Vergangene Narben
ihn das ein wenig beruhigen würde. Es half – wenn auch nur ein wenig.
Nach ein paar Minuten versuchte Kian noch mal den Wagen zu starten, aber er wollte einfach nicht anspringen. Bevor er wieder das Theater von eben mit seiner Tür hatte, stieg ich auf meiner Seite aus, damit er über den Beifahrersitz rutschen konnte.
Seine nächste Adresse war die Kühlerhaube, und egal was er darunter fand, es ließ ihn lautstark fluchen, und Worte in den Mund nehmen, die sogar mir neu waren. Dann gab es noch einen deftigen Tritt gegen die Karosserie, und eine Beschimpfung für den Wagen, der etwas mit seiner Herkunft und freizügigen Damen zu tun hatte, und dann zog er sein Handy aus der Jackentasche.
Vorsichtig wagte ich es ein paar Schritte nähr zu treten, und dem Telefonat zu lauschen. Er rief einen Abschleppdienst an. Das hieß dann wohl, der Wagen würde heute nirgendwo mehr hinfahren.
„Und jetzt?“, fragte ich vorsichtig, nachdem er aufgelegt hatte.
Er fuhr sich mit den Händen einmal durch das verstrubbelte Haar, und funkelte seinen Wagen an. „Jetzt müssen wir warten, und dann kommt die Karre in die Werkstadt.“
Alina beugte sich halb aus dem Wagen. „Glaubst du echt, der Wagen ist noch zu retten?“
Oh oh, der böse Blick der sie traf, hätte sie glatt tot umfallen lassen müssen.
„Alina“, sagte ich. „Wir müssen uns dringen mal über Timing unterhalten.“
„Wieso? Ich hab doch recht.“
Das hatte sie, ohne Zweifel, doch Kian hatte gerade noch schlechtere Laune als sonst, und da war es nicht ratsam ihn zu ärgern – oder überhaupt einen Blick in seine Richtung zu werfen.
Ich lehnte mich an den Wagen, und dann war warten angesagt. Eine Stunde um genau zu sein. Dann konnten wir zusehen, wie der Wagen verladen wurde, und mit wenig Hoffnung auf ein Wiedersehen davon fuhr. Damit war Kino wohl gestorben. Wir hatten gerade mal genug Geld dabei, um uns ein Taxi nach Hause zu leisten, Eintrittsgeld war da nicht mehr drin.
„Wir können uns doch bei mir zu Hause einen Film angucken“, schlug ich vor, als wir zum Taxistand liefen. „Ist war kein Kino, aber wenigstens etwas. Und wir können uns eine Pizza bestellen.“
„Oh ja!“, stimmte Alina sofort zu, und hakte sich bei mir ein. „Das machen wir.“
Dass sie dem zustimmen würde, hatte ich nicht bezweifelt. Mich interessierte eher, was mein bester Freund gerade wollte. „Kian?“
„Ja, meinetwegen.“
Oh ja, der hatte richtig miese Laune.
Ich nahm seine Hand, und drückte sie, und zu meinem Erstaunen drückte er auch zurück. Eine Seltenheit. Zwar guckte er immer noch grimmig geradeaus, aber er hielt mich weiter fest – da hatte mich wohl jemand die letzten zwei Wochen vermisst.
Natürlich sagte ich das nicht laut, schmunzelte einfach nur vor mich hin, während wir uns ein Taxi aussuchten, und es zu meiner Adresse beorderten. Aber das dauerte ein bisschen. Der Flughafen war rund eine Stunde von meinem Heim entfernt, aber Alina verkürzte uns die Wartezeit mit der Frage: „Welchen Film gucken wir?“ Sie war für etwas romantisches, mit viel Herzschmerz, und einem Happy End. Ich wollte ja eher was Spannendes sehen, einen Thriller, oder einen Krimi, und Kian wollte Action. Und nun einen Film zu finden, der das alles beinhaltete, war gar nicht so einfach.
Wir fuhren schon in Koenigshain ein, da hatten wir uns noch immer nicht einigen können, weil Kian unbedingt etwas mit explodierenden Autos sehen wollte – wer konnte es ihm verübeln?
„Das ist doch wieder so ´ne schnulzige Romanze“, beschwerte sich Kian über Alinas Vorschlag
Pretty Woman
anzugucken. „Da ist mir …“
„Entschuldigung wenn ich unterbreche“, kam es vorne vom Taxifahrer. „Aber ich komme nicht zu der Adresse durch, da vorne ist gesperrt.“
„Gesperrt?“ Ich lehnte mich zwischen den Sitzen nach vorne, und bekam bei dem Anblick der sich mir bot riesige Augen. Die Komplette Straße war abgesperrt, und überall liefen Polizisten herum. Krankenwagen und Sanitäter, Polizeiwagen mit blinkenden Lichtern. Kurz vor unserem Haus.
Auch Alina lehnte sich ein wenig vor, um besser sehen zu können. „Aber holla, was ist denn hier los?“
Das Taxi fuhr langsam an den Straßenrand, um zu parken parkte, und in dem Moment sagte Kian etwas, dass mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. „Die kommen aus deinem Haus, Zaira.“
Die kommen aus deinem Haus. Die kommen aus deinem Haus. Die kommen aus deinem Haus.
Immer wieder wiederholten sich diese Worte in meinem Kopf, bis ich wirklich
Weitere Kostenlose Bücher