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Vergangene Narben

Vergangene Narben

Titel: Vergangene Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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genau wie gestern, ließ er sich wieder in die Hocke sinken, damit sie an seiner Hand schnüffeln konnte. Doch ich hatte nur Augen für meine Erzeugerin. Für die blonden Haare, das sanfte Abbild ihres Gesichtes, die grauen Augen, die meinen Mikrowutz kritisch musterten. Sie trug ein langes, blaues Wollkleid, das bis zum Boden reichte. Darüber hatte sie einen langen Wintermantel gezogen. Ihr graziler, schlanker Hals wurde von einer eleganten, feingliedrigen geschmückt, ab der vier lange Eiszapfen aus Silber baumelten. Sie sah genauso schön aus wie ich es mir vorgestellt hatte, wie ich es auf den vielen Bildern gesehen hatte. Ästhetisch, anmutig, königlich. Vollkommen in ihrem Aussehen und Charakter.
Das war also die Frau, die mich vor knapp neunzehn Jahren zum Wohle der Allgemeinheit weggegeben hatte, die Frau die ich schon meinen Leben lang kennenlernen wollte. Doch jetzt wo sie nur ein paar Meter von mir entfernt stand, war ich wie erstarrt. Ich wusste nicht mal, ob ich noch atmete. Allein sie zu sehen ließ meinen Gefühlshaushalt wie einen Vulkan explodieren. Wut, Angst, Mistrauen, Neugierde. Ich wusste nicht mal was ich denken sollte.
Sydney sagte etwas zu ihr, was sie lächeln ließ. Aber ich konnte es nicht hören. In meinen Ohren herrschte ein einziges Rauschen.
„Schockstarre“, sagte da eine belustigte Stimme direkt in mein Ohr.
Ich zuckte vor Schreck, und sah hastig in ein grinsendes Gesicht.
„Wolltest du sie nicht kennenlernen?“
„Ich …“
„Komm, ich stell dich ihr vor.“ Cio nahm einfach meine Hand, und zog mich hinter sich her, und selbst wenn ich gewollt hätte, hätte ich mich dagegen nicht wehren können. Meine Beine folgten ihm einfach, als liefen sie auf Autopilot.
Mit jedem Schritt den wir nähr kamen, schlug mein Herz hör. Sydney hatte uns bereits bemerkt, und sah mir entgegen, doch meine Erzeugerin hatte nur Augen für ihren Gefährten. Liebevoll strich sie ihm übers Haar. „Soll ich dir auch so ´ne kleine Stolperfalle kaufen?“
Um Sydneys Mund glitt ein sanftes Lächeln.
„Hey, Cheyenne!“, rief Cio da, und rückte uns damit in den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit. Er zog mich noch ein paar Schritte weiter, und schob mich dann genau vor sie. „Das ist Zsa Zsa. Sie arbeitet seit gestern in den Ställen, und sie wollte dich unbedingt einmal kennenlernen, hat sich bei deinem umwerfendem Antlitz aber nicht getraut nähr zu treten.“
Meine Erzeugerin kniff die Augen zusammen. „Du kannst so viel schleimen wie du willst, Cio, ich bin trotzdem sauer, dass du den letzten Muffin gegessen hast.“
„Dafür hast du mir vorgestern meine Schokoriegel geklaut“, konterte er.
„Ich hab dir schon mal gesagt, mein Schloss …“
„Mein Kühlschrank. Ja, ja, schon klar.“
Schokoriegel? Muffins? Schleimen? Ähm …
„Cio“, sagte da Sydney, und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Solltest du nicht beim Training mit deinem Vater sein?“
Er winkte ab. „Das haben wir auf später verschoben.“
„Weiß Diego auch, dass ihr es auf später verschoben habt?“
Diego?
Diego?!
Er meinte doch wohl nicht den
Diego
, oder?! Und … Cio war der Sohn von Diego? Das war … ich weiß nicht wie das war, aber damit hätte ich im Leben nicht gerechnet, nicht nach den Geschichten die mir Papa erzählt hatte.
„Natürlich weiß er das“, gab Cio etwas beleidigt zurück. „Ich bleib doch nicht einfach unentschuldigt von Training weg.“
Das entlockte meiner Erzeugerin ein glockenhelles Lachen.
„Dann solltest du vielleicht Iesha bei ihrem Training unterstützen.“ In Sydneys Stimme lag ein eindeutiger Unterton, doch irgendwie konnte ich den im Augenblick nicht richtig zuordnen. Mein Hirn funktionierte nur auf Sparbetrieb. Das plötzliche Auftauchen meiner Erzeugerin hatte mich so aus der Bahn geworfen, dass ich schon froh war, hier nicht mit offenem Mund vor ihr zu stehen, und wie eine Geisteskranke vor mich hinzusabbern.
Cio kniff die Augen leicht zusammen. „Wie du das so sagst, bekomme ich fast das Gefühl, dass du mich nicht hierhaben willst.“
Sydney blieb stumm, sah ihn nur mit diesem Eindringlichen Blick an, der einen zu durchleuchten schien. Solange bis Cio sich seufzend durch die Haare strich.
„Ist ja gut, ich geh ja schon.“ Grinsend drehte er sich zu mir, und drückte mir einfach einen Kuss auf die Wange.
Fast schon entsetzt sah ich ihn an. „Geht’s noch?!“
„Ich wollte nur dafür sorgen, dass du endlich aus deiner Schockstarre erwachst. Hat funktioniert.“

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