Vergangene Narben
weiter.
„In den Gärten?“
Das Pferd schnaufte, und scharrte mit den Hufen in den Sägespänen.
Cio nickte. „Jup, da hält sie sich oft und gerne auf, und die kann man auch von der Menagerie aus sehen.“ Er Grinste schelmisch. „Dann hast du wieder einen Grund in Schockstarre zu verfallen.“
Gott, das würde mir jetzt wohl ewig nachhängen. „Das war keine Schockstarre, ich war nur überrascht Ayden zu sehen.“
„Ja“, sagte er lässig, und schnalzte mit der Zunge. „So ein echter Prinz steht halt nicht jeden Tag plötzlich vor einem.“
Nein, der große Halbbruder stand nicht jeden Tag so plötzlich vor einem. Natürlich sagte ich ihm das nicht. „Ich war einfach nur überrascht“, wiederholte ich.
„Wie du meinst.“
Hinter uns wurde einer der Lipizzaner laut. Der Trainer rief etwas, und schimpfte.
Unison wandten Cio und ich uns um. Claire – oder war es Clover? – schien Probleme mit ihrem Pferd zu haben. Es tänzelte auf der Stelle, aber das wollte sie wohl nicht, so wie sie schimpfte und fluchte.
„Da hat der Gaul wohl die Schnauze voll von den Terrorlingen.“
„Terrorlingen?“
„Ja, die Terrorlinge.“ Grinsend zeigte er auf die Prinzessinen. „Oh, kannst du mir einen Gefallen tun?“ Aus der Innentasche seiner Jacke zog er eine CD und drückte sie mir in die Hand. „Kannst du das Clover geben? Sie hat mich danach gefragt.“
„Ähm … okay.“ War ich noch zu retten?
„Danke. Und ich muss dann jetzt auch los, bevor Iesha wieder hier auftaucht, und mich am Ohr hier raus zieht.“ Er tätschelte den Haflinger noch einmal. „Sei gut zu dem Pferdchen.“
Eine Erwiderung war nicht nötig. Er wandte sich bereits ab, und verließ mit wiegenden Schritten die Reithalle, in der noch immer ordentlich geflucht wurde.
Mein Blick senkte sich auf die CD in meiner Hand. Bonfire Heart von James Blund. Dann sah ich zu Flair. „Kannst du mir erklären, was hier gerade passiert ist?“
Sie stellte nur die Ohren auf, hielt es ansonsten aber nicht für nötig, irgendwie auf meine Frage zu reagieren.
Okay, fassten wir zusammen. Da war Ayden mit irgend so einem Cio aufgetaucht, der mich mindestens die Hälfte meiner Nerven gekostet hatte, und jetzt stand ich hier, um für ihn den Laufburschen zu spielen. Hm, irgendwas war da doch kräftig schief gelaufen. Besonders wenn ich daran dachte, wem ich die CD geben sollte.
Wer war dieser Cio überhaupt?
Kopfschüttelnd machte ich mich daran den Haflinger fertig zu kriegen. Er war die ganze Zeit so geduldig gewesen, dass ich nun meine ganze Aufmerksamkeit auf ihn richtete. Naja, fast die ganze. Mit halbem Ohr lauschte ich immer auf die Zwillinge, bis die beiden mit ihrem Training fertig waren. Viel zu früh nach meinem Geschmack. Ich hatte mich gar nicht richtig darauf vorbereiten können, was ich gleich tun müsste.
Nun hab dich mal nicht so, ist doch bloß ´ne blöde CD die du übergeben sollst, und nicht der Pulitzerpreis.
Auch wieder war. Aber mich den beiden zu nähren, fand ich schwieriger, als den Weg nach Tenor zu finden.
Mit schweißfeuchten Händen beobachtete ich, wie die Zwillinge von ihren Pferden stiegen, und noch mit dem Trainer redeten – lange. Und trotzdem kniff ich fast bei der Aufgabe sie anzusprechen.
„Jetzt reiß dich zusammen“, wies ich mich selber an, als die beiden mit ihren Pferden an den Zügeln bereits auf den Weg zum Tor waren. Sag es! Okay. „Ähm … Clover?“
Keiner der beiden reagierte. Sie sprachen nur leiser, und liefen weiter auf den Ausgang zu.
Sag es lauter, so dass sie dich auch hören kann!
„Prinzessin Clover?“
Dieses Mal hatten sie es gehört. Beide blieben stehen, und sahen mir neugierig entgegen, als ich langsam auf sie zutrat. Meine Beine fühlten sich dabei echt steif an, so als müsste ich das Laufen neu erlernen. „Ähm … hi, ich … Cio war eben da, und hat mich gebeten das hier Clover zu geben.“ Ich hielt die CD dem einen Mädchen vor die Nase. Leider war es dann die andere Zwillingschwester die danach griff – die beiden waren aber auch nicht zu unterscheiden.
„Was ist das?“, wollte Prinzessin Claire wissen.
„Die CD die Cio mir besorgen wollte.“ Sie drückte mir die Zügel ihres Pferdes in die Hand, und griff nach ihrer Schwerster. „Komm.“
Ein zweites Paar Zügel gesellte sich zu dem ersten, dann eilten die Prinzessinnen aus der Halle, und ich stand da mit zwei schnaufenden Lipizzanern, und guckte ein bisschen blöd aus der Wäsche. Okay, in ordnung, dass kannte ich so nicht.
Auch
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