Verfuehrung in Gold
als die Freunde deines Vaters … ich muss es wissen.«
Sie fixierte eine Falte im cremeweißen Leinen, doch sie sah Hart vor sich: sein wunderschönes Gesicht, voller Angst um sie, voller Zuneigung und Leidenschaft. Heute, mit seinem Zweitagebart und den müden Augen, sah er nicht wie ein Duke aus. Heute sah er wie ein normaler Mann aus.
Emma schluckte. »Warum?«
Sein Daumen berührte ihre Schläfe, zeichnete ihren Haaransatz nach. »Du kamst zu mir, als du es nicht musstest, gabst dich mir hin, als du allen Grund hattest, es nicht zu tun. Emma …«
Das Leinen verschwamm vor ihren Augen.
»Ich hatte mich in dich verliebt. Hast du das gewusst?«
»Nein«, flüsterte sie. Nein, weil es nicht möglich war. Er war Winterhart, und sie war … sie war eine leere Hülle.
»Und ich muss über die Nacht Bescheid wissen, denn ich glaube, du hattest dich auch in mich verliebt.«
»Nein.«
»Hätte ich es bemerkt, wäre ich nicht so betrunken gewesen, dann hättest du alle deine Pläne ruiniert, indem du mit mir ins Bett gegangen bist. Ich hätte begreifen können, dass du Jungfrau warst. Und trotzdem bist du gekommen. Warum?«
»Bitte, geh weg. Geh einfach weg! Mir tut der Kopf weh, und ich will dich nicht hier haben.«
Sein Gewicht verschob sich, und sie dachte, er würde gehen, doch er drückte ihr nur einen Kuss aufs Haar. »Besser?«
»Nein. Mir geht es erst besser, wenn du weg bist.«
»Du bist nicht angewidert von mir. Du hasst mich nicht. Vielleicht bist du sogar so sehr in mich verliebt wie ich in dich. Ich liebe dich, Emma. Ich möchte dich heiraten, Kinder mit dir haben, ein Leben aufbauen. Willst du …«
»Nein!«, schrie sie und kämpfte mit dem engen Deckenkokon, um weiter von Hart wegzurücken, und schlug gleichzeitig blind mit den Fäusten nach ihm. »Nein, nein, nein! Ich will dich nicht, hast du mich verstanden? Du widerst mich an. Du und wie ich mich in deiner Nähe fühle. Und Kinder! Die sind nutzlos und schwach und, und …«
»Du lügst schon wieder. Du hattest einen kleinen Bruder, den du geliebt haben musst. Hattest du nicht …«
»Hör auf!« Ihr Hals tat weh vom Schreien. »Schluss! Sprich nicht von ihm!« Emma rang nach Luft, nur konnte die das wilde Schluchzen nicht aufhalten, das in ihrer Kehle aufstieg. Er streckte eine Hand nach ihr aus, doch sie schlug sie weg. »Du hast keine Ahnung! Keine!«
»Erzähl es mir.«
»Natürlich habe ich ihn geliebt. Ich habe ihn geliebt, und er starb, so wie jeder andere auch – meine Mutter, mein Vater, mein Onkel, Matthew. Und alles war meine Schuld. Meine Schuld.«
»Emma«, sagte er sehr ruhig, »dich trifft keine Schuld an ihrem Tod.«
»Du weißt gar nichts! Meine Mutter war krank nach meiner Geburt. Sie hätte nie ein zweites Kind bekommen dürfen. Wir haben sie umgebracht, Will und ich. Und mein Onkel … hätte ich Matthew in Ruhe gelassen, ihm gesagt, dass ich ihn an dem Abend nicht treffen kann … ich war gelangweilt, sonst nichts. Mit ihm zu flirten, war meine einzige Zerstreuung. Mir war es egal, ob er mich liebte. Mich scherte es nicht, dass ich ihn in den Wahnsinn treiben und dazu bringen würde, meinen Onkel und sich selbst zu töten.«
»Der Mann hat dich wie ein Tier gejagt. Er hat zwei Mal dein Zuhause angesteckt.«
» Wegen mir! Da ist etwas in mir. Etwas, das ihn wahnsinnig gemacht hat. Ich bin schrecklich und sündig, genau wie mein Vater.«
»Du bist kein bisschen wie dein Vater. Du bist eine vernünftige Frau mit einem gesunden Maß an Leidenschaft.«
»Und Will …« Emma hockte sich hin und drapierte die Decken eng um sich. Sie blickte zu den tänzelnden Flammen im Kamin, die so lebendig wirkten und dennoch nichts als Schmerz und Tod brachten. »Mein Vater war betrunken. Er war betrunken und lachte in der Art, wie er es immer nach einer ausschweifenden Nacht tat. Er wollte Will in dem Jagdwagen mitnehmen, den er die Nacht zuvor beim Spielen gewonnen hatte. Ich sagte ihm, er soll ihn nicht mitnehmen, aber Will war so begeistert. Und mein Vater hörte ohnehin nie auf uns. Will fing an zu jammern, dass er mitfahren wollte, und mein Vater sagte, ich soll den Mund halten oder ich könnte mal eine echte Peitsche kosten. Ich hatte Angst. Ich hatte ja schon Frauen gesehen, die gepeitscht wurden, und ich sagte nichts mehr. Ich habe tatenlos zugesehen, wie er Will in den Wagen hob, und ich wusste es. Ich wusste, dass er betrunken und leichtsinnig war. Ich wusste es. Ich sah es vor mir: die Pferde, die Straße, der
Weitere Kostenlose Bücher