Verfuehrung
es mit einer ungeduldigen Bewegung fest und war fort. Das Geräusch seiner Stiefel auf dem Marmor hatte etwas schrecklich Endgültiges.
Sophy ertrug genau eine Woche der erniedrigenden Verbannung, bevor sich ihre Lebensgeister wieder regten. Sie stellte fest, daß sie nun wirklich genug für ihr Verbrechen gebüßt hatte, und außerdem mußte sie zugeben, daß sie einen groben taktischen Fehler im Umgang mit ihrem Ehemann gemacht hatte.
Die Welt schien mit einem Schlag freundlicher, nachdem sie beschloß, Julian nach London zu folgen.
Wenn sie noch einiges darüber lernen mußte, wie man mit einem Ehemann umging, dann war es doch nur logisch, daß Julian auch einiges über den Umgang mit einer Ehefrau lernen mußte. Sophy war wild entschlossen, die Ehe ganz von vorne anzufangen.
Fünf
Julian musterte die todernste Versammlung, die ihn begrüßte, als er durch die Tür seines Clubs schritt. »Man könnte ja meinen, hier findet eine Beerdigung statt«, bemerkte er zu seinem Freund Miles Thurgood. »Oder die Trauerfeier nach einer Schlacht.«
»Was erwartest du denn?« fragte Miles, dessen attraktives junges Gesicht genauso grimmig anzusehen war wie das jedes anderen Mannes im Raum. Aber in seinen strahlend blauen Augen blitzte auch unmißverständlich Schadenfreude. »Es ist überall dasselbe heute abend, ob hier in den Clubs in St. James oder anderswo in der Stadt. Tragik und Trauer in der ganzen Stadt.«
»Die erste Folge der berüchtigten Featherstone Memoiren ist heute erschienen, nehm ich an?«
»Genau wie der Verleger versprochen hat. Pünktlich auf die Minute. Innerhalb einer Stunde ausverkauft, hab ich gehört.«
»Den tragischen Gesichtern nach zu schließen, hat die gute Featherstone ihre Drohung wahrgemacht und Namen genannt.«
»Glastonburys und Plimptons unter anderem.« Miles deutete auf die beiden Männer, die auf der anderen Seite des Raumes saßen. Zwischen ihren Stühlen stand ein Tisch mit einer Flasche Portwein, und es war unübersehbar, daß die beiden ältlichen Lords am Boden zerstört waren. »In der nächsten Folge werden noch mehr genannt werden, hat man uns gesagt.«
Julians Mund wurde schmal, als er sich setzte und eine Ausgabe der Gazette zur Hand nahm. »Nur eine Frau kann es fertigbringen, die Gemüter mehr zu erhitzen als ein Krieg.« Er überflog die Schlagzeilen auf der Suche nach den üblichen Schlachtenberichten und der Gefallenenliste der scheinbar endlosen Spanienkampagne.
Miles grinste, wurde aber schnell wieder ernst. »Du hast leicht reden, was die Featherstone Memoiren angeht. Deine neue Frau ist ja nicht hier in der Stadt, wo sie die Zeitungen kriegt. Glastonbury und Plimpton hatten nicht soviel Glück. Wie man hört, hat Lady Glastonbury dem Butler Anweisung gegeben, den armen Glastonbury aus seinem Haus zu sperren, und Plimptons Lady hat Berichten zufolge eine Szene geschmissen, daß die Balken gewackelt haben.«
»Und jetzt lecken beide Männer hier im Club ihre Wunden.«
»Wohin sollen sie denn sonst gehen? Das ist ihre letzte Zuflucht.«
»Narren sind sie, alle beide«, sagte Julian und las mit gerunzelter Stirn eine Kriegsdepesche.
»Narren, was?« Miles lehnte sich im Stuhl zurück und musterte seinen Freund mit einer Mischung aus Amüsement und Respekt. »Ich nehme an, du könntest ihnen ein paar gute Ratschläge im Umgang mit zornigen Frauen geben? Nicht jeder kann seine Frau dazu überreden, sich auf dem Land zu vergraben, Julian.«
Julian dachte gar nicht daran, sich ködern zu lassen. Er wußte, daß sich Miles und seine anderen Freunde wegen seiner neuen Braut vor Neugier verzehrten. »Glastonbury und Plimpton hätten dafür sorgen müssen, daß ihre Frauen die Memoiren erst gar nicht zu Gesicht bekommen.«
»Wie, bitte, hätten sie das verhindern sollen? Lady Glastonbury und Lady Plimpton haben sicher wie alle anderen Lakaien geschickt, die sich heute nachmittag vor dem Büro des Verlags angestellt haben.«
»Wenn Glastonbury und Plimpton ihre Frauen nicht besser im Griff haben, dann geschieht es ihnen ganz recht«, sagte Julian ohne eine Spur von Mitgefühl. »Ein Mann muß in seinem Haus strenge Regeln festlegen.«
Miles beugte sich vor und senkte die Stimme. »Es geht das Gerücht, daß sowohl Glastonbury als auch Plimpton Gelegenheit hatten, ihre Haut zu retten, aber sie haben den Vorteil nicht genutzt. Die Featherstone hat sich entschlossen, an den beiden ein Exempel zu statuieren, damit die nächsten Opfer leichter zur Einsicht
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