Verfuehrung unterm Silbermond
unerklärlich. Das war es, was er fühlte. Anstatt wie sonst aufzustöhnen, als das Orchester aufspielte, stand Raffaele auf und kam um den Tisch herum zu Natasha.
„Tanz mit mir.“
Wie so oft bei Raffaele war es keine Bitte, sondern ein Befehl. Aber Natasha entschuldigte sich freudig lächelnd bei ihren Gesprächspartnern und legte ihre Hand in Raffaeles. Denn ob sie nur eine Maskerade spielten oder nicht … sie wollte gern mit Raffaele tanzen.
Während des gesamten Dinners hatte sie sich zusammenreißen müssen, um ihn nicht ständig anzusehen. Im formellen Smoking sah er einfach umwerfend aus. Schwarz stand ihm ausgesprochen gut. Es verstärkte die Wirkung seines schwarzen Haares, der dunklen Augen und der gebräunten Haut. Keiner der hier anwesenden Männer, fraglos alle vermögend und einflussreich, konnte Raffaele das Wasser reichen.
„Gern“, antwortete sie sanft. „Vor allem, da du so nett fragst.“
Er zog leicht eine Augenbraue nach oben, als er sie zur Tanzfläche führte. Hatte sie ihn eben etwa geneckt? Trieb sie es nicht etwas zu weit, wenn sie sich wie eine gleichgestellte Partnerin benahm?
Doch all diese Gedanken verflüchtigten sich in dem Moment, da er sie in seine Arme zog. Sie fühlte sich … sco nosciutta an, fremd. Und nicht nur, weil er noch nie mit ihr getanzt hatte.
Als sie sich zur Musik zu bewegen begannen, war er sich ihres Körpers extrem bewusst. Ihrer schmalen Taille an seinen Fingern, ihrer Brüste, die sich leicht an seinem Oberkörper rieben, der Nähe ihres verlockenden Pos. Er brauchte nur mit den Händen tiefer zu gleiten, und er würde sie an sich pressen können, damit sie seine Erregung fühlen konnte …
Innerlich stöhnte er auf. Diese Mischung aus der Sehnsucht nach dem Unmöglichen und der vertrauten erregenden Leidenschaft verwirrte ihn. Hatte er sich denn eingebildet, es würde einfach werden?
Ja, das hatte er.
„Das Orchester spielt großartig.“ Natasha spürte seine plötzliche Anspannung. Doch sie selbst war nicht weniger nervös. Er fühlte sich so gut an. Er roch so gut. Sie wollte mit den Lippen über seine dunkle Wange streichen. Ihr Herz klopfte einen wilden Takt. „Meinst du nicht auch?“, flüsterte sie.
Worüber redete sie überhaupt? Ach ja, die Musik. Raffaele wünschte, es wäre still. Viel lieber würde er auf Natashas leises Atmen lauschen, auf das harte Klopfen ihres Herzens, auf die Musik ihres Körpers, wenn die ihm so vertraute Melodie des Verlangens erklang.
Er wollte sie enger an sich ziehen, wollte seinen Schenkel beim Tanzen zwischen ihre drängen. Und obwohl eine solche Intimität bei einem Paar, das gerade seine Verlobung verkündet hatte, nicht ungewöhnlich wäre, tat er es nicht. Wäre es eine andere als Natasha … ja, dann könnte er es tun. Aber bei ihr bestand die Gefahr, dass das Spiel außer Kontrolle geriet, dass er weiter gehen würde.
„Das Tanzen langweilt mich“, sagte er knapp. „Hast du etwas dagegen, wenn wir uns wieder setzen?“
Natasha schüttelte den Kopf und ließ sich von ihm zum Tisch zurückführen. Meinte er in Wahrheit vielleicht, dass sie ihn langweilte? Nur mit Anstrengung gelang es ihr, das Lächeln auf ihrem Gesicht festzuhalten. Aber hier ging es ja gar nicht um sie, sondern nur um Elisabetta. Das durfte sie nicht aus den Augen verlieren.
Raffaele ergriff ihren Arm. Er sah ihren Blick, der in seinem Gesicht suchte, und etwas lag in ihren Augen, das ihn dazu veranlasste, sich rechtfertigen zu wollen. Wieso waren sie eigentlich noch hier? Hatten sie nicht genug getan, damit das Ablenkungsmanöver funktionierte?
„Ich habe keine Lust mehr, mich an den Tisch zu setzen und Small Talk zu machen.“
„Ich dachte, ihr beredet Geschäfte und ich mache den Small Talk.“
„Das ist mir aufgefallen. Alle Männer am Tisch fressen dir aus der Hand.“ Er presste den Mund zusammen, bis seine Lippen nur noch einer schmalen Linie glichen. „Warum gehen wir nicht unauffällig, bevor sie merken, dass wir verschwunden sind?“
Als würde man nicht bemerken, dass Raffaele de Feretti nicht mehr im Saal war! „Wäre das nicht unhöflich?“
„Man wird es sicher als verständlich ansehen, wenn wir Zeit allein verbringen wollen“, presste er hervor, weil er mit seinem Mund ihre Lippen schließen wollte, die nach der unschuldigen Frage noch immer leicht geöffnet waren.
„Fein, aber ich denke, ich sollte mich trotzdem erst verabschieden“, beharrte Natasha.
Er wollte ihr gerade sagen, dass es
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