Verfuehrung im Mondlicht
auch noch einen so ungewöhnlichen Umgang damit vorzuschlagen.
Aber was hätte er tun sollen, nachdem Phoebe, Hannah, Edwina und Theodora ihn in der Bibliothek in die Enge getrieben hatten?
In diesem Moment hatte er es für eine wirklich brillante Idee gehalten, sich aus einer unerträglichen Situation herauszuwinden. Er hatte gewusst, dass Concordia sich strikt geweigert hätte, wenn er heute Morgen um ihre Hand angehalten hätte. Und er für seinen Teil hätte eine solche Zurückweisung nicht sonderlich gut verkraftet. Indem er die Bürde des Heiratsantrags auf Concordias Schultern abwälzte, hatte er nur versucht, sie beide aus der Klemme zu befreien.
Das alles zeigte letztlich jedoch nur, dass seine Vanza-Ausbildung trotz des Wertes, den er auf Selbstkontrolle und ruhiges, logisches Denken legte, ihre Grenzen hatte. Zwei Generationen Familienweisheit der Coltons waren ebenfalls nicht gerade hilfreich gewesen. Andererseits waren sein Vater und auch sein Großvater trotz ihrer kriminellen Veranlagungen hoffnungslose Romantiker gewesen. Offensichtlich ein Familienmerkmal, das sich vererbte.
Ambrose begrüßte diese bevorstehende Unterhaltung mit Mrs. Hoxton. Sie bot ihm die willkommene Ablenkung, um seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu richten als auf seine immer komplexere Beziehung zu Concordia Glade.
Die Tür der Hoxton-Residenz wurde von einem beeindruckenden Butler geöffnet, der sie nach kurzer Rücksprache mit seiner Herrschaft in einen bedrückend voll gestopften Salon führte.
Offensichtlich hatte Mrs. Hoxtons Innenarchitekt sehr viel Wert darauf gelegt, jedes auch nur entfernt moderne Element in dem Salon unterzubringen. Das Ergebnis war ein düsteres Kaleidoskop aus Farben, Mustern und Stoffen.
Pflaumenfarbene Übergardinen ergossen sich auf einen Teppich mit einem gigantischen Blumenmuster aus blauen, lila und cremefarbenen Blüten. Auf der von einer breiten Bordüre eingefassten Tapete prangte ebenfalls ein Blumenmuster aus riesigen, rosafarbenen Blüten vor einem kastanienbraunen Hintergrund. Sämtliche Sitzmöbel wiesen unterschiedliche Polster in chaotischen Drucken auf. In den dunklen Ecken des Salons standen gewaltige Amphoren mit mächtigen Buketten aus künstlichen Blumen. Und vom Boden bis zur Decke schmückten gerahmte Gemälde die Wände.
Concordia setzte sich auf einen der samtbezogenen Stühle. »Ich bin Euch sehr dankbar, dass Ihr uns so kurzfristig empfangen konntet, Mrs. Hoxton«, sagte sie. »Das ist sehr freundlich von Euch.«
Ambrose war von der Gewandtheit beeindruckt, mit der Concordia in ihre neue Rolle geschlüpft war. Hätte er es nicht besser gewusst, hätte er sie genau für das gehalten, was sie darstellen sollte: eine wohlhabende, elegante Witwe.
»Aber ich bitte Euch, Mrs. Nettleton, davon kann doch keine Rede sein.« Auf Mrs. Hoxtons rundem Gesicht glühte ein gewinnendes Lächeln. »Eine Freundin von Lady Chesterton ist selbstverständlich in diesem Haus jederzeit herzlich willkommen.«
Eine gesellschaftliche Beziehung zu der wohlhabenden und höchst einflussreichen Gräfin Chesterton war extrem schwierig zu knüpfen. Ambrose hatte die ihre vor wenigen Minuten kurzerhand erfunden, als er den Namen der Dame auf die Karte gekritzelt hatte, die Concordia dem Butler an der Tür überreicht hatte.
Der Klatsch, den er in seinem Club über Mrs. Hoxtons gesellschaftliche Ambitionen aufgeschnappt hatte, hatte sich als zutreffend erwiesen. Sie hatte der Verlockung nicht widerstehen können, eine enge persönliche Freundin von Lady Chesterton empfangen zu dürfen.
»Dies ist mein Vermögensverwalter.« Concordia wedelte mit ihrer schwarz behandschuhten Hand vage in Ambroses Richtung. »Achtet nicht auf ihn. Ich habe ihn nur mitgebracht, damit er sich Notizen macht. Er kümmert sich um all die langweiligen Einzelheiten meiner äußerst umfangreichen finanziellen Angelegenheiten.«
»Verstehe.« Mrs. Hoxton warf Ambrose einen forschenden Blick zu, der ihr versicherte, dass er nicht weiter von Belang war. Eifrig wandte sie sich wieder an Concordia. »Was hat Euch Lady Chesterton denn über mich erzählt?«
»Cynthia hat mir Euren Namen genannt und mir versichert, dass Ihr mich in der Frage eines Mädchenstifts beraten könntet.« Concordia ließ sich eine Tasse Tee von dem Dienstmädchen geben. »Sie erwähnte, dass Ihr sehr erfolgreich ein ähnlich philanthropisches Projekt unterhaltet.«
Das Mädchen zog sich diskret zurück und schloss leise die Tür des Salons
Weitere Kostenlose Bücher