Vergebung
hatten sich um den Konferenztisch in ihrem Dienstzimmer im Präsidium versammelt. Drei Frauen und sieben Männer. Die Versammlung bestand aus dem Chef des Dezernats für Gewaltverbrechen, dessen Stellvertreter, drei Kriminalinspektoren inklusive Marcus Erlander sowie dem Pressesprecher der Göteborger Polizei. Auch die Leiterin der Voruntersuchung, Agneta Jervas von der Staatsanwaltschaft, sowie die Kriminalinspektoren Sonja Modig und Jerker Holmberg von der Stockholmer Polizei waren dazugebeten worden. Letztere wurden mit einbezogen, um den guten Willen zur Zusammenarbeit mit den Kollegen aus der Hauptstadt zu demonstrieren und ihnen vielleicht sogar zu zeigen, wie man eine Ermittlung richtig durchführte.
Spångberg, oft die einzige Frau in einer rein männlichen Umgebung, hatte nicht gerade den Ruf, ihre Zeit mit Formalitäten und Liebenswürdigkeiten zu verplempern. Sie erklärte zunächst, dass sich der Polizeipräsident auf Dienstreise zu einer Europol-Konferenz in Madrid befand, dass er die Reise jedoch abgebrochen hatte, als er von dem Polizistenmord erfuhr. Man erwarte ihn allerdings nicht vor dem späten Abend zurück. Danach wandte sie sich direkt an den Leiter des Gewaltdezernats, Anders Pehrzon, und bat ihn, die Situation zusammenzufassen.
»Es ist jetzt knapp zehn Stunden her, dass unser Kollege Gunnar Andersson an der Straße nach Nossebro ermordet wurde. Wir kennen den Namen des Mörders, Ronald Niedermann, allerdings fehlt uns noch ein Bild der fraglichen Person.«
»Wir besitzen ein knapp zwanzig Jahre altes Foto von ihm, das jedoch kaum verwendbar ist«, warf Jerker Holmberg ein.
»Okay. Das Polizeiauto, das er entwendet hat, wurde, wie wir wissen, am Morgen in Alingsås aufgefunden. Es stand in einer Querstraße, ungefähr dreihundertfünfzig Meter vom Bahnhof entfernt. Bis jetzt ist uns jedoch noch kein Autodiebstahl in der Gegend gemeldet worden.«
»Momentaner Stand der Fahndung?«
»Wir überwachen die Züge, die in Stockholm und Malmö ankommen. Wir haben landesweiten Alarm ausgelöst und auch die Polizei in Norwegen und Dänemark informiert. Derzeit arbeiten ungefähr dreißig Polizisten direkt an diesem Fall, aber natürlich sind alle angehalten, die Augen offen zu halten.«
»Keine Spur?«
»Nein, noch nicht. Aber eine Person mit Niedermanns außergewöhnlichem Aussehen sollte man früher oder später doch aufspüren können.«
»Weiß irgendjemand, wie es Fredrik Torstensson geht?«, erkundigte sich einer der Kriminalinspektoren des Gewaltdezernats.
»Er liegt im Sahlgrenska. Er ist ungefähr so verletzt wie nach einem schweren Autounfall. Kaum zu glauben, dass ein Mensch ihm mit bloßen Händen solche Verletzungen zufügen konnte. Außer gebrochenen Beinen und Rippen hat er einen verletzten Nackenwirbel. Vielleicht werden Lähmungen zurückbleiben.«
Alle dachten ein paar Sekunden über die Lage ihres Kollegen nach, bevor Spångberg wieder das Wort ergriff. Sie wandte sich an Erlander.
»Was ist eigentlich in Gosseberga passiert?«
»Thomas Paulsson ist in Gosseberga passiert.«
Gleichzeitiges Aufstöhnen mehrerer Teilnehmer.
»Kann den nicht endlich mal jemand pensionieren? Der Mann ist doch nur noch eine wandelnde Katastrophe.«
»Ich kenne Paulsson sehr gut«, sagte Monica Spångberg scharf. »Aber mir sind schon seit … na ja, seit zwei Jahren keine Klagen mehr über ihn zu Ohren gekommen.«
»Der Polizeipräsident da oben ist ja ein alter Bekannter von Paulsson und hat wohl versucht, seine schützende Hand über ihn zu halten. Er hat es gut gemeint, und das soll auch gar keine Kritik an ihm sein. Aber in der Nacht hat Paulsson sich so befremdlich aufgeführt, dass mehrere Kollegen die Sache gemeldet haben.«
»In welcher Hinsicht?«
Marcus Erlander warf einen verstohlenen Blick auf Sonja Modig und Jerker Holmberg. Er schämte sich offenbar, vor den Kollegen aus Stockholm Mängel in seiner Truppe bloßzulegen.
»Das Sonderbarste war wohl, dass er einen Kollegen von der Spurensicherung mit der Inventarisierung aller Gegenstände in dem Holzschuppen beauftragt hat, in dem man Zalatschenko gefunden hatte.«
»Inventarisierung eines Holzschuppens?«, vergewisserte sich Spångberg.
»Ja … also, er wollte wissen, wie viele Holzscheite sich darin befanden. Damit der Bericht korrekt ist.«
Beredtes Schweigen rund um den Konferenztisch.
Erlander fuhr rasch fort: »Am Morgen hat sich herausgestellt, dass Paulsson mindestens zwei Psychopharmaka einnimmt, Xanor und
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