Verfuehrung in Gold
Schlafes und des Qualms verflog. »Du«, stöhnte sie. »Du warst das!« Etwas quetschte ihre Hände zusammen. Sie starrte nach unten auf das Tau, als es zu einem Knoten gewunden wurde. » Du hast das getan!«
»Steig auf das Pferd.«
»Nein. Du bist wahnsinnig. Du hast mein Zuhause in Brand gesteckt.«
»Dies ist nicht dein Zuhause. Dein Heim ist bei mir.«
»Du … oh, Matthew. Du hast auch das Haus meines Onkels abgebrannt, stimmt’s? Du hast ihn umgebracht!«
»Nein«, murmelte er, »nein, nein.«
»Du hast ihn ermordet! «
»Es war ein Unfall! Wärst du doch bloß ehrlich zu mir gewesen. Hättest du mich geheiratet, dann wäre ich nicht gezwungen gewesen, dich in mein Zuhause zu locken. Ich wollte, dass ihr beide im Haus meines Vaters wohnt, bis du zur Vernunft kommst. Es war deine Schuld. Alles deine Schuld.«
»O Gott, mein Onkel!«
»Steig auf das Pferd, Emily!«
»Nein …« Seine Ohrfeige brachte sie zum Verstummen. Schmerz flammte in ihrer Wange auf, kurz bevor sie sah, wie er wieder nach ihr schlug. Noch während sie versuchte, nach ihm auszuholen, traf seine Faust auf ihren Wangenknochen, und sie stürzte. Ihr blieb nichts anderes, als sich mit den Armen zu schützen, da er wieder und wieder auf sie einschlug. Blut rann ihr über die Lippen, und sie sank in einen grauen, lautlosen Nebel.
Die Welt verschob sich, kippte, und Emma spürte, wie sie weggetragen wurde. Sie konnte nichts dagegen tun.
Kapitel 22
D ie Kutsche rumpelte über den unebenen Weg und rüttelte Harts verspannte Muskeln durch. Das Tosen der Wellen sollte eine beruhigende Ablenkung sein, aber er ertappte sich dabei, wie er vor Wut mit den Zähnen knirschte. Die ganze Nacht hatte er die verfluchten Wellen gehört, während er sich auf dem ungewohnten Bett hin und her wälzte, und nun fing er an zu glauben, dass sie ihn für den Rest seines elenden Lebens verfolgen würden. Heimgesucht von den Wellen und dieser dämlichen Entscheidung, all seinen Stolz für seine Hoffnung aufzugeben, um Emma noch ein Mal zu sehen.
Spätes Morgenlicht ließ das Wasser funkeln und verhöhnte seine düstere Stimmung.
Sie hatte ihm gesagt, dass sie ihn hasste, ihn gebeten, nie wiederzukommen. Und wie deutete sein Herz ihre Worte? Ah, na gut, mein Alter, versuch es noch mal. Und so war er wieder auf diesem Feldweg, auf dem Weg zu ihrem Haus.
Er war mit ihr fertig gewesen. Erniedrigt und benutzt. Hatte sie als herzlose, grausame Hexe verflucht. Sie hatte direkt auf sein Herz gezielt, und ihre Kugel fand ihr Ziel mit Leichtigkeit. Ausgenommen …
Ausgenommen die Tatsache, dass ihr Angriff überhaupt keinen Sinn ergab. Nachdem er sich beruhigt und seinen Kummer mit einer halben Flasche Whisky ertränkt hatte, hatte er einen unerwarteten Moment der Klarheit erlebt: Emma Jensen war eine Lügnerin.
Sie hatte gesagt, dass sie nichts mit ihm zu schaffen haben wollte, behauptet, dass er sie anwiderte, und das konnte nicht wahr sein. Jeder Schritt, den sie in London tat, jedes Wort, das sie sprach, jede Wette, die sie platzierte, hatten ihr zu ihrem Ziel verholfen. Sie hatte alles berechnet, bis auf die Zeit, die sie mit Hart verbrachte. Er hatte ihren Plan nie und nirgends befördert. Und die Nacht in seinem Haus – die hätte sie vollends ruinieren können. Wäre ihm die Wahrheit in jener Nacht aufgegangen, wäre ihre gesamte Täuschung verpufft.
Trotzdem war sie zu ihm gekommen, willig und unbesonnen.
Sie konnte ihn nicht hassen.
Also war sie eine Lügnerin. Eine großartige überdies. Eine Frau, die in wichtigen Dingen log, was ihr Leben, ihre Vergangenheit, ihre Gefühle und ihre Gedanken betraf. Und irgendwie war das für Hart vollkommen gleichgültig, weil er, Narr, der er war, ihr vertraute. Er verstand sie. Er hatte Jahre damit verbracht, die ganze Welt und sich selbst zu belügen. Er verstand, was es hieß, jeden auszuschließen und sich vor den Menschen zu verstecken, die man liebte.
Und sie hatte mehr zu schützen gehabt als ihr Herz. Sie musste ihren Körper beschützen, als es ihr eigener Vater nicht tat. Der eine Mann, der sie beschützen sollte, hatte es nicht getan, und Hart verstand sehr gut, was das bei ihr angerichtet hatte.
Dann hatte sie eben gelogen, und es war unschwer zu begreifen, solange er sein Temperament im Zaum hielt. Emma schlug um sich, sträubte sich gegen alles, was sie einengen könnte. Sie würde ihm das Herz brechen, ehe er auch nur die Gelegenheit bekäme, ihres zu brechen. Und er riskierte es: sein Herz,
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