Verfuehrung in Las Vegas
Nicolas spielte mit ihr und wartete nur auf ein Anzeichen von Schwäche. Dann würde er sich sofort auf sie stürzen. Und das wollte Kate nicht – es sei denn, auch er zeigte sich schwach. Doch so langsam begann sie zu glauben, dass Nicolas keinerlei Schwäche hatte. Und es machte sie halb verrückt, sich so beherrschen zu müssen. Warum sonst verspürte sie diesen unwiderstehlichen Drang, mit ihm zu flirten?
Kate versuchte, sich trotz des Kribbelns im Bauch auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Zumindest war es ihr gelungen, all die Aufgaben zu bewältigen, die er ihr zugeteilt hatte. Sie hatte so viel und schnell getippt, dass ihr die Finger wehtaten, und so viel telefoniert, dass sie fast befürchtete, auf einem Ohr taub zu werden. Nachts sagte sie im Schlaf Nicolas’ Termine auf, die sie auswendig kannte. Ja, die Arbeit war ebenso interessant wie anspruchsvoll, und Kate wusste, dass sie Nicolas mit ihren Fähigkeiten beeindruckt hatte. Doch er ahnte sicher nicht, wie viel sexuelle Energie sie in ihre Arbeit umlenkte, um ihm nicht auf den Schoß zu springen.
Nicolas sah, wie Kates Finger förmlich über die Tastatur flogen. Es war bewundernswert, mit welcher Macht sie versuchte, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Und es beruhigte ihn, dass nicht nur er frustriert war. Während des Abendessens hatte er die ganze Zeit Kates vor Butter glänzende Lippen betrachtet. Danach hatte sein unerfülltes Begehren ihm fast Schmerzen bereitet. Er hatte, nachdem er ihr gute Nacht gesagt hatte, ein zweites Mal an diesem Tag kalt geduscht – nur um in Kates Rosenparfüm eingehüllt zu werden, als er aus der Dusche gekommen war. Hatte sie es etwa absichtlich im Badezimmer versprüht, um ihn in den Wahnsinn zu treiben? Doch trotz alledem hatte er dem Drang widerstanden, in ihr Schlafzimmer zu marschieren.
Nein, diesmal sollte Kate zu ihm kommen.
Nicolas hatte seine Gedanken deutlich ausgesprochen. Er wusste, dass sie ihn ebenso sehr wollte wie er sie. Und sobald sie das zugab, konnten sie aufhören, Spielchen zu treiben. Kates Vorwurf, er würde sie bedrängen, hatte ihm nicht gefallen, denn er drängte Frauen nie. Was er ihnen anbot, konnten sie annehmen oder eben nicht – das war immer ihre eigene Entscheidung. Doch bei Kate waren die Verhältnisse nicht mehr ganz so eindeutig, sogar ganz und gar nicht. Aber sobald sie zu ihm käme – und das würde sie, davon war Nicolas überzeugt – würde alles wieder glasklar sein.
Er zwang sich, den Blick von Kate abzuwenden. Das wunderschöne Wetter und der tröstliche Duft von Kiefernharz, an den er sich noch aus seiner Kindheit erinnerte, hoben seine Stimmung. Es tat gut, wieder hier zu sein. Und trotz der verheerenden Wirkung, die Kate auf seine Libido hatte, war sie auch interessante Gesellschaft, eine würdige Gegnerin und bei der Arbeit einfach fantastisch gewesen. Noch nie hatte er eine bessere Assistentin gehabt. Und das alles bot gute Ablenkung.
Nicolas hatte damit gerechnet, dass ihn das Wiedersehen mit Hal Westchester erschüttern würde. Doch das Wiedererstarken all jener Gefühle, die er über Jahre zu verdrängen versucht hatte, traf ihn unvorbereitet. Denn die Spielchen mit Kate hatten ihn die Gespenster der Vergangenheit vergessen lassen.
Während er auf dem Laptop seine E-Mails durchging, wurde er von erregender Vorfreude erfüllt. Die wenigen letzten Tage quälenden Wartens würden sich langfristig lohnen. Vielleicht war jetzt sogar der richtige Zeitpunkt, um mal wieder etwas aufzudrehen. Nach Kates kokettem Lächeln zu urteilen, war sie kurz davor, ihre Karten hinzuwerfen.
„Fertig“, sagte sie in diesem Moment. „Möchtest du dir den Text ansehen, bevor ich ihn ausdrucke?“
„Ja“, erwiderte Nicolas und stand auf. Er stützte sich rechts und links von ihr auf den Tisch und neigte sich hinunter, sodass seine Wange fast ihr Haar berührte. Wie gut sie duftete …
„Sieht gut aus“, stellte er fest. „Ich glaube nicht, dass Hal jetzt noch Einwände hat“, fügte er hinzu und sog ihren Duft ein.
„Wer ist Hal?“, fragte Kate und drehte sich zu ihm um.
„Hal Westchester, der alte Mann, dessen Ferienanlage wir kaufen werden“, erklärte Nicolas gedankenabwesend, denn Kate war ihm so nahe, dass er den faszinierenden intensivgrünen Ring um ihre Iris sehen konnte.
„Heißt er nicht Harold?“
„Doch. Hal ist sein Spitzname. So habe ich ihn genannt, als …“ Er hielt inne. Was, verdammt noch mal, war eigentlich los mit ihm? Fast hätte er
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