Verfuehrung im Walzertakt
Geräusch von splitterndem Glas. Am ganzen Körper bebend versuchte Diana nicht daran zu denken, was hätte geschehen können. Sie schaute auf und blickte in Bretts von dunklen Wimpern umrahmte graue Augen.
„Ihnen ist nichts geschehen.“ Wie eine Liebkosung drang seine Stimme an ihr Ohr. Ihr Atem vermischte sich mit seinem, intimer als ein Kuss. Nur wenige Zentimeter war sein Mund von dem ihren entfernt. Wenn sie jetzt den Kopf nur ein ganz klein wenig heben würde …
Heftig schluckend wandte sie den Blick entschlossen ab. „Lassen Sie mich bitte los.“
„Sie sollten vorsichtiger sein. Sie hätten sich leicht verletzen können.“
Er lockerte seinen Griff, und seine Hand auf ihren Rücken legend ließ er sie nach unten gleiten. Ihre Brüste streiften seinen harten Oberkörper. Die langsame, sinnliche Berührung rief eine brennende Sehnsucht in ihr hervor. Noch während sie in seinen Armen umfangen stand, spürte sie, wie ihr Körper sich ganz von selbst nach vorne beugte, seine Nähe suchte. Fester schloss er die Arme um sie, die Wärme seiner Hand brannte durch den dünnen Stoff ihres Kleides.
Das rief sie in die Wirklichkeit zurück. Sich bewusst werdend, dass sie förmlich um einen Kuss bettelte, trat sie rasch von ihm fort. Sie atmete tief durch und wechselte entschlossen das Thema. „Wie … wie haben Sie mich gefunden?“
„Ich traf Ihre Zofe nähend im Garten. Sie vermutete Sie hier.“
Stumm verfluchte sie Rose und deren Neigung, sie zu verkuppeln. Sie würde ein ernstes Wort mit ihr wechseln müssen. Auf die Leiter inmitten der verschütteten Farbe deutend meinte sie: „Wenn Sie angeklopft hätten, wäre dies wohl nicht geschehen.“
„Weshalb war es denn nötig, Leib und Leben in solcher Weise aufs Spiel zu setzen? Die Leiter stand nicht sicher. Das hat einen Unfall quasi herausgefordert. Es hätte schlimm für Sie ausgehen können.“
Diana schaute auf das Durcheinander aus Wasser, Farbe und Scherben. Die so stabil scheinende Leiter lag nun auf der Seite, eine Ansammlung zerborstener Holzstäbe. Ein Schauer überlief sie. Sie strich sich eine verirrte Locke hinter das Ohr, eine Geste, die sie beruhigte. „Einem Blatt fehlte der Schatten. Es schien mir am einfachsten, es auf diese Weise nachzubessern.“
„Sie hätten sich die Zeit nehmen und die Leiter verrücken sollen. Wenn Sie schon ein derartiges Risiko eingehen wollen, sollte jemand acht auf Sie geben.“
„Mir geht es gut, wahrhaftig. Es ist nichts geschehen.“ Sie ballte die Hände. „Ich brauche keinen Beschützer.“
„Ich denke, das kann ich besser beurteilen.“ Seine Augen verdunkelten sich.
Den Blick abwendend ging sie hinüber zu einem kleinen Tisch, auf dem eine Teekanne und eine Tasse bereitstanden. Angestrengt schaute sie auf das feine Porzellan, in dem Versuch, ihr wild schlagendes Herz zu beruhigen.
Nachdem ihr dies einigermaßen gelungen war, drehte sie sich um, in der Erwartung, er sei ihr zum Tisch gefolgt. Doch er stand immer noch an derselben Stelle. Nun, da er unübersehbar in ihr Heiligtum eingedrungen war, würde sie den ersehnten Frieden hier wohl nie wieder finden. Unauslöschlich war das Bild seiner Gestalt vor ihren Wandmalereien in ihr Gedächtnis eingebrannt. Ihr Plan, ihn aus ihren Gedanken zu verbannen, war gescheitert.
„Ist all das hier Ihr Werk?“ Brett ging hinüber zu der Wand auf der anderen Seite, die vor Jahren entstandenen Bordüren betrachtend. Seine Stimme klang einschmeichelnd. „Die Blumen sind sehr detailliert. Auf den ersten Blick erscheinen sie beinahe echt.“
„Damit vertreibe ich mir die Zeit.“ Diana verschränkte die Arme und schaute trotzig auf die Wand. „Es erfreut mich, wenn ich die Blumen naturgetreu nachempfinden kann. Ich habe diese Wandmalereien erst kürzlich wieder aufgenommen. Die Wände benötigten eine weitere Bordüre. An der Decke ebenso wie auf Stuhlhöhe. Ich weiß nicht, warum mir das nicht früher aufgefallen ist.“
„Sie sollten indes vorsichtiger sein und sich von Ihrer Zofe Gesellschaft leisten lassen.“
„Zum Malen benötige ich die Einsamkeit, zudem bin ich gewöhnlich höchst vorsichtig. Da können Sie jeden fragen. Miss Diana Clare ist äußerst vernünftig, wird man Ihnen sagen. Sie führt ein langweiliges Leben.“
„Außer, wenn sie in Schlammlöcher fährt und von Leitern fällt.“ Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. Er trat einen Schritt näher, der Raum schien zu schrumpfen.
Diana versuchte, die plötzlich in
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