Verfuehrung in Gold
in diesem Dreck aufwuchs.
»Der Constable«, sagte Lancaster ungefragt, »heißt Rawley.«
»Gut. Ich sehe, was ich von ihm erfahren kann. Und Sie haben wirklich keine Ahnung, wohin sie gegangen sein könnte?«
»Nein. Obwohl sie einmal Scarborough und die Küste erwähnte. Dort war sie als Kind mit ihrer Mutter.«
»Scarborough?« Da konnte er sie sich schwerlich vorstellen. Eher hätte er erwartet, sie in Paris, Rom oder Lissabon aufzuspüren. Scarborough war zu schlicht, bot keinerlei Abenteuer. Und vor allem bot es keine vermögenden Männer, die man beim Spielen ausnehmen konnte. Von lüsternen Dukes, welche man in die Irre führen konnte, ganz zu schweigen.
»Das merke ich mir, und ich danke Ihnen für Ihre Hilfe. Und für Ihr Vertrauen. Falls ich irgendwann mal etwas für Sie tun kann …«
»Ach, na ja. Ich kann meiner Bank sagen, dass Sie eine hohe Meinung von mir haben. Aber fürs Erste wäre ich schon froh, zu hören, dass es ihr gut geht, wenn Sie sie finden.«
Wäre Hart nicht so ungeduldig, hätte er den Gesichtsausdruck seines Kutschers zweifellos genossen, als er aus Lancasters Haus kam und ihm sagte, wohin er ihn fahren sollte: »Zum städtischen Gefängnis. Schnell.«
Er hätte nie gedacht, dass Emma ihn zum ersten Mal in seinem Leben zum Gefängnis führen würde. Und doch erstaunte es ihn nicht.
Kapitel 19
D ie Stille der Kirche zog sich um ihn herum zusammen und drückte Matthew aufs Herz, bis er zu weinen begann. Tränen tropften ihm auf die gefalteten Hände.
Der wahnsinnige Constable hatte ihn endlich gehen lassen, aber Emily war schon wieder verschwunden. All das Suchen und Leiden, und er hatte nichts gewonnen außer einer schrecklichen Angst vor engen Räumen. Seine Seele war nicht gerettet, und er hatte Emma nicht zu Gott geführt.
Reverend Whittier hatte ihn mit einer mitfühlenden Umarmung und strengen Worten zu Hause begrüßt. Du begehrst sie immer noch, und du kannst nicht in den Dienst der Kirche treten, solange diese Sünde auf deiner Seele lastet. Wenn du es mit der jungen Frau nicht richten kannst, musst du um Vergebung beten. Bete um dein Leben.
Und das tat er, jeden Tag und jede Nacht. Seine Knie wollten sich nicht mehr richtig bewegen, und sein Nacken brannte von der Anstrengung. Aber Matthew hörte nicht auf. Entweder nahm Gott ihm diese Gier aus seinem Körper, oder er schenkte ihm ein Wunder und führte Emily an ihren rechtmäßigen Platz zurück.
»Mr Matthew, Sir?«, fragte eine zarte Stimme.
Er hob den Kopf und blickte zur Christus-Statue hinauf. »Du darfst mich nie beim Gebet stören.«
»Verzeihen Sie, Sir«, stammelte das Dienstmädchen, dessen Stimme in der Kapelle hallte, »Ihr Vater bat mich, Sie zu holen. Jemand aus London ist angekommen. Ein Gentleman.«
Als er sich rasch umdrehte, wich das Mädchen zurück. »In einer Kutsche mit Wappen, Sir.«
Matthew stürmte an ihr vorbei, humpelte, so schnell er konnte, zur Tür. Sein Wunder. Sein Wunder war hier.
Die schwarze Kutsche vor dem Haus seines Vaters wirkte riesig. Das Goldwappen glänzte in der Sonne, strahlte Gefahr und Dekadenz aus. Matthew gab sich keine Mühe, es zu studieren; er war ein einfacher Mann Gottes und kannte weder die großen Namen noch die Familienwappen. Er wusste nur, dass dieser Mann etwas mit Emily zu tun haben musste .
Er stürzte durch die Tür, die gegen die Wand krachte, in den Salon. Drei Personen drehten sich zu ihm: sein Vater, seine Schwester und ein Mann, der aussah wie Satan in seiner schönsten Verkleidung. Er ähnelte einer griechischen Götterskulptur, so vollkommen, kalt und beängstigend sicher wirkte er.
Matthew erschauderte.
»Matthew«, sagte sein Vater, als sich der Fremde erhob, »dies ist der Duke of Somerhart. Er ist wegen Emily hier.«
Emily, Emily. Seine Gedanken überschlugen sich, gerieten gänzlich durcheinander. »Wo ist sie?«, krächzte er.
Seine dumme Schwester hauchte seinen Namen, und sein Vater wurde blass, aber Matthew starrte die beiden entgeistert an. Was wollten sie von ihm? »Wo ist sie? Soll ich sie nach Hause holen? Dies ist ihr Zuhause, müssen Sie wissen. Wir müssen heiraten. Es ist keine Zeit zu verlieren. Ich …«
Sein Vater trat einen Schritt vor. »Matthew, zeige bitte Anstand.«
Anstand? Das war es, was sie bekümmerte? Matthew winkte gereizt ab, doch als er den Besucher ansah, erkannte er seinen furchtbaren Fehler. Seine Familie war nicht wegen seines Anstands besorgt, sondern wegen der bedrohlichen Macht, die aus
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