Verfuehrung in Gold
Rock.
»Ich habe einige Fragen an dich, wie du dir gewiss denken kannst.«
Sie griff zu dem Hutband unter ihrem Kinn, um es zu lösen. »Bess, ich brauche einen Moment«, sagte sie leise.
Aus dem Augenwinkel sah Hart, wie Bess um die hintere Hausecke eilte. Kurz darauf knallte eine Tür. Emma nahm ihren Hut ab und strich sich ihr Haar glatt, bevor sie sich langsam zu ihm umdrehte.
Sie sah bezaubernd aus: ausgeruht, gesund, die Wangen rosig von der Wärme im Garten, das Haar an den Schläfen ein wenig feucht. Ihre Augen hingegen wirkten beinahe leer, einzig von Furcht belebt.
Stumm starrte sie auf einen Punkt hinter seinem Ohr, und ihre erhitzten Wangen wurden blasser, bis sie kränklich weiß waren.
»Bist du überrascht, mich zu sehen?«
Ihre Lider zitterten, was Hart eine wunderbare Befriedigung verschaffte. Nun war er nicht mehr der Hilflose.
Er sah sie fragend an. »Hast du gedacht, ich würde mit den Schultern zucken und mich glücklich schätzen, dass du fort bist? Hast du geglaubt, ich würde mir deinen Duft abwaschen und mich für den ersten Ball der Saison ankleiden?«
Ihre Lippen bebten, als sie sprach. »Ja. Warum solltest du das nicht tun?«
»Warum nicht? Hm.« Er verschränkte die Hände auf dem Rücken und musterte sie. »Ich war betrunken, Emma, und wütend, aber nicht von Sinnen. Dachtest du, ich würde das Blut nicht bemerken oder mich daran erinnern, wie du unter mir erstarrt bist?«
»Ich … ich …«
»Ich weiß, wer du bist, wer du wirklich bist, Emily.«
Nun endlich sah sie ihn mit ihren großen, dunklen Augen direkt an. »Bitte nicht. Bitte erzähle es keinem. Mit dem Leben, das ich in London führte, bin ich fertig. Dies ist alles, was ich habe und was ich mir immer wünschte.«
»Und was ist mit der Rolle, die du in der Stadt gespielt hast? Es ist gegen das Gesetz, sich als Adlige auszugeben, wie du weißt.«
»Ja, weiß ich! Es tut mir leid!« Aber ihr Blick war nachdenklich, nicht reumütig. »Ich verspreche, dass ich nicht zurückkomme. Ich bin verschwunden, und das ist alles, was ich je wollte. Letztlich habe ich nur getan, was du mir geraten hast, und mir Geld beschafft. Ich habe weder dich noch sonst jemanden bestohlen.«
»Ach nein? Was ist mit unserem Vertrauen und unserer Freundschaft?«
»Bitte, ich werde …« Ihre Augen wurden noch dunkler. »Ich tue alles, um es wiedergutzumachen. Bitte! «
Nun, das ging schnell. Hart überspielte seine Kränkung mit einem Lachen. »Alles? Dann bitte mich ins Haus. Fangen wir mit Tee an.«
Nickend stimmte sie der Andeutung zu, dass er ihren Körper als Wiedergutmachung für ihre Taten benutzen würde. Und dieses kühle Nicken brachte die Blase zum Platzen, in der Harts Verstand gefangen gewesen war, seit er sie gesehen hatte. Alles, was er im vergangenen Monat über sie erfahren hatte, stürzte einer Flutwelle gleich auf ihn ein und spülte seine Benommenheit hinweg. Bis er sich so weit erholt hatte, dass er sie in seine Arme schließen wollte, war Emma schon an ihm vorbeigegangen.
Er war aufgewühlt, als er sich umdrehte und ihr zur Vorderseite des Hauses folgte, das sie sich eingerichtet hatte. In diesem Moment stand für ihn fest, dass er ihr überallhin folgen würde, wenn sie ihm nur mehr erklärte.
Kapitel 21
S icherlich war das Herz nicht für solch einen Missbrauch geschaffen. Emmas Puls schlug in derselben irrwitzig flattrigen Weise wie die Flügel eines gefangenen Vogels. Und wie eben jene Vögel war auch sie sicher, dass sie jeden Moment tot umfallen würde, weil ihr nutzloses Organ nicht mehr lange durchhielt.
Als seine Gestalt die Türöffnung verdunkelte, zuckte Emma zusammen, obwohl sie dagestanden und auf ihn gewartet hatte. Er musste sich durch den niedrigen Türrahmen ducken, sodass er, einmal im Zimmer, noch größer als sonst wirkte.
Die Tür zu Bess’ Zimmer öffnete sich knarrend, und Emma hörte, wie sie sich vorsichtig durch die Küche näherte.
»Bringen Sie uns bitte Tee«, sagte sie. »Und dann wären wir gern ungestört, Bess.«
»Ja, Madam.«
»Ungestört«, murmelte Hart und blickte sich in dem großen vorderen Zimmer um. Viel mehr war nicht zu sehen: das große Zimmer vorn, die Küche und zwei kleine Schlafzimmer, weiter hinten Bess’ Zimmer. Zu Letzterem gab es einen eigenen Eingang, sodass Bess kommen und gehen konnte, wie es ihr beliebte, auch wenn sie selten das Haus verließ. Für sie beide, Bess und Emma, war es das ideale Leben, und er würde es ihnen kaputtmachen.
Sie hasste
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