Verfuehrung in bester Gesellschaft
ist?“
„Nicht dass Morgan davon wüsste. Er glaubt, der Mörder ist über die Hintertreppe gekommen und hat den Schlüssel benutzt, um in Whitneys Suite zu gelangen. Vermutlich hat er Whitney im Schlaf überrascht und ist dann genauso hinausgegangen, wie er hereingekommen ist.“
Rule sah auf, als die Tür aufging und der große, dunkle Jonathan Savage hereinkam, das schwarze Schaf der Clique, gefolgt von dem schlaksigen Sheridan Knowles. Auch Benjamin Wyndam, Earl of Nightingale, kam herein, am Finger seiner rechten Hand funkelte ein Rubin.
„Ich danke euch allen für euer Kommen“, sagte Royal, als seine Freunde am Tisch Platz nahmen.
„Man weiß nie, wann man selbst Hilfe gebrauchen könnte“, sagte der Earl of Nightingale so vernünftig wie immer.
„Wie ihr euch denken könnt“, begann Rule, „habe ich Charles Whitney nicht ermordet. Ich ging zum Albert, weil ich eine Nachricht erhalten hatte. Zu der Zeit glaubte ich, dass Whitney sie geschickt hat. Bisher habe ich das nicht beweisen können, aber auch nicht das Gegenteil.“
„Wir haben nie geglaubt, dass du ihn umgebracht hast“, sagte Sheridan Knowles. Er legte die Fingerspitzen aneinander und sah Rule von oben herab an. „Tatsächlich haben wir uns ein wenig umgehört, um herauszufinden, wer ein Interesse an Whitneys Tod haben könnte.“
„Und was hast du herausgefunden?“
Jonathan Savage lehnte sich zurück und sprach als Erster. „Ein Mann namens Peter Austin hat ihn dreimal bedroht. Whitney und Austin waren Partner in einem Dampfschiffunternehmen, das leider ein schlechtes Ende nahm.“
So etwas weiß Jonathan Savage, dachte Rule, er hat sein Vermögen durch den Schiffsbau erworben.
„Es hat von Anfang an Probleme gegeben“, fuhr Jonathan fort. „Am Rumpf gab es Risse, und einer der Masten brach und erschlug einen der Arbeiter. Ein Kran hat seine Last verloren, die mehrere Männer tötete. Alles lief so schlecht, dass niemand mehr auf dem verdammten Schiff arbeiten wollte. Sie sagten, Austin benutze minderwertiges Material, und die Aurora wäre verflucht.“
„Ich glaube, ich habe in der Times etwas davon gelesen“, sagte Sheridan Knowles. In seinen leuchtend grünen Augen glimmte etwas wie Interesse auf.
„Mehrere Artikel wurden darüber geschrieben“, fügte Jonathan hinzu. „Whitney hat das Projekt abgesagt, bevor das Schiff fertiggestellt werden konnte. Er sagte, er wolle nicht verantwortlich sein für noch mehr Tote. Austin war außer sich. Er nannte Whitney einen abergläubischen Narren. Er sagte, Whitney müsse für alles bezahlen, was er, Austin, verloren habe – auf die eine oder andere Weise.“
„Das klingt interessant“, sagte Royal.
„Ich werde mit Morgan darüber sprechen“, sagte Rule. „Vielleicht finde ich heraus, wo Austin sich zum Zeitpunkt des Mordes befand oder ob er sich Whitneys Tod heftig genug wünschte, um einen Auftragsmörder zu engagieren.“
„Ich glaube nicht, dass Whitney irgendwelche Schuld an dem trifft, was sich auf diesem Schiff abspielte“, sagte der Earl of Nightingale. „Nach allem, was ich herausfinden konnte, war Charles Whitney in Schifferkreisen sehr angesehen. Ich neige dazu zu glauben, dass Austin minderwertiges Material eingesetzt hat.“
„Ich versichere dir, dass Whitney erfolgreich war und sehr respektiert“, stimmte Sheridan zu. „Aber sein persönliches Leben war etwas komplizierter.“
„Was meinst du damit?“, fragte Rule.
„Wie es scheint, hatten Charles und sein Bruder Martin kürzlich einen Streit. Charles war verwitwet, Martin aber trotz seiner Ehe ein Herumtreiber. Die Gerüchte sagen, er und Charles wetteiferten um die Gunst derselben Frau.“
„Und wer soll das sein?“, fragte Rule.
„Die Countess of Fremont.“
„Die Countess of Fremont?” Rules Interesse erwachte. „Ich muss sagen, das überrascht mich nicht. Sie scheint auf der Pirsch zu sein.“
„Als die Countess Charles’ Avancen denen von Martin vorzog“, fügte Sheridan hinzu, „brach Martin den Kontakt zu seinem Bruder ab. Aber er hat wohl nicht aufgehört, die Dame zu umwerben.“
„Du meinst also, Martin könnte seinen Bruder in einem Anfall von Eifersucht ermordet haben?“, fragte Rule.
„Oder vielleicht in der Hoffnung, dass die Countess seine Aufmerksamkeit erwidert, wenn Charles aus dem Weg ist.“
„Ich sah sie vor einigen Wochen im Gespräch mit Martin“, sagte Royal. „Meiner Meinung nach schien er von ihr ganz hingerissen zu sein.“
Die Andeutung
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