Verfuehrung im Harem
Was er für Jessica empfand, war mehr als körperliches Verlangen. Es beunruhigte ihn zutiefst, denn er wollte keine tieferen Gefühle für sie haben. Das machte alles viel zu kompliziert, und er konnte damit nicht umgehen.
Jessica stand neben Kardahl und beobachtete die fröhlichen Menschen. Einige Dorfbewohner spielten Gitarre, Geige und Harmonika. Die Melodien klangen heiter, beschwingt und einschmeichelnd. Auf dem riesigen Platz mitten zwischen den Unterkünften brannte ein Feuer, und Männer, Frauen und Kinder jeden Alters sangen und tanzten.
Als Kardahl Jessica zum Tanz aufforderte, schüttelte sie reumütig den Kopf. „Ich glaube, ich bin ein hoffnungsloser Fall.“
„Das bezweifle ich“, antwortete er. „Du brauchst nur etwas Übung.“
„Walzer und dergleichen kann ich ganz gut tanzen, aber von Volkstänzen habe ich keine Ahnung“, erklärte sie.
„Gut, dann versuchen wir es nachher mit langsamen Tänzen“, erwiderte er.
Während sie sich wenig später im Rhythmus der Musik auf dem Tanzplatz bewegten, drückte Kardahl Jessica leicht an sich. Mit der einen Hand umschloss er fest ihre Finger, während sie die andere Hand auf ihrem Rücken spürte. Immer wieder berührten ihre Körper sich, während sie tanzten.
In seinen Augen blitzte es hin und wieder auf, als spiegelte sich darin das flackernde Feuer, und Jessica fragte sich, ob es in ihren Augen auch aufblitzte. Oder war es ein inneres Feuer, das seine Augen aufleuchten ließ? Seit ihrer Ankunft vor vierundzwanzig Stunden hatte sie plötzlich zum ersten Mal das Gefühl, keine Luft zu bekommen. Hof fentlich liegt es nur daran, dass die Luft hier in den Bergen dünner ist, und nicht an Kardahls Nähe, seinem verführerischen Duft und seinem muskulösen Körper, dachte sie. Es kam ihr vor wie ein Angriff auf all ihre Sinne, als wollte er sie für sich erobern und zuvor testen, ob sie ihrem Vorsatz treu blieb. Wenn er aber so etwas im Schilde führte, würde er bei ihr auf Granit beißen.
Sie löste sich von ihm, wirbelte herum und tanzte ohne ihn weiter. Ihr Soloauftritt mit verführerischen Hüftbewegungen und fantasievoller Schrittfolge fand viel Beifall. Alle klatschten begeistert, und Kardahl beobachtete sie lächelnd.
„Du bist alles andere als ein hoffnungsloser Fall“, versicherte er ihr dann. Dass das rätselhafte Aufleuchten in seinen Augen dieses Mal nichts mit dem flackernden Feuer zu tun hatte, war ihr klar.
„Jessica!“ Aminah gesellte sich zu ihnen. „Königliche Hoheit“, fügte sie hinzu und deutete eine Verbeugung an. „In eurer Unterkunft erwartet euch eine Überraschung.“
Jessica runzelte die Stirn. „Was willst du damit sagen?“
„Ihr solltet euch zurückziehen.“
„Aber die Feier ist doch in vollem Gange, und ich bin überhaupt noch nicht müde“, protestierte Jessica.
„Umso besser“, entgegnete Aminah lächelnd. „Ihr seid frisch verheiratet, und man braucht euch nur zu beobachten, dann weiß man, dass ihr allein sein wollt.“
„Nein! Wir sind gern mit den anderen zusammen, es macht uns Spaß“, widersprach Jessica.
Doch ihre Tante hob die Hand. „Ihr braucht auf uns keine Rücksicht zu nehmen. Niemand hält euch für unhöflich, wenn ihr euch zurückzieht. Es ist doch verständlich, dass ihr es kaum erwarten könnt, wieder allein zu sein.“
Jessica blickte Kardahl Hilfe suchend an. Er braucht nur ein Machtwort zu sprechen und zu erklären, dass wir keineswegs die Absicht haben, uns jetzt schon zurückzuzie hen, dann würde meine Tante aufhören, uns zu drängen, überlegte Jessica. Aber er dachte offenbar gar nicht daran, ihr beizustehen, sondern stand schweigend da und sah sie freundlich lächelnd an, sodass sie wohl oder übel nachgeben musste.
„Vielen Dank“, sagte sie schließlich.
„Komm, mein Liebling.“ Kardahl reichte ihr den Arm.
Sie legte ihm die Hand unter den Ellbogen und stieß leise hervor: „Du bist unverbesserlich!“
„Ich fühle mich geschmeichelt“, antwortete er lachend.
„Es sollte kein Kompliment sein“, flüsterte sie.
Zurück in ihrer Unterkunft, wollte Jessica ihm die Meinung sagen. Doch plötzlich entdeckte sie den Bottich mit heißem Wasser in der Ecke. Auf dem Stuhl daneben lagen zwei Badetücher, und überall im Raum standen brennende Kerzen.
„Das ist wirklich eine Überraschung“, stellte sie fest.
„Eine höchst willkommene, nach deiner Miene zu urteilen. Wenn du mich so anschauen würdest wie diesen Bottich Wasser, würde ich nicht
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