Verfuehrung in Gold
den Vater. »Ich denke, ich würde lieber mit Ihnen allein sprechen. Wäre das möglich?«
Die Schwester sprang sofort auf und machte einen Knicks, noch ehe sie sich vollständig aufgerichtet hatte. »Es war mir eine Ehre, Durchlaucht«, flötete sie und rannte aus dem Zimmer.
Matthew blieb sitzen, bis sein Vater sich räusperte. Erst dann schlurfte er unter stummem Protest aus dem Salon.
»Ich bitte um Verzeihung, Durchlaucht«, sagte Mr Bromley, »mein Sohn ist …« Er gab es schulterzuckend auf, Matthews Verhalten erklären zu wollen.
»Als Magistrat wissen Sie zweifelsohne von den Schwierigkeiten, die Matthew bekommen könnte, sollte er sich wieder in London zeigen. Oder falls er fortfährt, Miss Jensen zu belästigen. Ich würde mich durch mein Gewissen verpflichtet fühlen, ihn den Behörden zu übergeben.«
»Ja, natürlich. Ich … sie waren einst Freunde, wirklich. Aber als sie seinen Antrag ablehnte … Er mag sie sehr.«
»Genau wie Sie.«
»Ja. Ich dachte, sie würde meine Tochter, und ich war froh darüber. Sie war ein stilles Mädchen, als sie in dieses Dorf zog, wachsam, aber ihrem Onkel eine gute Nichte. Sie war ihm vollends ergeben, werkelte immerfort mit ihm im Garten herum. Aber nach seinem Tod veränderte sie sich. Sie wurde rastlos und nervös. Beinahe so, als wäre …«
Hart wartete, während der ältere Mann sich die Stirn rieb.
»Ich kann es nicht erklären. Manchmal antwortete sie nicht, wenn ich sie ansprach. Es war, als wäre sie schon weit weg. Da wusste ich, dass sie nicht hierbleiben würde, ganz gleich, was alle hofften.«
»Und eines Tages stieg sie in die Kutsche nach London?«
»Nein, sie verließ unser Haus nach einigen Monaten. Eine Weile lang wohnte sie bei der Müllersfamilie. Wir erfuhren erst Tage später, dass sie auch die verlassen hatte. Sie hatte gesagt, dass sie zurück nach Denmore wollte, aber Matthew fand dort keinen Hinweis auf sie und auch keinen auf den Cousin, den sie der Müllersfrau gegenüber erwähnt hatte. In Wahrheit war sie weggelaufen und wollte nicht gefunden werden.«
Hart nickte und runzelte die Stirn. Er war ihr kein Stück näher gekommen, denn sie war nicht hier und hatte eindeutig nicht vor, wieder hierher zurückzukehren. »Also hat sie keine Verwandten in Denmore. Und der neue Baron sagt, er kennt sie nicht.«
»Ja, anscheinend ging der Titel an einen entfernten Cousin. Er war selbst überrascht.«
»Und Sie haben keine Ahnung, wo sie sein könnte? Vielleicht irgendwelche Vermutungen? Es ist recht wichtig, dass ich sie finde.«
Der Mann ließ seinen Blick nachdenklich durchs Zimmer schweifen. Schließlich sah er misstrauisch zur Tür, beugte sich vor und flüsterte: »Bevor Matthew nach London fuhr und sie dort fand, dachte ich, dass sie an der Küste von Yorkshire sein könnte.«
Harts Haut kribbelte. Dies war das Gefühl der Wahrheit, so rar es auch sein mochte. Lancaster hatte Scarborough und die Küste erwähnt. Hart fragte so sanft wie möglich: »Warum Yorkshire?«
»Ich nahm Emma einmal mit zum Angeln an den Fluss hinter dem Wald dort, und sie sprach vom Wasser und davon, wie sehr sie das Meer liebte. Ihre Mutter nahm sie jeden Sommer mit nach Scarborough, als sie ein Kind war.« Er blickte wieder zur Tür und beugte sich noch näher zu Hart. »Ich habe es Matthew nie gesagt«, ergänzte er überflüssigerweise.
Scarborough, Yorkshire. Es war keine sonderlich genaue Ortsangabe, aber besser, als die ganze verfluchte zivilisierte Welt abzusuchen.
Kapitel 20
D er Gartenboden war weich und ungeahnt fruchtbar, und der Wind, der vom Meer her wehte, fühlte sich oft wärmer an als erwartet. Schon jetzt ragten erste Triebe aus der Erde, geschützt von dem Stroh, das sie letzte Woche ausgestreut hatte.
Emma fühlte sich gesegnet, wann immer sie hier in ihrem eigenen Garten stand, neben ihrem eigenen Haus. Sie konnte das blassblaue Meer als eine schimmernde Linie hinter den Klippen sehen.
Sie hatte genau das gefunden, was sie sich gewünscht hatte. Schon vor Monaten hatte sie sich an den Grundstücksmakler gewandt und ihm exakt beschrieben, was sie suchte und wo. Er hatte ihr vier Grundstücke empfohlen, doch nach dem zweiten hatte sie sich keine weiteren mehr angesehen.
Es war ideal. Wunderschön und still. Alles, was sie sich je gewünscht hatte. Bis die Sonne unterging und die Dunkelheit sie in ihrem reizenden Cottage einschloss.
Emma strich sich mit einer Hand über die Taille ihres Kleides, hin und her gerissen zwischen
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