Verfuehrung im Walzertakt
erscheint.“
„Sind Sie ein zufälliger Betrachter?“
„Ich rühme mich eines scharfen Blickes, Miss Clare.“
Diana rutschte unruhig auf ihrem Sitz hin und her, um den Abstand zwischen sich und Lord Coltonby zu vergrößern. Wenn sein Bein an das ihre gepresst war, konnte sie kaum an etwas anderes denken, denn an seine stattliche Gestalt. Zudem befürchtete sie, er hätte bei seinen Worten nicht nur sein Gut im Sinn, sondern bezog diese möglicherweise auch auf sie. Ein Gedanke, der ihr Angst und Schrecken einjagte. „Für hohle Schmeicheleien habe ich nichts übrig, Lord Coltonby. Wenn Sie sich weiterhin in dieser Weise zu benehmen gedenken, werden wir wohl kaum mehr als flüchtige Bekannte sein können. Wir sollten entscheiden, welches der Cottages Sie …“
„Brett“, fiel er ihr mit seidenweicher Stimme ins Wort.
Der Blick, den er ihr schenkte, zeugte von offenkundigem männlichen Interesse und brachte ihr Herz zum Rasen. Es ist der Blick eines Lebemannes, eines erfahrenen Verführers, mahnte ihr Herz.
„Ich bestehe darauf, dass Sie mich bei meinem Vornamen nennen, nun, da wir intime Freunde geworden sind.“
Intime Freunde. Das Bild, das dieses Wort vor ihrem inneren Auge heraufbeschwor, ließ ihr die Hitze in die Wangen schießen. Rasch vertrieb sie die Fantasie und sperrte sie in den kleinen Teil ihres Gedächtnisses, in dem sie die Erinnerungen aufbewahrte, die sie sich selbst nicht wachzurufen erlaubte. Sich des erlittenen Schmerzes und der Demütigung entsinnend brachte sie die zarte Stimme zum Schweigen, die beharrlich behauptete, Brett sei anders. Tief atmete Diana durch, langsam gewann sie die Beherrschung zurück. Sie würde ihr sich selbst gegebenes Versprechen nicht brechen. Nie wieder würde sie sich verführen lassen. Sie hatte ihre Lektion gelernt.
„Eine Bekanntschaft erfordert keine Intimität.“ Das Kinn hebend richtete sie den Blick auf die Ohren der Pferde. „Ich kann Sie nicht mit Ihrem Vornamen ansprechen. Denken Sie nur an den Skandal.“
„Da bin ich anderer Meinung. Ein vertrautes Wort unter vier Augen wird keine Wellen schlagen.“
Diana fragte sich, worauf sie sich nur eingelassen hatte. Niemals hätte sie seine Einladung zu dieser Kutschfahrt so impulsiv annehmen dürfen. Wann würde sie endlich lernen, Verlockungen zu widerstehen, und sich allein von der Stimme der Vernunft leiten lassen?
Seine Hand glitt über ihre Schulter, seine Finger schlangen sich um die ihren, hielten sie leicht, doch zärtlich fest. Diana widerstand dem Drang, mit ihrer Hand die seine zu umfassen. „Versuchen Sie es. Hier und jetzt. Niemand außer mir wird es hören.“
„Aber ich …“ Ihre Zunge verweigerte den Dienst, rasch wandte sie den Kopf ab.
„Bitte lassen Sie meinen Namen von Ihren Lippen perlen.“
„Brett“, flüsterte sie kaum hörbar.
„Sagen Sie es so, dass ich Sie auch hören kann.“
„Brett!“, stieß Diana zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „So. Sind Sie nun zufrieden?“
„Ich hätte einen honigsüßen, verführerischen Klang in ihrer Stimme vorgezogen, für den Augenblick indes werde ich mich mit diesem essigsauren Ton zufriedengeben.“ Er schnalzte mit der Zunge, und die Karriole setzte sich in Bewegung.
Diana entwich ein Seufzer. Ob er dem Bedauern oder der Enttäuschung entsprang, konnte sie indes nicht sagen, da sie sich weigerte, über ihre Gefühle nachzudenken. „Sie sind unverbesserlich.“
„Das haben mir meine Kinderfrauen auch immer gesagt.“
„Sie hatten mehrere Kinderfrauen?“
„Mein Bruder und ich hatten eine ganze Reihe von Betreuerinnen. Immer so lange, wie mein Vater über die nötigen Geldmittel verfügte. Meine Mutter brachte er mit seinen finanziellen Eskapaden zur Verzweiflung. Zu allem Übel war auch noch das Dach undicht, und es war feucht und kalt in dem alten Kasten. Man kann sagen, ich war in vielerlei Hinsicht froh, den Familiensitz nach dem Tod meines Bruders abstoßen zu können. Die immer wieder nötigen Reparaturen an einem Haus, das vor Feuchtigkeit triefte, haben mir die Entscheidung, einen Neuanfang zu wagen, erleichtert.“
Diana sog dieses neue Wissen in sich auf. „Immerhin war ihr Vater ein Earl. Da sollte er gewiss über ausreichend Vermögen verfügt haben, um das Dach ausbessern zu lassen und die Feuchtigkeit zu vertreiben.“
„Mein Vater war allerdings auch ein Spieler und Hasardeur, dem das Glück nicht beistand. Er neigte dazu, spontanen Eingebungen übereilt nachzugeben, ohne
Weitere Kostenlose Bücher