Vergebung
dass Niedermann und sie die Morde gemeinsam begangen haben?«
»Das bezweifle ich. Und ich würde diese Theorie auch keinesfalls öffentlich äußern.«
»Aber was hat sie dann damit zu tun?«
»Diese Geschichte ist extrem kompliziert. Wie Mikael Blomkvist von Anfang an behauptet hat, geht es um diese Figur Zala … Alexander Zalatschenko.«
Bei dem Namen Mikael Blomkvist zuckte Staatsanwalt Ekström sichtlich zusammen.
»Zala ist offenbar ein skrupelloser ehemaliger russischer Auftragskiller, noch aus der Zeit des Kalten Krieges«, fuhr Bublanski fort. »Er ist in den 70er-Jahren hierhergekommen und wurde Lisbeth Salanders Vater. Eine Gruppe innerhalb der SiPo hat ihn unterstützt, und als er Verbrechen beging, hat man sie vertuscht. Ein Polizist der SiPo hat auch dafür gesorgt, dass Salander in eine pychiatrische Kinderklinik gesperrt wurde, als sie 13 Jahre alt war und durch sie das Geheimnis um Zalatschenko zu platzen drohte.«
»Sie verstehen sicher, dass das alles höchst brisant klingt. Das ist nicht unbedingt die Art Geschichte, mit der wir an die Öffentlichkeit gehen könnten. Wenn ich das recht verstanden habe, unterliegt die ganze Sache mit Zalatschenko sowieso der Geheimhaltung.«
»Trotzdem entspricht sie der Wahrheit. Ich habe hier schriftliche Beweise.«
»Darf ich mal sehen?«
Bublanski schob ihm die Mappe mit dem Polizeibericht von 1991 über den Tisch. Ekström betrachtete nachdenklich den Stempel, der das Dokument offiziell für geheim erklärte, und das Aktenzeichen, das er sofort als eines von SiPo identifizierte. Er blätterte die knapp hundert Seiten durch und las aufs Geratewohl ein paar Stellen. Schließlich legte er den Bericht beiseite.
»Wir müssen versuchen, das Ganze ein bisschen runterzuspielen, damit uns die Situation nicht völlig entgleitet. Lisbeth Salander wurde also ins Irrenhaus gesperrt, weil sie versuchte, ihren Vater umzubringen … diesen Zalatschenko. Und jetzt hat sie ihrem Vater eine Axt in den Schädel geschlagen. Das ist auf jeden Fall ein Mordversuch. Und sie muss festgenommen werden, weil sie in Stallarholmen auf Magge Lundin geschossen hat.«
»Sie können festnehmen, wen Sie wollen, aber an Ihrer Stelle wäre ich ein bisschen vorsichtig.«
»Das gibt einen ungeheuren Skandal, wenn diese ganze Geschichte mit der SiPo durchsickert.«
Bublanski zuckte mit den Achseln. In seiner Arbeitsbeschreibung stand, dass er Verbrechen aufklären, nicht Skandale vertuschten sollte.
»Dieser Mistkerl von der SiPo, Gunnar Björck, was wissen wir über seine Rolle?«
»Er ist einer der Hauptakteure. Er wohnt in Smådalarö und ist im Moment wegen eines Bandscheibenvorfalls krankgeschrieben.«
»Okay … das mit der SiPo verschweigen wir vorerst. Jetzt geht es erst einmal um den Polizistenmord und nichts anderes. Unsere Aufgabe besteht nicht darin, Verwirrung zu stiften.«
»Es dürfte ziemlich schwierig werden, das zu verheimlichen.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich hab Curt Svensson losgeschickt, um Björck zum Verhör zu holen.« Bublanski warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Das dürfte in diesem Moment geschehen.«
»Was?«
»Ich hatte eigentlich vorgehabt, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, aber dann ist mir dieser Polizistenmord dazwischengekommen.«
»Ich habe Ihnen nicht die Erlaubnis gegeben, Björck festzunehmen.«
»Das stimmt. Aber es ist ja auch gar keine Verhaftung. Ich hole ihn nur zu einem Verhör aufs Revier.«
»Das gefällt mir alles gar nicht.«
Bublanski beugte sich vor und warf Ekström einen fast freundschaftlichen Blick zu, als er sagte:
»Richard … die Lage ist folgendermaßen: Lisbeth Salander war einer Reihe von Übergriffen seitens der Justiz ausgesetzt, die schon in ihrer Kindheit begonnen haben. Ich habe nicht vor, das so weiterlaufen zu lassen. Sie können mich als Leiter der Ermittlung absetzen, aber in diesem Fall würde ich mich gezwungen sehen, einen scharf formulierten Bericht über die Sache zu schreiben.«
Richard Ekström sah aus, als hätte er gerade in etwas Saures gebissen.
Gunnar Björck, stellvertretender Chef der Auslandsabteilung der Sicherheitspolizei, machte die Tür seines Sommerhäuschens in Smådalarö auf und erblickte einen kräftigen Mann mit kurzen blonden Haaren in schwarzer Lederjacke.
»Ich suche Gunnar Björck.«
»Das bin ich.«
»Curt Svensson von der Stockholmer Polizei.«
Der Mann hielt seinen Dienstausweis hoch.
»Ja?«
»Sie werden gebeten, nach Kungsholmen mitzukommen, um
Weitere Kostenlose Bücher