Verfuehrung in bester Gesellschaft
ein Motiv gewesen sein könnte.“
„Ich habe mit Whitneys Kammerdiener gesprochen. Er arbeitete nur morgens und abends für ihn. Tagsüber hatte Whitney die Suite lieber für sich allein.“
„Irgendjemand muss genau gewusst haben, wann der Kammerdiener gekommen und gegangen ist“, sagte Rule.
„Das denke ich auch. Auf dem Weg ins Hotel fiel mir auf, dass die Dienstbotentreppe quasi gegenüber von Whitneys Suite lag. Wenn Sie sich erinnern … in der Nacht vor dem Mord hat es geregnet. Ich habe auf der Treppe Abdrücke von schmutzigen Stiefeln gefunden. Weiter den Gang hinunter wurden die Abdrücke schwächer, aber ein paar Spuren von Schmutz führten direkt zu Whitneys Tür.“
„Um Himmels willen“, sagte Violet. „Wenn der Mörder durch die Tür gekommen ist, muss Mr Whitney ihn hereingelassen haben. Er muss den Mann gekannt haben.“
„Das wäre eine Erklärung“, sagte Morgan.
„Wie lautet die andere?“, fragte Rule.
„Der Mörder könnte einen Schlüssel gehabt haben.“
Violet und Rule sahen einander an. „Die Zimmermädchen haben Schlüssel zu allen Räumen“, sagte Rule.
„Vielleicht hat der Mörder eines von ihnen bezahlt, um den Schlüssel zu benutzen, oder er hat ihn gestohlen.“
„Es gab keine Spuren eines Kampfes“, sagte Rule.
„Ich denke, Whitney hat vermutlich geschlafen. Der Mörder kam herein, nahm das Kissen und schoss ihm direkt ins Herz.“
Violet erschauerte. „Oh mein Gott!“
„Wir müssen mit dem Hotelmanager sprechen“, sagte Rule, „um herauszufinden, ob irgendwelche Schlüssel fehlen.“
„Ich gehe von hier aus direkt dorthin“, sagte Morgan. „Da Sie in der Nähe sind, dachte ich, ich komme kurz vorbei und erstatte Bericht und höre, ob Sie noch etwas in Erfahrung bringen konnten.“
„Wir haben tatsächlich etwas Neues erfahren.“ Rule berichtete Morgan, dass er Danny gefunden und dieser seinen Auftraggeber als nicht sehr feinen Mann mit braunem Haar und feiner Narbe beschrieben hatte. „Es war nicht Whitney, aber es könnte jemand gewesen sein, der für ihn arbeitete.“
„Oder es könnte der Mörder gewesen sein“, fügte Morgan hinzu. „Sonst noch etwas?“
„Bisher nicht.“
„Also schön. Ich halte Sie auf dem Laufenden.“ Morgan erhob sich von seinem Stuhl und verließ den Salon, Rule ging zu Violet und setzte sich neben sie.
„Es gibt nur eine begrenzte Zahl an Möglichkeiten“, sagte sie, als sie seine besorgte Miene sah.
„Unglücklicherweise hast du recht. Und die logischsten Erklärungen deuten auf mich.“
Sie streckte den Arm aus und nahm seine Hand. „Wir stehen noch ganz am Anfang. Mit der Zeit werden wir die Wahrheit herausfinden.“
„Zeit. Ich bin nicht sicher, ob wir viel davon haben.“
Am folgenden Nachmittag trafen Caroline und Lucas im Stadthaus ein. Während Violet ihre Cousine in den Salon führte, ging Rule mit Lucas in die Bibliothek.
„Wie hast du davon erfahren?“, fragte Rule, während er zwei Gläser mit Brandy füllte. Dann setzten sie sich direkt vor den Kamin.
„Royal hat es Lily erzählt und die hat es ihrer Cousine Jocelyn gesagt, die es wiederum meinem Bruder Christopher erzählte. Und von dem habe ich es.“
„Verdammt, ein Mann kann in dieser Familie wirklich nichts geheim halten.“
„Das war kein Geheimnis, Rule. Du bist ins Polizeihauptquartier gebracht worden. Der Duke of Bransford ist gekommen, damit man dich freiließ. Danach hat sich alles wie ein Lauffeuer herumgesprochen.“
Rule seufzte. „Ja, das war wohl zu erwarten.“
„Ich kannte Whitney. Er war ein ehrlicher, aufrechter Mann. Wer würde ihn töten wollen?“
„Ich wollte, ich wüsste es.“
„Vielleicht war es nur ein Überfall, der außer Kontrolle geriet.“
„Es war kein Überfall. Die Polizei sagt, es wurde nichts gestohlen.“
„Was war dann das Motiv des Mörders?“
„Diese Frage stelle ich mir, seitdem ich Whitney tot aufgefunden habe. Vielleicht hatte er Feinde und jemand hat ihn aus persönlichen Gründen umgebracht. Ich weiß es nicht.“
„Das könnte sein. Aber wenn deine Ankunft in diesem Hotelzimmer zu exakt diesem Zeitpunkt nicht nur reiner Zufall war, dann wollte irgendjemand, dass der Verdacht auf dich fällt.“
„Darüber zerbreche ich mir auch den Kopf.“
„Und wenn du eingesperrt und für schuldig befunden wirst, dann besteht durchaus die Möglichkeit, dass man dich aufhängt. Charles Whitney war ein mächtiger Mann. Es wird dich nicht retten, dass du der Bruder eines
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