Vergangene Schatten
Haushaltswaren betrieben, in dem er Hämmer und Nägel ebenso verkaufte wie Süßigkeiten und Comic-Hefte. Jedes Kind in Benton war Stammkunde in Mr. Hindleys Laden. Barry war Hindleys einziger Sohn. Er war ein Jahr älter als Carly - doch sie hatte den Sportfanatiker, der er in der Highschool-Zeit war, nie näher kennen gelernt. Schließlich hatte sie nie zu den Mädchen gehört, für die die Jungen besonderes Interesse zeigten.
Aus der Nähe betrachtet, erkannte sie die beiden sehr wohl wieder.
»Hallo, Mr. Hindley, Barry«, sagte sie und ging mit etwas wackeligen Beinen über die Veranda. Jetzt wusste sie immerhin, wer die beiden waren; blieb noch die Frage, was sie in ihrem Haus machten.
»Carly? Hallo«, sagte Barry und musterte sie überrascht. Er hatte ein wenig zugenommen, sah ansonsten aber noch genauso aus wie früher.
»Hallo, Carly«, sagte auch Mr. Hindley lächelnd. Auch er hatte ein paar Kilo zugelegt und ein paar Falten mehr bekommen, hatte sich ansonsten aber ebenfalls kaum verändert. Ungewohnt war allein die Tatsache, dass er mit einem Schraubenzieher an ihrer Tür herumwerkte. »Schön, dass du wieder daheim bist.«
»Ja, es freut mich auch, wieder daheim zu sein«, sagte sie lächelnd, konnte ihre Neugier jedoch nicht länger zügeln. »Was machen Sie da eigentlich an meiner Haustür?«
Barry sah sie überrascht an. »Hat Matt es dir denn nicht gesagt? Er hat uns gefragt, ob wir nicht heute bei dir vorbeikommen und die Türschlösser austauschen können. Er hat gemeint, du brauchtest dringend neue.«
»Ich wollte eigentlich erst später kommen, aber Ellen und ich müssen heute Nachmittag auf die Enkel aufpassen«, warf Mr. Hindley ein. »Also habe ich mir gedacht, lassen wir heute mal die Kirche ausfallen und kümmern wir uns gleich um die Sache.«
»Nein, Matt hat mir nichts davon gesagt.« Barry hielt ihr die Tür auf, und so trat Carly ins Haus ein. Jemand hatte die Klimaanlage eingeschaltet, wie Carly dankbar feststellte. Im Haus war es gut zwanzig Grad kühler als draußen. »Das ist nett, dass ihr die Kirche habt ausfallen lassen«, sagte sie und wandte sich Barry zu. »Und dass du gekommen bist, obwohl du Familie hast.«
Er schüttelte den Kopf und lächelte. »Ich bin nicht verheiratet. Die Enkelkinder, die Dad gemeint hat, sind von meiner Schwester.«
»Oh«, sagte Carly. Seinem Lächeln nach zu urteilen, erwähnte Barry nicht ohne Hintergedanken, dass er unverheiratet war. Doch sie hatte absolut kein Interesse an ihm. Und der Grund, warum sie nicht interessiert war, hatte schwarze Haare und war ungefähr einen Meter fünfundachtzig groß.
»Wir machen dir einen schönen Schließriegel dran«, erläuterte Mr. Hindley. »Und wir ha]?en dafür gesorgt, dass niemand durch deine Fenster reinkommen kann. Ron Graves kommt später vorbei und installiert ein Sicherheitssystem. Danach würde nicht mal mehr der gute Harry Houdini in dein Haus reinkommen.«
»Ein Sicherheitssystem?«, fragte Carly und ärgerte sich über sich selbst, weil sie nicht das geringste Interesse an Barry hatte. Ihre drei Kindermädchen waren ihr ins Haus gefolgt, so dass es ein wenig eng auf dem Flur wurde. »Was denn für ein Sicherheitssystem?«
Mr. Hindley nahm die Tür zwischen beide Knie und begutachtete eine Bleistiftmarkierung, die er offensichtlich zuvor angebracht hatte. Barry reichte ihm einen Bohrer.
»Also, Matt hat gesagt, dass du unbedingt noch heute eine Alarmanlage brauchst, damit du dich sicher fühlst, wenn du heute Nacht im Haus deiner Großmutter schläfst«, erläuterte Barry.
»Ja«, bestätigte Mr. Hindley, »er hat heute früh Ron angerufen und ihm gesagt, dass er sich noch heute darum kümmern soll, weil ja jemand eingebrochen ist. Matt hat gesagt, dass es dringend ist, darum macht es Ron sofort.«
Matt hat gesagt ... Carly konnte diese Worte mittlerweile nicht mehr hören. Sie sah Barry mit einem betont freundlichen Lächeln an. Soweit sie sich erinnern konnte, war er ein ganz netter Kerl. Es war ganz gut zu wissen, dass es in Benton außer Matt noch andere gut aussehende, ungebundene junge Männer gab.
Doch Carly kam nicht mehr dazu, Barry eventuell auch noch mit Worten zu ermutigen, denn im nächsten Augenblick begann Mr. Hindley seinen Bohrer zu betätigen. Barry zwinkerte ihr wortlos zu.
Okay, er war vielleicht ein netter Kerl, aber im Moment war ihr eben nicht danach, beschloss sie. Wahrscheinlich, weil sie immer noch so wütend auf Matt war.
»Wenn Sie die Alarmanlage
Weitere Kostenlose Bücher