Verfuehrung wie in 1001 Nacht
Tochter. Die er kannte, seit sie sechs war. Die ihm wie ein Schatten gefolgt war, nachdem er sie vor einem Sturz vom Balkon in die Tiefe bewahrt hatte.
Nun wurde ihm auch klar, warum er das Gefühl hatte, sie schon immer zu kennen: weil es stimmte! Auf der Party hatte er sie sofort erkannt, wenn auch nicht bewusst …
Optisch glich sie in nichts dem Mädchen, das er zuletzt im Alter von vierzehn Jahren gesehen hatte. Damals hatte sie Brille und Zahnspange getragen. Während in Zohayd viele Mädchen früh lernten, ihre natürliche Anmut zur Geltung zu bringen, hatte Johara davon offensichtlich keine Ahnung gehabt.
Das hatte sich inzwischen grundlegend geändert!
Amir hatte geglaubt, alle erdenklichen Arten von Schönheit zu kennen. Aber keine Frau vereinte so viele Vorzüge in einer Person wie Johara. Alles, wovon er immer geträumt hatte, wurde durch sie wahr.
Und mehr als das. Die kleine Johara, wie Hassan sie genannt hatte, besaß den Schlüssel zu Amirs Herz … Eine einzige Nacht hatte ausgereicht, damit ihm dies klar wurde.
Als er zu schwanken drohte, stützte Hassan ihn geistesgegenwärtig.
Trotz des Sturmes, der in ihm tobte, schaffte es Amir, die besorgte Frage seines Bruders zu beantworten: „Nein, ich muss nicht an die frische Luft. Mir geht es gut.“
Was nicht stimmte … Absolut nicht.
Ich habe mit Johara geschlafen.
Mehr als ein Mal hatte er sie besessen …
Er erschrak – und blickte wieder in ihre Richtung, sah in ihre herrlichen dunklen Augen.
Und da verstand er: Natürlich! Auch wenn er sie nicht erkannt hatte – sie hatte gewusst, wer er war. Gleich als Erstes hatte sie seinen Namen geflüstert.
Als sie ihm von sich erzählt hatte, hätte er darauf kommen können, dass sie es war – auch wenn sie dabei Namen und Einzelheiten weggelassen hatte.
Da er aber viel zu sehr von ihr in Bann geschlagen gewesen war, um Schlüsse zu ziehen, hatte Johara ihn noch vor Tagesanbruch verlassen.
Ihre abweisende Miene bewies, dass sie Angst hatte, wie er reagieren würde, jetzt da er es erfahren hatte.
„Na, wie findest du deine infrage kommenden Frauen?“
„Sollen wir dir Tipps geben, welche du dir auf keinen Fall aussuchen solltest?“
Die warmen melodischen Stimmen gehörten Aliyah und Laylah, die auf Amir zukamen und ihn umarmten. Ihre sympathischen Gesichter strahlten vor Lebensfreude.
Mechanisch erwiderte er die Umarmung, während er nur daran dachte, dass er mit Gemma, nein mit Johara geschlafen hatte …
„Siehst du dort drüben die Schönheit in Smaragdgrün? Der die schwarzen Haare bis über den Rücken hinabreichen?“ Laylah kniff ihn leicht in die Wange, während sie seinen Kopf unauffällig in die Richtung drehte. „Am besten, du verschwendest ab sofort keinen weiteren Blick an sie. Das meiste an ihr ist nicht echt …“
„Die Rothaarige da kann ich auch nicht empfehlen“, sagte Aliyah. „Sie flirtet mit jedem.“
Hassan lachte, und Laylah stieß ihn kameradschaftlich mit dem Ellbogen. „Wir wollen Amir doch nur bei seiner schwierigen Wahl helfen.“
„Und darum redet ihr ihm die schönen Frauen aus? Soll er etwa eine hässliche heiraten?“, fragte Hassan scherzhaft.
„Natürlich nicht! Aber ehrlich gesagt haben wir die Auswahl auf zwei eingeschränkt“, sagte Aliyah.
„Sie sind beide sehr nett“, erklärte Laylah. „Die Erste ist vielleicht nicht ganz so gebildet und welterfahren, wie Amir es gern hat. Aber sie kann sich dorthin entwickeln, wenn sie erst verheiratet sind. Und der Zweiten fehlt ein bisschen der Sinn für Humor, aber auch das kann sich ändern, wenn sie Amir zum Mann hat.“
Bevor ein Gelächter losbrach, räusperte er sich. „Amir, über den ihr da redet, ist hier!“
Laylah und Aliyah blinzelten ihm freundschaftlich zu.
„Schön, dass ihr mir helfen wollt, meine schlimmsten Albträume über die Ehe zu verhindern. Am besten, ihr schreibt eure Vorschläge auf einen Zettel und gebt ihn Vater. Dann soll er entscheiden, mit welcher Familie er Verhandlungen aufnimmt. Mir ist es egal. Das habe ich auch zu Vater gesagt. Mein Leben, so wie ich es führen will, ist damit so und so vorbei.“
Betroffen sahen Laylah und Aliyah einander an. Bis dahin hatten sie nicht gewusst, wie schrecklich Amir die ganze Angelegenheit fand. Nun tat es ihnen leid, dass sie ihn damit aufgezogen hatten.
Zerknirscht begannen sie, sich bei ihm zu entschuldigen, und redeten dabei gleichzeitig …
Als sie schwiegen, biss sich Aliyah auf die Lippen, und Laylah kamen
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