Verfuehrung in Gold
bei den Schultern, schob sie ein Stück zurück und betrachtete sie. »Du siehst gut aus. Wie immer.«
»Danke.«
Seine Augen verharrten auf ihrer schmalen Taille. »Du bist nicht … Du hast noch nicht …«
Ihr Lächeln wurde etwas matter. »Nein, noch nicht. Und ich glaube, dass Collin insgeheim froh darüber ist. Er ist der festen Überzeugung, dass ich zu zierlich bin, um das Kind eines stämmigen Schotten wie ihm auszutragen. Was für ein Unsinn!«
»Vielleicht stellt er es nicht richtig an. Ich habe gehört, dass die Schotten …« Er blickte auf und sah besagten stämmigen Schotten in der Tür stehen, von wo aus er Hart finster anstarrte. »Blackburn.«
»Somerhart«, knurrte der Mann. »Falls du damit fertig bist, meine Manneskraft vor meiner Gemahlin infrage zu stellen, darf ich dir vielleicht die Stute zeigen, die wir mitgebracht haben.«
Hart neigte den Kopf und schaffte es, nicht zu dem lachhaft leeren Blatt auf seinem Schreibtisch zu sehen. »Selbstverständlich. Ich lasse meinen Stallmeister eine Box für sie vorbereiten.«
»Ich habe schon mit ihm geredet. Aber ich glaube, deine Haushälterin wünscht dich zu sprechen.«
Hart fuhr innerlich zusammen. Emmas Lügen hatten mehr Unheil angerichtet, als ihr klar sein dürfte. Es gab kaum etwas Übleres, als mit verärgerten Hausangestellten leben zu müssen. Wenigstens wären sie nun alle glücklich, Alex zu Besuch zu haben, sodass ihre mürrischen Mienen spätestens in einer Stunde verschwunden sein dürften.
Und Harts Groll würde ebenso rasch verfliegen. Er liebte seine Schwester weit mehr als den Geist von Lady Denmore, und sie war ihm eine viel angenehmere Gesellschaft. Also warum empfand er seine Einsamkeit trotzdem so stark?
Alex hakte sich bei ihm ein und unterbrach seine Grübelei. »Keine Angst, wir bleiben nur eine Woche.« Sie musterte ihn noch einmal von oben bis unten. »Du siehst furchtbar aus. Dünn und eingefallen. Du bist verliebt, stimmt’s?«
Hart hätte beinahe gestöhnt, konnte es sich aber verkneifen. Leider brauchte seine Schwester nichts zu hören; sie spürte sein Unglück und blieb stehen, und als Hart sie fragend ansah, war ihre Stirn in tiefe Falten gelegt.
»Du erzählst mir lieber alles«, sagte sie streng.
Zu seinem Erstaunen wollte er es sich gern von der Seele reden, aber das konnte er auf keinen Fall. Er verneinte stumm.
»Collin!«, rief Alex, und ihr Ehemann blieb an der Haustür stehen. »Die Stute muss noch eine Stunde warten. Mein Bruder hat Liebeskummer.«
Collin schaute sich ungläubig zu ihnen um.
Alexandra bugsierte Hart zurück in die Bibliothek.
»Es gibt nichts zu erzählen«, grummelte er. »Du bist verrückt geworden. Mal wieder.«
»Hm.« Sie steckte den Kopf zur Tür heraus. »Morton! Bringen Sie den Whisky!« Das liebliche Lächeln, mit dem sie Hart bedachte, hatte manch einen Mann zu zärtlichen Gefühlen verleitet; Hart hingegen jagte es kalte Schauer über den Rücken. »Ein Toast auf meine Ankunft? Wie nett! Und zu deinem Glück haben wir eine ganze Kiste von Kirklands bestem Whisky dabei.«
Sie ließ sich in den nächsten Sessel fallen. Hart achtete weder auf Morton noch die frisch geöffnete Flasche, die er brachte. Er ignorierte auch, dass Alex ihm großzügig einschenkte und ihm das Glas in die Hand drückte. Er ignorierte sogar ihr erwartungsvolles Lächeln.
Schließlich zwinkerte sie unschuldig und erhob ihr Glas. »Auf anrüchige Freunde«, sagte sie.
Hart verkrampfte sich.
»Und auf Tante Augusta, die uns die unterhaltsamsten Briefe schickt.«
Er blickte sie mürrisch an.
Alex trank von ihrem Whisky und summte leise, bevor ihre blitzenden Augen wieder zu ihm wanderten. Hart ahnte Schreckliches. »Aber, Hart, vielleicht kannst du mich erhellen. Wer, in aller Welt, ist die junge verwitwete Lady Denmore, von der ich so viel höre?«
Hart füllte sein Glas nach, noch während der letzte Tropfen in seiner Kehle brannte. Alex wartete geduldig, nach wie vor unschuldig lächelnd. Er hatte ihr nie widerstehen können. Nie. Genau genommen hatte er sie als Kind hoffnungslos verwöhnt. Folglich war es kein Wunder, dass er zerbrach wie ein gesprungener Krug und seiner kleinen Schwester die ganze erbärmliche Geschichte erzählte.
Es liegt auf der Hand, was du tun musst , hatte Alex gesagt. Und natürlich war es für sie offensichtlich, denn sie hegte immer schon eine große Sympathie für skandalöse Damen. Und so schickte Hart den Brief an den Anwalt, und nun saß er hier in
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