Verfuehrung im Mondlicht
Gebrauchsartikels befändet, der, wie Ihr wüsstet, für einen anderen von großem Wert ist?«
Larkin entspannte sich zum ersten Mal, seit er von dem Verschwinden der vier Mädchen erfahren hatte. »Ich würde dem ehemaligen Besitzer eine Möglichkeit anbieten, seine verschwundenen Wertsachen wiederzuerlangen.«
»Ganz recht. Ich erwarte, dass derjenige, der die Mädchen entführt hat, früher oder später mit dem Ansinnen an uns herantritt, Verhandlungen über die Mädchen mit uns zu führen. Dann haben wir ihn.«
»Verdammt noch mal! Wir können nicht einfach herum-sitzen und Däumchen drehen, bis er mit uns Kontakt aufnimmt. Ich bin schließlich Alexander Larkin. Ich warte nicht, bis es anderen genehm ist.«
»Beruhigt Euch, Larkin.« Trimley stand auf und ging zur Tür. »Das Letzte, was wir wollen, ist doch wohl, Aufmerksamkeit zu erregen. Früher oder später wird unser Gentleman-Entführer eine Möglichkeit finden, Euch darüber zu verständigen, dass er in geschäftliche Verhandlungen mit Euch treten möchte.«
»Ich nehme keine Befehle von Euch entgegen, Trimley.« Larkin ballte eine Hand zur Faust. »Ich werde die Stadt auf den Kopf stellen, bis ich diese Mädchen gefunden habe.«
»Wie Ihr wünscht, aber Ihr verschwendet Eure Zeit.«
»Warum sagt Ihr das?«
Trimley blieb an der Tür stehen. »Ich wäre der Letzte, der abstreiten würde, dass Ihr über ausgezeichnete Beziehungen in gewissen Kreisen Londons verfügt. Aber wir wissen beide, dass sie sich nicht bis in die bessere Gesellschaft erstrecken. Und offenbar bewegt sich unser Mann genau in solchen Zirkeln.«
Larkin wurde eiskalt, trotz der Hitze.
Trimley lächelte beiläufig. »Euer ungeschliffenes Herangehen hat unbestreitbar seine Vorteile, Larkin. Doch diese Situation erfordert ein hohes Maß an Finesse. Überlasst das mir. Schließlich war das einer der Gründe für unsere Partnerschaft, wenn Ihr Euch das in Erinnerung rufen würdet. Ich habe Verbindungen zu Häusern, in die auch nur einen Fuß hineinzusetzen, Euch niemals gestattet sein wird.«
Trimley ging hinaus zum Tauchbecken und schloss die Tür hinter sich.
Larkin starrte ihm lange hinterher. Das reicht!, dachte er. Trimley war während des letzten Jahres durchaus nützlich gewesen, aber was genug war, war genug. Wenn dieses Geschäft mit den vier Mädchen abgeschlossen war, würde er, Alexander Larkin, ihre Partnerschaft beenden, und zwar dauerhaft.
Er zerrte sich ungeduldig das Leintuch über die Schultern und dachte darüber nach, wie er diese Angelegenheit angehen sollte. Einen Gentleman auszuschalten, der in der besseren Gesellschaft verkehrte, erforderte sorgfältige Planung. Wenn Männer aus Trimleys Schicht unter mysteriösen Umständen das Zeitliche segneten, war die Polizei geneigt, genauere Nachforschungen anzustellen. Die Presse regte sich mächtig auf, und es wurden viele Fragen gestellt.
Es hatte in dieser Angelegenheit bereits zu viele riskante Vorfälle von mysteriösem Verschwinden gegeben. Das Letzte, was er wollte, war, die Aufmerksamkeit von Scotland Yard auf sich zu lenken.
Dennoch, solche Angelegenheiten konnten zufriedenstellend erledigt werden, wenn man sie mit größter Sorgfalt durchführte. Denn in einem Punkt irrte Trimley. Die Barriere, welche die bessere Gesellschaft von der anderen Sorte von Menschen trennte, war nicht so undurchdringlich, wie er zu glauben schien. Der Tod überwand am Ende jede Klassenschranke.
19
Die Winslow-Armenschule für Mädchen befand sich in einem großzügigen Anwesen. Allerdings wirkte das graue Steingebäude auf Concordia, als würde es jeden Strahl der Frühlingssonne absorbieren und Helligkeit und Wärme in eine kalte, gnadenlose Nacht verwandeln.
Das Büro der Schulleiterin passte nahtlos zur Düsternis dieses Ortes. Seine dämmrige Atmosphäre wirkte beinahe erbarmungslos. Und dieser Eindruck wiederum passte ausgezeichnet zu der Schulleiterin Edith Pratt, die hinter ihrem massiven Schreibtisch saß.
Die ehrfurchtgebietende Miss Pratt war allerdings nicht annähernd so alt, wie Hannah, Phoebe, Edwina und Theodora Concordia hatten glauben machen. Pratt war nur ein paar Jahre älter als sie selbst, höchstens dreißig.
Und sie war auch nicht unattraktiv. Edith Pratt war groß und wohlgeformt, hatte einen beachtlichen Busen, ein feines Gesicht, hellbraunes Haar und haselnussbraune Augen.
Doch welch äußerliche Schönheit Edith Pratt einst auch besessen haben mochte, sie war schon lange unter einer grimmigen
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