Verführung in Manhattan
Ma’am.“
Als Lloyd kurz darauf in ihr Büro schlenderte, be schäftigte sich Sydney immer noch mit dem Vertrag. Sie hob die Hand, um ihm zu zeigen, dass sie noch eine weitere Minute benötigte.
„Tut mir Leid, Lloyd, ich hätte sonst den Faden verloren und noch einmal von vorn beginnen müssen“, erklärte sie anschließend und legte den Vertrag beiseite. „Was kann ich für Sie tun?“
„Es geht um das Gebäude in Soho. Die Renovierung gleitet uns völlig aus den Händen.“
Sie verzog die Lippen. Bei dem Wort Soho dachte sie automatisch an Mikhail. Und der erinnerte sie an die turbulente Fahrt von Long Island nach Manhattan und an ihr erneutes Versagen als Frau.
„In welcher Beziehung?“
„In jeder Beziehung.“ Lloyd konnte seine Verärgerung nur mühsam unterdrücken und lief erregt auf und ab. „Eine Viertelmillion Dollar! Sie haben eine Viertelmillion Dollar für die Renovierung des Gebäudes vorgesehen.“
Sie blieb ruhig sitzen und faltete die Hände auf der Schreibtischplatte. „Das ist mir bekannt. Angesichts des Zustands des Hauses ist Mr. Stanislaskis Kostenvoranschlag durchaus annehmbar.“
„Woher wollen Sie das wissen?“ schimpfte er. „Haben Sie weitere Angebote eingeholt?“
„Nein.“ Sydney musste daran denken, dass Lloyd langsam die Karriereleiter hinaufgeklettert war, während man sie gleich an die Spitze gesetzt hatte. „Ich habe mich von meinem Instinkt leiten lassen.“
„Instinkt?“ Er fuhr zu ihr herum. „Sie sind erst ein paar Monate im Geschäft und lassen sich bereits von Ihrem Instinkt leiten?“ Sein Spott war unüberhörbar.
„Das ist richtig. Außerdem weiß ich, dass die Angebote für die Erneuerung der Elektroleitungen, der Installationen und der Arbeiten für den Tischler sich im Rahmen vergleichbarer Objekte halten.“
„Hören Sie, Sydney, die Renovierung unseres Firmensitzes hat uns letztes Jahr kaum mehr gekostet.“
Ungeduldig trommelte Sydney mit einem Finger auf den Tisch. „Bei dem Hayward-Gebäude ging es im Grunde nur um Verschönerungsarbeiten. In Soho besteht ein Großteil der Reparaturen dagegen aus absolut erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen sowie der Modernisierung vorhandener Anlagen.“
„Eine Viertelmillion für Reparaturen!“ Er stemmte die Handflächen auf den Schreibtisch und beugte sich vor. Ihr fiel ein, dass Mikhail eine ähnliche Geste gemacht hatte. Allerdings würden Lloyds Hände keine Schmutzflecken hinterlassen. „Wissen Sie, wie hoch die jährlichen Mieteinnahmen aus diesen Wohnungen sind?“
„Ja, das weiß ich.“ Sie nannte eine Ziffer, die zu Lloyds Erstaunen auf den Cent genau stimmte. „Natürlich wird es länger als ein Jahr dauern, bis die Kosten für die Investitionen wieder hereinkommen. Andererseits haben die Mieter Anspruch auf eine anständige Wohnung für ihr Geld.“
„Eine anständige Wohnung …“, wiederholte Lloyd steif. „Sie verbinden Moral und Geschäft.“
„Das hoffe ich sehr.“
Er richtete sich wieder auf. Es ärgerte ihn gewaltig, dass sie so ruhig und selbstgefällig hinter diesem Schreibtisch saß, der eigentlich ihm zustand. „Sie sind sehr naiv.“
„Mag sein. Aber solange ich diese Firma leite, werde ich es nach meinen Maßstäben tun.“
„Sie bilden sich ein, die Firma zu leiten, nur weil Sie einige Verträge unterzeichnet haben und herumtelefonieren. Sie stecken eine Viertelmillion Dollar in Ihr so genanntes Lieblingsprojekt und haben keine Ahnung, worauf Stanislaski aus ist. Woher wissen Sie, dass er die Leistungen seiner Subunternehmer nicht für einen viel geringeren Lohn erhält und den Rest in die eigene Tasche steckt?“
„Sie reden Unsinn.“
„Ich sagte bereits, Sie sind sehr naiv. Sie beauftragen einen ukrainischen Künstler und lassen die Arbeiten nicht einmal überwachen.“
„Ich beabsichtige mich selbst von dem Fortschritt zu überzeugen, hatte aber bisher leider keine Zeit dafür. Außerdem erhalte ich wöchentlich einen Bericht von Mr. Stanislaski.“
Lloyd schnaufte verächtlich.
Plötzlich erkannte Sydney, dass Lloyd Recht hatte. Sie hatte Mikhail impulsiv mit den Arbeiten beauftragt und sich anschließend auf Grund ihrer persönlichen Gefühle nicht mehr darum gekümmert und den Fortschritt der Arbeiten verfolgt.
Das war nicht naiv, sondern feige.
„Sie haben Recht, Lloyd. Ich werde mich unverzüglichdarum kümmern.“ Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück. „Sonst noch etwas?“
„Sie haben einen Fehler begangen“, antwortete
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