Verfuehrung im Mondlicht
gaben nach. Dann entfuhr ihr ein kleiner, genüsslicher Seufzer.
»Mr. Wells«, flüsterte sie beinahe staunend. »Es will mir scheinen, dass Ihr Euch letztlich doch zu Frauen hingezogen fühlt.«
Ambrose erstarrte einen Moment zur Salzsäule, bis er schließlich sehr vorsichtig den Kopf zu heben vermochte.
»Wovon zum Teufel redet Ihr?«, stieß er heiser hervor.
»Mrs. Oates machte so eine Bemerkung. Ich gewann den Eindruck, dass Ihr und Mr. Stoner vielleicht mehr als gute Freunde wäret.«
»Verstehe«, erwiderte er amüsiert. »Das geschieht mir zweifellos recht.«
»Macht nichts. Das spielt jetzt keine Rolle mehr.«
»Nein, das tut es nicht. Erlaubt mir bitte, dieses kleine Missverständnis zu korrigieren.«
Er drückte sie fester an sich und küsste sie wieder, diesmal noch leidenschaftlicher.
Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und erwiderte den
Kuss mit einer solchen Hingabe, dass ihm schwindelte. Eine heiße Woge aus Begehren und eine fast schon euphorische Erregung durchströmten ihn.
Er vergrub seine Finger in ihrem Haar und liebkoste ihren Mund.
Nach einer Weile musste er kurz innehalten, um Luft zu schöpfen.
»Nach allem, was wir zusammen durchgestanden haben«, sagte er, »scheint es mir an der Zeit, dass du mich Ambrose nennst. Findest du nicht auch?«
»Ambrose.«
Er bog den Kopf etwas zurück und sah, dass ihre Brille von ihrem Atem beschlagen war.
»Verzeihung.« Er lächelte und nahm ihr die Brille ab. »Es muss dir ein bisschen vorgekommen sein, wie einen Fremden im Dunkeln zu küssen.«
»Nein.« Sie blinzelte nur kurz, und ihr Blick glitt etwas unscharf über sein Gesicht. »Ich weiß genau, wer du bist.«
»Concordia«, flüsterte er. »Was machst du nur mit mir?«
Er drückte sie fest an sich, weil er unbedingt ihren weichen, warmen Körper an seinem fühlen wollte. Er war vollkommen erregt, und nur sie schien die Lust stillen zu können, die in ihm tobte.
Sie klammerte sich an ihn, anscheinend ebenso verlangend wie er. Er strich mit den Händen über ihren Körper und löste die Schärpe ihres Morgenmantels.
Als er mit seiner Hand eine ihrer schönen, kleinen Brüste umfasste, versteifte sie sich plötzlich.
Es gelang ihm nur mit Mühe, seinen Mund von ihren Lippen zu lösen. »Was?«
Ihre Augen waren groß und dunkel. Sie ließ Ambrose los und trat hastig einen Schritt zurück.
»Grundgütiger Himmel, fast hätte ich das vergessen.« Sie schob eine Hand in die Tasche ihres Morgenmantels.
»Was vergessen?«
»Die Briefe.« Sie wedelte mit den Briefen vor seiner Nase herum. »Das wollte ich dir zeigen. Ich habe die Briefe in der Zeitung gefunden. Sie stammen von Miss Bartlett. Sie hat sie an Mrs. Jervis geschrieben, während sie auf Aldwick Castle war. Der letzte trägt ein Datum kurz vor ihrem Verschwinden.«
Ambrose zwang sich dazu, sich auf die beiden Briefbogen zu konzentrieren, mit denen sie vor seinem Gesicht umherfuchtelte. »Lass mich mal sehen.«
Sie reichte sie ihm. »Miss Bartlett hat entdeckt, dass dort oben auf der Burg etwas nicht stimmte. In ihrem ersten Brief erwähnt sie, dass keine Post gesendet oder empfangen werden könnte. Sie schreibt, dass sie ihre Briefe nur abschicken konnte, indem sie einen der Bauern bestochen hat, der Lebensmittel für die Burgküche lieferte.«
Ambrose reichte ihr die Brille. »Geh hinunter in die Bibliothek. Ich bin in ein paar Minuten bei dir.«
Zehn Minuten später stand er in seinem Morgenmantel am Schreibtisch der Bibliothek. Die beiden Briefe von Miss Bartlett an Mrs. Jervis lagen vor ihm auf der ledernen Schreibunterlage.
»Offensichtlich waren sie und Jervis gut miteinander bekannt«, sagte er.
»Ja.« Concordia marschierte vor dem Schreibtisch hin und her. »Sie schreibt an Jervis wie an jemanden, den sie schon länger kennt.«
»Im ersten Brief schreibt Bartlett ihr, dass sie glaubt, auf ein kriminelles Komplott um die Mädchen gestoßen zu sein, die sie unterrichten sollte.«
»Sie ist offenbar zu demselben Schluss gekommen wie ich.« Concordia presste ihre weichen Lippen zusammen. »Daran kann es jetzt keinen Zweifel mehr geben. Dieser widerliche Alexander Larkin hat tatsächlich versucht, ein Geschäft mit den Mädchen zu machen, indem er sie als Kurtisanen aus der gehobenen Gesellschaftsschicht an vermögende Freier verkuppelte.«
Ambrose betrachtete den Brief nachdenklich. »Hieraus lässt sich schließen, dass Phoebe, Hannah, Edwina und Theodora nur ein Experiment waren. Sollte alles gut gehen,
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