicht nur so gehandelt hatte, um Anja zu beschützen.
Vermutlich hatte er zuerst vorgehabt, ihr Überleben
bekanntzumachen, sobald sie ihre Kräfte unter Kontrolle
hatte.
An Ephelia konnte er sehen, dass eine Hexe mit
Einschränkungen auch anerkannt und gefahrlos leben konnte.
Er vermutete, dass sein Vater einfach Angst gehabt hatte,
seine Stellung im Rat zu gefährden, sollte er bekannt geben,
dass Anja noch lebte und von ihm versteckt worden war.
Ja, das konnte er gut, sein Vater. Er machte gerne die
besten Versprechungen, war ein Meister der Verführungskünste
und handelte letztendlich so, dass für ihn das Beste dabei
herauskam. Auch bei Ephelia hatte Zephir so manches Mal den
Eindruck, sein Vater wollte ihre Kräfte für seine Zwecke
nutzen. Allerdings machte ihr Charakter so ein Vorhaben fast
unmöglich.
»Also schön, aber nur unter einer Bedingung: Du wirst
allen erzählen, was du getan hast. Kein Versteckspielen
mehr, keine Ausreden. Verstanden?«, sagte Zephir.
Mehrere Sekunden dauerte es, doch dann nickte sein Vater.
***
»Also hat unser alter Herr einfach so eine Hexe vor dem
Rat versteckt ... was hältst du davon?«, fragte Ardat Zephir
später, als sie durch den langen Korridor der Silberhallen
gingen.
»Es überrascht mich nicht. Er war schon immer gut darin,
sich in Schwierigkeiten zu bringen. Das Verstecken einer
Hexe, die noch dazu mitten in der Pubertät steckte, und
alles und jeden hasste, ist da geradezu typisch für ihn.
Aber ich kann auch verstehen, warum er es gemacht hat. Von
seinen sicherlich eigennützigen Gedanken einmal abgesehen,
war Anja wirklich in Gefahr.«
»Ja, jeder hätte Angst vor ihr gehabt. Sie wäre
vermutlich nie sicher gewesen, wenn er sie zusammen mit uns
in der Öffentlichkeit aufgezogen hätte. Bei Ephelia war es
etwas anderes, weil sie ja noch so jung gewesen ist. Dennoch
hätte ich mir gewünscht, dass er es uns erzählt hätte.«
»Sei froh, dass er es nicht gemacht hat. Wenn die ganze
Sache hier rauskommt, dann wird die Strafe für ihn nicht
milde ausfallen. Uns hätte dann das Gleiche geblüht.«
»Denkst du, sie werden ihn umbringen?«, fragte Ardat
etwas zögernd.
»Da er Mitglied des Rats ist, wohl eher nicht. Aber seine
Position wird er mit Sicherheit verlieren.«
Für einen Moment war Ardat still und Zephir wusste schon,
was nun kommen würde. »Dann wirst du übernehmen, nicht
wahr?«
»Du klingst verbittert. Meinst du etwa auch, dass ich
immer von allen bevorzugt wurde?«
Ardat schnaubte. »Das ist doch eindeutig, oder?«
Unweigerlich musste Zephir grinsen. »Tja, du brauchst dir
keine Sorgen zu machen. Ich habe nicht vor, Ratsmitglied zu
werden.«
Mitten in der Halle blieb sein Bruder stehen und schaute
ihn mit geöffnetem Mund an. »Bist du irre? Jeder reißt sich
doch darum!«
»Glaubst du etwa, sie würden mich in den Rat lassen, wenn
ich mich ihren
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