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Verfuehrung in Gold

Verfuehrung in Gold

Titel: Verfuehrung in Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Dahl
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grinste so breit, dass er eine Zahnlücke entblößte. »Ich weiß nicht, wie der heißt, aber ich weiß, wo er schläft.«
    Harts Stimmung wurde schlagartig besser, und er antwortete mit einem Raubtierlächeln. »Noch besser. Bring mich hin.«
    »Das ist ganz schön weit weg. Rufen Sie nach Ihrer Kutsche, Herr. Dazu ist die doch da, ne?«
    Nachdem er dem frechen Burschen einen strengen Blick zugeworfen hatte, hob Hart eine Hand. Beim Geräusch der sich nähernden Hufschläge leuchtete Stimps Miene auf. Er hatte sichtlich Mühe, nicht beeindruckt zu sein, aber er war ja auch noch ein Kind. Seine großen braunen Augen funkelten vor Freude, und Hart musste sich das Lachen verkneifen. Der Junge kämpfte sehr um seine Würde, und Hart ließ sie ihm.
    »Einsteigen«, sagte er, sowie die Räder stillstanden. Flink sprang der Junge hinein. »Zieh die kleine Klappe dort vorne hoch und sag dem Kutscher, wo er hin muss.«
    Mehr Aufforderung bedurfte es nicht. Stimp übernahm es, die Kutsche zu dirigieren, öffnete alle Rollos und Fenster und machte es es sich in den weichen Polstern gemütlich, die Decke weit hochgezogen gegen die kalte Luft, die er selbst ins Wageninnere gelassen hatte.
    Er rief seine Anweisungen gleich mehrmals. Der Wagen fuhr nach links, nach rechts und wieder nach rechts, dann schien er noch einmal dieselben Abbiegungen zu nehmen. Hart war ziemlich sicher, dass die Fahrt länger als unbedingt nötig dauerte.
    »Was weißt du?«, fragte er Stimp.
    »Wer der auch ist, er ist nicht von hier. Ein großer Kerl, redet nicht, kann sich aber nicht gut verstecken.«
    »Ist es derselbe Mann, der dich letzten Monat bezahlt hat, damit du ihm Informationen gibst?«
    »Genau der. Und er ist auch gestern Abend wiedergekommen, so dämlich ist der! Ich hab ihn verscheucht und bin hinterher. Ich wusste ja nicht, ob Sie wollen, dass der Constable was mitkriegt.«
    Hart zuckte mit den Schultern, denn er war sich nicht sicher, ob er das wollte.
    »Er ist geradewegs zu einer Schankwirtschaft, hat sich mächtig besoffen, und seitdem schläft er seinen Rausch in dem Gasthaus aus.«
    Hart zückte seine Taschenuhr. »Es ist drei Uhr nachmittags.«
    »Er hat bis heute Morgen um sieben gesoffen.«
    Hart war beeindruckt, wie lange der Bursche schon auf den Beinen war. »Du musst müde sein, Stimp.«
    Die kleinen Schultern hoben und senkten sich, aber Stimps Augen strahlten wieder. »Spionieren ist ja nicht das Gleiche wie Kohlenschleppen.« Nun zog der Junge die Brauen auf verdächtig ähnliche Weise hoch, wie Hart es zu tun pflegte. »Das ist mehr wie die Arbeit für einen vornehmen Herrn, ne, Herr?«
    Hart fiel es zusehends schwerer, nicht zu grinsen. Kein Wunder, dass ihn dieser Straßenjunge an Lady Denmore erinnerte. Durch und durch unverschämt. »Ich bin nicht ganz sicher, ob ich dir trauen kann, Stimp.«
    Das glockenhelle Lachen hallte noch durch die Kutsche, als sie mit einem Ruck anhielt.
    Hart stieg aus und blickte auf ein dreigeschossiges Gebäude, das sich bis zur nächsten Straßenecke zu erstrecken schien. Stimp lief an ihm vorbei durch die mit einem Keil offen gehaltene Tür, und Hart folgte ihm in den engen Flur, wobei ihm ein unangenehmer Schauer über den Rücken jagte. Drinnen war es genauso kalt wie draußen, nur dass die Luft hier abgestanden, nach Schweiß und schlechter Küche stank. Hart achtete darauf, nicht an die schmierigen, fleckig grauen Wände zu stoßen.
    Was, in aller Welt, hatte ein Mann, der in Kälte und Schmutz lebte, mit Emma zu schaffen? Harts Wut wurde größer, befeuert von seinen Zweifeln an ihr. Wer dieser Kerl auch sein mochte, um einen gewöhnlichen Dieb handelte es sich gewiss nicht. Da musste noch mehr sein. Wahrscheinlich hatte es mit ihrer Spielleidenschaft zu tun. Diese närrische Frau.
    Er lief hinter Stimp die Treppe hinauf, um eine Ecke und in einen noch dunkleren Korridor. Stimp bremste schlitternd vor einer schäbigen braunen Tür. Hart wartete, bis der Junge genickt hatte, dann schlug er die Tür mit der flachen Hand auf.
    Zwei Männer, die auf alten Matratzen lagerten, glotzten Hart an, rappelten sich hastig auf und liefen nach draußen, sodass nur noch der Kerl übrig blieb, der zusammengekrümmt in der Zimmerecke schlief.
    Hart bahnte sich seinen Weg zwischen fleckigen, zerwühlten Decken hindurch und stieß den Mann mit seinem Stiefel an.
    »Das ist er«, sagte Stimp, woraufhin Hart noch einmal fester zustieß. Kaum rührte sich der Mann, stieg eine beißende Ginwolke

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