Verfuehrung im Walzertakt
wie es die Satterwaites tun?“
„Wenn es denn sein muss“, erwiderte sie mit tiefem Atemzug, wobei sie sich insgeheim wünschte, die Fahrt würde ein wenig länger dauern. Indes kamen die Tore ihres Anwesens bereits in Sicht.
„Diana, benannt nach der römischen Göttin der Jagd und des Mondes.“ Seine Stimme schnurrte ihren Namen, was ein seltsames Gefühl in ihrer Magengrube verursachte. „Sind Sie schon einmal in Italien oder Griechenland gewesen, Miss Diana? Haben Sie den Mond groß und gelb über dem Meer erscheinen sehen?“
„Ich bin nur ein Mal von Northumberland fort gewesen – in London.“
„Eine Schande.“ Er ließ die Pferde in langsamen Schritt verfallen und legte den Arm auf die Rückenlehne. „Sie sollten Griechenland wahrlich einmal bereisen. Gerne würde ich Ihnen die im Mondlicht schimmernden Strände der versteckt liegenden Buchten zeigen.“
Diana schenkte dem Flattern in ihrem Inneren keine Beachtung. Die Worte flossen ihm so leicht von den Lippen wie das Wasser den Tyne hinunter. „Das wird wohl kaum möglich sein. Ich habe hier viel zu viele Verpflichtungen.“
„Werden Sie zum Ball gehen?“
Diana zögerte einen Herzschlag lang. Sie konnte sich gut vorstellen, einen Kotillon mit ihm zu tanzen. Es wäre so leicht … gleich darauf schüttelte sie entschieden den Kopf. „Mein Entschluss ist bereits gefasst. Bälle bereiten mir keine Freude.“
Er berührte leicht ihre Wange. Diana musste sich mit aller Macht zusammenreißen, um sich nicht umzudrehen und ihr Gesicht in seine Hand zu schmiegen, ihre Lippen in seine Handfläche zu drücken. „Es könnte ein unterhaltsamer Zeitvertreib sein, dies zu ändern.“
„Ich bin jedoch nicht nur deshalb hier, um für Ihr Amüsement zu sorgen“, erwiderte sie, den Kopf von der zärtlichen Qual abwendend.
„Ah, das klingt ganz nach der wahren Diana Clare.“ Er ließ die Hand an seine Seite sinken.
„Sie haben mir Freundschaft versprochen.“ Diana hielt sich stocksteif. „Gewiss werden Sie Ihr Wort nicht brechen, nicht wahr? Oder handelte es sich lediglich um das Versprechen eines Lebemannes, dazu gedacht, mich in falscher Sicherheit zu wiegen?“
„Sie halten die Zügel in der Hand. Sie geben das Tempo vor.“ Er legte seine Hand auf sein Herz. „Das verspreche ich Ihnen auf meine Ehre als Gentleman.“
„Auch auf Ihre Ehre als angesehener Pferdekenner?“
Seufzend rollte er die Augen gen Himmel. „Auch das. Sie haben von mir nichts zu befürchten, Diana, auch wenn Sie mich beharrlich zu provozieren suchen, sind Sie doch nachweislich eine graue Maus.“
„Soll mir diese Einschätzung etwa schmeicheln?“, fragte Diana leicht säuerlich.
„Das müssen Sie entscheiden.“ Seine Miene gab keinerlei Gefühl preis, und er schien völlig in das Führen des Gespanns vertieft.
Diana spürte, wie sich ihr Atem beruhigte, nun, da sie vor dem Haus hielten. Förmlich half er ihr aus der Karriole. Seine Berührung barg nichts mehr von der brennenden Zärtlichkeit, die er ihr noch vor wenigen Minuten hatte zuteilwerden lassen. Von einem Gefühl vager Enttäuschung ergriffen musste sie sich eingestehen, dass sie sich weitere Liebkosungen wünschte.
Eine Locke fiel ihr ins Gesicht, rief ihr das angenehme Gefühl des Windes, der durch ihre Haare strich, wieder in Erinnerung. In diesem Augenblick wusste Diana, es würde ihr nie wieder möglich sein, eine Haube zu tragen, denn sie hatte sich der Freude erinnert, die man verspürte, wenn man das Leben genoss.
Ein weiterer Rosenzweig soll die Girlande schmücken, beschloss Diana, während sie die Zeichnung mit geübtem Auge begutachtete. Sie hatte den Nachmittag damit verbracht, verschiedene neue Wandmalereien für das Sommerhaus zu entwerfen.
Vor fünf Jahren hatte sie begonnen, es zu verschönern, in der Hoffnung, Algernon vergessen zu können, indem sie mit jedem Pinselstrich, den sie tat, jegliche Leidenschaft aus sich hinausfließen ließ, gleichsam ihre Seele auf den Wänden entblößte, bis ihr Körper nurmehr einer leeren Hülle glich. Vor sechs Monaten glaubte sie, die Verzierungen im Sommerhaus beendet zu haben, doch nun stellte sie fest, dass eine weitere Girlande und ein oder zwei Blumenbildnisse durchaus nicht schaden konnten. Die Malerei hatte ihr schon einmal geholfen. Sie würde ihr wieder helfen.
„Wie ich höre, hast du heute Morgen für Aufsehen gesorgt.“ Mit gewitterschwarzer Miene kam Simon ins Zimmer. „Ich war immer der festen Überzeugung, du seist mit
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