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Vergangene Schatten

Titel: Vergangene Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Robards
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Carly genoss den kleinen Triumph, dass sie selbst zwei Jahre jünger als Shelby war. Wenigstens in dieser Hinsicht hatte sie ihr gegenüber die Nase vorn.
    Die Anwesenden quittierten Shelbys Aufforderung mit zustimmendem Gemurmel. Sie erhoben sich von ihren Plätzen, und in dem nun folgenden Durcheinander, als alle sich zum Aufbruch vorbereiteten, fiel Carly auf, dass Shelby groß und dünn war, noch dünner als in der Highschool-Zeit. Mit ihrem schlichten schwarzen Rock, der weißen Bluse und den hohen Absätzen wirkte sie überaus elegant, was Carlys kurze Freude darüber, dass sie selbst zwei Jahre jünger war, rasch wieder zunichte machte. Dass die Frau so gut aussah, ärgerte sie mehr, als ihr lieb war - doch wenn Matt gern seine Zeit mit dieser langen, dünnen Frau verbrachte, so konnte ihr das egal sein. Carlys Ärger war umso größer, als sie nur zu gut wusste, dass sie selbst - klein und kurvig, wie sie war - ohne besondere Aufmachung genauso elegant aussah wie Hugo, wenn er versucht hätte zu fliegen.
    Als sie sich schließlich mit Hugo unter dem Arm und ihrer bleischweren Tasche in der anderen Hand die Treppe hinunterschleppte, war ihr Ärger noch um einiges größer geworden. Sie konnte ja so manches für sich in Anspruch nehmen, aber dass sie elegant war, konnte sie beim besten Willen nicht behaupten. Jedenfalls bei weitem nicht so elegant wie diese Shelby.
    Der Gedanke ärgerte sie sosehr, dass es sie einige Mühe kostete, sich einigermaßen höflich zu verabschieden, nachdem sie alles andere als anmutig in das Führerhaus des Lieferwagens geklettert war. Nachdem sie Hugo, der in seiner Panik wieder einmal auszureißen versuchte, mit einem mehr oder weniger liebevollen Klaps gebändigt hatte, saß sie mit einem gezwungenen Lächeln und Schweiß auf der Stirn da und wartete, während Sandra noch durch das Wagenfenster ein im Flüsterton geführtes Gespräch mit Antonio zu Ende brachte. Als sie dann im Rückwärtsgang die Auffahrt hinunterfuhr, winkte sie den drei hübschen Converse-Schwestern sowie der eleganten Shelby und ihrem gut aussehenden Bruder noch rasch zu, die in eine stattliche schwarze Limousine einstiegen. Dabei übersah sie Matts Briefkasten und streifte ihn mit ihrem Wagen. Nun, genau genommen streifte sie ihn nicht - sie fuhr ihn regelrecht um.
    »Verdammt«, stieß Sandra hervor, als der Pfosten, auf dem der Briefkasten ruhte, abknickte und umfiel. »Du kannst einfach nicht Auto fahren.«
    »Du auch nicht«, versetzte Carly, die froh war, nicht länger so tun zu müssen, als wäre in ihrem Leben alles in schönster Ordnung. »Und erzähl ja niemandem etwas von dem Briefkasten, verstanden?«
    Mit einem raschen Blick in den Außen- und den Rückspiegel versicherte sich Carly, dass weder die fünf jungen Leute in der schwarzen Limousine, die bereits losgefahren waren, noch die beiden Sheriff-Stellvertreter, die darauf bestanden hatten, sie zum Haus ihrer Großmutter zu begleiten, Carlys kleines Missgeschick bemerkt hatten. Hätte der Briefkasten jemand anders als Matt gehört, hätte sich Carly beim Besitzer gemeldet und den Schaden ersetzt. Zumindest hätte sie eine Nachricht mit Name und Adresse hinterlassen. Nachdem es aber Matts Briefkasten war, tat sie nichts von alledem und fuhr einfach weiter. Ja, sagte sie sich, wenn sie ihre Hände gerade frei gehabt hätte, dann hätte sie sich für ihr kleines Manöver selbst applaudiert.

14
    »Ich glaube, so was nennt man Fahrerflucht«, sagte Sandra mit leichtem Unbehagen. »Und das war noch dazu der Briefkasten des Sheriffs. Es ist wahrscheinlich keine Kleinigkeit, den Briefkasten des Sheriffs umzufahren und dann einfach abzuhauen.«
    »Der Sheriff kann mich mal«, sagte Carly und fuhr weiter.
    »Oho, ist da vielleicht heute Morgen jemand mit dem falschen Fuß aufgestanden?«, bemerkte Sandra und fügte mit einem vielsagenden Blick hinzu: »Oder kann es sein, dass da jemand auf den flotten Sheriff steht?«
    Carly gab keine Antwort, sondern trat noch etwas kräftiger auf das Gaspedal. Sandra musste sich an der Halteschlaufe festhalten, als der Lieferwagen schaukelnd und rumpelnd auf die Hauptstraße auffuhr - und zwar ungefähr doppelt so schnell, als es hier erlaubt war.
    »Ich dachte, du wolltest heute nach Chicago zurückfahren. Oder wer war denn das, der letzte Nacht noch gemeint hat: >Solche alten Häuser sind mir unheimlich und ich hab genug von dieser Einöde hier    »Ich habe beschlossen, Benton noch eine

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