Vergebung
übergehen.«
»Okay.«
Clinton schwieg einen Moment.
»Am besten wäre es ja, wenn es überhaupt nicht zu diesem Prozess kommen würde …«, sagte er schließlich.
Er hob den Blick und sah Nyström in die Augen. Nyström nickte. Sandberg nickte. Es war ein Augenblick stummen Einverständnisses.
»Nyström, überprüf doch einfach mal, was es da für Möglichkeiten geben könnte.«
Jonas Sandberg und der Schlosser Lars Faulsson, besser bekannt als »Falun«, parkten ein Stück von den Schienen entfernt und gingen zu Fuß nach Morgongåva. Es war halb neun Uhr abends - noch zu hell und zu früh, um etwas zu unternehmen, aber sie wollten das Gelände auskundschaften und sich einen Überblick verschaffen.
»Wenn das Gebäude alarmgesichert ist, will ich lieber nicht da rein«, erklärte Falun.
Sandberg nickte.
»Dann ist es wohl besser, erst mal durchs Fenster zu sehen. Wenn dort irgendwas Interessantes rumliegt, werfen Sie die Scheibe mit einem Stein ein, greifen es sich und rennen weg, so schnell Sie können.«
»In Ordnung«, sagte Sandberg.
»Wenn Sie nur ein Exemplar der Zeitschrift benötigen, könnten wir auch einfach nachsehen, ob auf der Rückseite des Gebäudes ein Müllcontainer steht. Es muss ja auch Abfälle von Probedrucken und so was geben.«
Hallvigs Druckerei war in einem niedrigen Backsteingebäude untergebracht. Sie näherten sich von der anderen Straßenseite. Sandberg wollte gerade die Straße überqueren, da packte ihn Falun am Ellbogen.
»Gehen Sie weiter geradeaus«, sagte er.
»Warum denn?«
»Gehen Sie weiter geradeaus, als würden wir gerade einen Abendspaziergang machen.«
Sie gingen an der Druckerei vorbei und drehten eine Runde um den Block.
»Was war denn los?«, wollte Sandberg wissen.
»Sie müssen schon genau hingucken. Das Gebäude ist nicht nur alarmgesichert. Daneben parkte auch noch ein Auto.«
»Sie meinen, dort ist jemand?«
»Das war ein Auto von Milton Security. Verdammt, diese Druckerei wird ja richtig schwer bewacht.«
»Milton Security?«, rief Fredrik Clinton aus. Er spürte den Schock in der Magengrube.
»Wäre Falun nicht gewesen, wäre ich ihnen direkt in die Arme gelaufen«, gab Jonas Sandberg zu.
»Da ist doch irgendeine Schweinerei im Gange«, sagte Nyström. »Anders lässt sich nicht erklären, warum eine kleine Provinzdruckerei von Milton Security bewacht wird.«
Clinton nickte. Sein Mund war nur noch ein schmaler Strich. Es war elf Uhr abends, und er musste sich jetzt langsam ausruhen.
»Was bedeutet, dass Millennium irgendwas im Schilde führt«, ergänzte Sandberg.
»Das habe ich auch kapiert«, erwiderte Clinton. »Okay. Wir wollen die Situation analysieren. Was wäre das schlimmste denkbare Szenario? Was könnten sie wissen?«
Er sah Nyström auffordernd an.
»Es muss der Salander-Bericht von 1991 sein«, meinte er. »Sie haben ihre Sicherheitsmaßnahmen erhöht, nachdem wir die Kopien gestohlen hatten. Sie müssen verstanden haben, dass sie überwacht werden. Schlimmstenfalls haben sie noch eine weitere Kopie des Berichts.«
»Aber Blomkvist war doch völlig verzweifelt, dass sie den Bericht verloren hatten.«
»Ich weiß. Aber wir könnten ja auch in eine Falle getappt sein. Vor dieser Möglichkeit dürfen wir nicht die Augen verschließen.«
Clinton nickte.
»Wir gehen mal davon aus. Sandberg?«
»Wir wissen ja, wie Salanders Verteidigung aussehen soll. Sie erzählt die Wahrheit, wie sie sie erlebt hat. Ich habe diese sogenannte Autobiografie noch einmal gelesen. Die kommt uns sogar zugute. Sie enthält so schwere Anschuldigungen wegen Vergewaltigung und Übergriffen vonseiten der Justiz, dass das Ganze aussehen wird wie die wilden Fantasien einer chronischen Lügnerin.«
Nyström nickte.
»Außerdem kann sie ihre Behauptungen nicht im Geringsten beweisen. Ekström wird diese Darstellung gegen sie verwenden und ihre Glaubwürdigkeit noch stärker in Zweifel ziehen.«
»Okay. Teleborians neues Gutachten ist hervorragend. Dann gibt es natürlich noch die Möglichkeit, dass Giannini einen eigenen Experten aus dem Hut zaubert, der behauptet, Salander sei gar nicht verrückt, und dann landet das Ganze vor dem Amt für Rechtsmedizin. Aber auch hier gilt dasselbe - wenn Salander ihre Taktik nicht ändert, wird sie sich weigern, mit ihm zu sprechen, und dann wird man zu dem Ergebnis kommen, dass Teleborian recht hat und sie tatsächlich verrückt ist. Ihr schlimmster Feind ist sie selbst.«
»Trotzdem, es wäre immer
Weitere Kostenlose Bücher