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Vergebung

Vergebung

Titel: Vergebung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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Zumindest setzen wir darauf.«
    Staatsanwalt Ekström hatte seine Bifokalbrille zu Hause vergessen und musste jedes Mal die Brille auf die Stirn schieben und blinzeln, wenn er seine Notizen entziffern wollte. Er fuhr sich rasch über den blonden Kinnbart, bevor er seine Brille wieder aufsetzte und sich im Saal umsah.
    Lisbeth Salander saß kerzengerade da und betrachtete den Staatsanwalt mit einem unergründlichen Blick. Ihr Gesicht und ihre Augen verrieten keine Regung. Sie sah aus, als wäre sie gar nicht richtig anwesend. Es war so weit, jetzt sollte das Verhör des Staatsanwalts beginnen.
    »Ich möchte Frau Salander daran erinnern, dass sie unter Eid steht«, erklärte Ekström.
    Lisbeth Salander verzog keine Miene. Staatsanwalt Ekström schien sich irgendeine Reaktion zu erwarten und wartete ein paar Sekunden. Er zog die Augenbrauen hoch.
    »Sie sagen also unter Eid aus«, wiederholte er.
    Lisbeth legte den Kopf ein wenig auf die Seite. Annika Giannini war damit beschäftigt, irgendetwas im Protokoll der Voruntersuchung durchzulesen, und schien völlig uninteressiert an Ekströms Bemühungen. Nach einer Weile drückenden Schweigens sammelte Ekström seine Papiere zusammen und räusperte sich.
    »Also«, sagte er mit betont vernünftigem Ton. »Wenden wir uns direkt den Ereignissen vom 6. April dieses Jahres zu, die ja auch Ausgangspunkt für meine Darlegungen heute Morgen waren. Wir wollen versuchen, Klarheit in die Frage zu bringen, warum Sie nach Stallarholmen gefahren sind und Carl-Magnus Lundin angeschossen haben.«
    Ekström sah Lisbeth Salander auffordernd an. Sie verzog immer noch keine Miene. Auf einmal sah der Staatsanwalt resigniert aus, hob ratlos die Hände und warf dem Vorsitzenden einen fragenden Blick zu. Richter Iversen wirkte nachdenklich. Er sah zu Annika Giannini hinüber, die immer noch in ihre Papiere vertieft war.
    Richter Iversen räusperte sich und sah Lisbeth an.
    »Sollen wir Ihr Schweigen so deuten, dass Sie keine Fragen beantworten wollen?«, erkundigte er sich.
    Lisbeth Salander wandte den Kopf und sah ihm in die Augen.
    »Ich antworte gern auf Fragen«, gab sie zurück.
    Richter Iversen nickte.
    »Dann könnten Sie ja vielleicht so nett sein, meine Frage zu beantworten«, mischte sich Ekström wieder ein.
    Lisbeth Salander wandte ihren Blick wieder dem Staatsanwalt zu. Sie schwieg weiter.
    »Könnten Sie bitte auf die Frage antworten?«, half Richter Iversen nach.
    »Welche Frage? Bis jetzt hat er«, sie nickte in Ekströms Richtung, »nur eine Reihe unbestätigter Behauptungen ausgesprochen. Eine Frage habe ich dabei nicht gehört.«
    Annika Giannini hob den Blick. Sie stützte den Ellbogen auf den Tisch, legte das Kinn in die Hand und wirkte plötzlich wieder interessiert.
    Staatsanwalt Ekström verlor für einen Moment den Faden.
    »Könnten Sie so freundlich sein, die Frage zu wiederholen?«, schlug Richter Iversen vor.
    »Ich habe gefragt, ob … Sie zu Bjurmans Sommerhäuschen in Stallarholmen gefahren sind in der Absicht, auf Carl-Magnus Lundin zu schießen.«
    »Nein, Sie haben gesagt, Sie wollten versuchen, Klarheit in die Frage zu bringen, warum ich nach Stallarholmen gefahren bin und auf Carl-Magnus Lundin geschossen habe. Das war keine Frage. Das war eine allgemeine Behauptung, mit der Sie meiner Antwort vorgegriffen haben. Ich bin nicht verantwortlich für Ihre Behauptungen.«
    »Reiten Sie jetzt nicht auf der Formulierung herum. Beantworten Sie die Frage.«
    »Nein.«
    Schweigen.
    »Was nein?«
    »Ist die Antwort auf Ihre Frage.«
    Staatsanwalt Ekström seufzte. Das würde ein langer Tag werden. Lisbeth Salander betrachtete ihn erwartungsvoll.
    »Vielleicht ist es am besten, wenn wir ganz von vorn anfangen«, sagte er. »Befanden Sie sich am Nachmittag des 6. April im Sommerhäuschen des verstorbenen Anwalts Bjurman?«
    »Ja.«
    »Wie sind Sie dort hingekommen?«
    »Ich bin mit dem Zug bis Södertälje gefahren und habe von dort den Bus nach Strängnäs genommen.«
    »Aus welchem Grund sind Sie nach Stallarholmen gefahren? Hatten Sie ein Treffen mit Carl-Magnus Lundin und seinem Freund Sonny Nieminen ausgemacht?«
    »Nein.«
    »Wie kam es dann, dass die beiden dort aufgetaucht sind?«
    »Das müssen Sie die beiden fragen.«
    »Ich frage aber Sie.«
    Lisbeth Salander antwortete nicht.
    Richter Iversen räusperte sich.
    »Ich nehme an, Frau Salander antwortet nicht, weil Sie, rein semantisch betrachtet, wieder eine Behauptung ausgesprochen haben«, kam er dem

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