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Verfuehrung in Florenz

Verfuehrung in Florenz

Titel: Verfuehrung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: India Grey
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er keinesfalls falsch auslegen. Sicher, wenn man mit ihr sprach, neigte sie leicht den Kopf, als würde sie jedem Wort lauschen, und in ihren Blicken lag Mitgefühl. Aber schließlich war sie Journalistin, um Himmels willen! Vermutlich hatte sie schon an der Uni den Kurs Wie setze ich weibliche Listen ein, um an Informationen zu kommen belegt. Und mit Auszeichnung bestanden.
    Vielleicht war sie schlauer, als es den Anschein hatte. Die sanfte Blondine mit dem verführerischen Blick konnte eine Maske sein. Und möglicherweise gehörte dieser Kuss zum Repertoire und hatte nichts mit Liebe zu tun …
    Raphael schüttelte abfällig den Kopf. Natürlich war alles nur gespielt. Liebe? Wie kam er bloß darauf? Dieses Wort hatte er schon vor Jahren aus seinem Wortschatz gestrichen. Wahrscheinlich damals, als Catalina ihm vorwarf, liebesunfähig zu sein.
    Er hatte ihr nicht widersprochen, weil sie recht hatte. Er hatte sie nie wirklich geliebt, sondern nur begehrt und die Lust genossen, die ihr Modelkörper ihm verschafft hatte. Ihre Beziehung hatte letztlich nur aus Sex bestanden. Catalina hatte bei ihm nie dieses alles beherrschende Gefühl ausgelöst, das er für Liebe hielt.
    Auf einmal erwachten die alten Schuldgefühle von Neuem und schmerzten. Erst als Catalina ihn verlassen hatte und zu Luca gegangen war, war ihm klar geworden, dass auch sie keine Liebe für ihn empfunden hatte. Danach musste er mit dem Wissen leben, was mit ihr geschehen war. Doch er hatte daraus gelernt und sich geschworen, nie wieder einem anderen Menschen so viel Schmerz zuzufügen.
    Das galt auch für Eve Middlemiss.
    Sie war noch sehr jung, ein- oder zweiundzwanzig, bestimmt nicht älter. Und er hatte sie hergebracht, um sie zu beschützen, und nicht, um sie auszunutzen. Schlimm genug, dass er ein zerstörtes Leben auf dem Gewissen hatte. Auch wenn sie einen Beruf ausübte, für den er nur Verachtung empfand – er würde Eve nicht in Gefahr bringen.
    Seufzend stützte er den Kopf in die Hände. Es spielte gar keine Rolle, wie die Wahrheit aussah. Eve war für ihn auf jeden Fall tabu.
    Nach der Hitze in der Küche empfand Eve die warme Luft auf der Terrasse wie eine wohltuende Zärtlichkeit. Sie atmete tief ein, um sich zu beruhigen, und ging weiter. Die beiden winzigen Espressotassen klapperten leise in ihren zitternden Händen.
    Die Küche war aufgeräumt, und Fiora hatte – außer im Salon – überall im Erdgeschoss die Lichter gelöscht. Erst nachdem Eve ihr versichert hatte, sie beide würden sich von jetzt an um alles kümmern, war die Haushälterin einverstanden gewesen sich zurückzuziehen. Eve hatte ihr eine gute Nacht gewünscht und gewartet, bis sie verschwunden war.
    Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Es war so weit.
    Sie blieb stehen. Ihr wurde heiß, und das pulsierende Sehnen in ihrem tiefsten Inneren gewann allmählich wieder die Oberhand. Es kam ihr vor wie eine Trommel, die den Takt vorgab, und sie musste danach tanzen, ob sie wollte oder nicht.
    In diesem Moment konnte sie nicht an die Verbindung zwischen Ellies Tod und diesem Mann denken. Vielleicht war das Selbstschutz, vielleicht aber auch nur selbstsüchtige Lust.
    Sie biss sich auf die Unterlippe. Was war, wenn Raphael sie abwies? Zu deutlich erinnerte sie sich noch an diesen schrecklichen Moment auf der Pressekonferenz, als sie in seinem Blick nichts weiter als Verachtung gefunden hatte.
    Doch es gab jetzt kein Zurück mehr. Die Würfel des Schicksals waren gefallen, für Ellie wie für sie selbst.
    Zögernd näherte sie sich dem Tisch. Raphael hatte sich in dem Stuhl zurückgelehnt und die langen Beine ausgestreckt. Noch ein Schritt näher. Dann sah sie sein Gesicht. Er war eingeschlafen.
    Den Kopf in die Hand gestützt, sah Raphael trotz der unbequemen Haltung friedlich aus. Im Schlaf wirkten seine Züge nicht mehr so hart und verbittert.
    Er war ein Traum von einem Mann.
    Bewunderung mischte sich in ihre Enttäuschung, als Eve sich neben ihn kauerte und nach seiner Hand griff.
    „Raphael!“
    Er rührte sich nicht, obwohl sie ihn leicht schüttelte, sondern drehte nur den Kopf ein Stück. Das Licht aus dem Salon fiel auf ihn, sodass die dunklen Wimpern lange Schatten auf seine Wange warfen.
    Eve wagte kaum zu atmen. Behutsam drehte sie seine Hand um, streifte den Ärmel hoch und ließ den Blick über die glatte, gebräunte Haut gleiten.
    Es gab nicht die geringsten Spuren von Drogenmissbrauch, jene Spuren, die sie in der Leichenhalle des Krankenhauses an Ellie

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