Vergebung
Pressekonferenz im Polizeipräsidium Kungsholmen gesagt wurde. Staatsanwalt Ekström erklärte zunächst, dass die Ermittlungen im Fall des Polizistenmordes in Gosseberga zwar in den Zuständigkeitsbereich des Staatsanwalts im Gerichtsbezirk Göteborg fielen, die Ermittlungen in Sachen Niedermann jedoch in seinen eigenen Händen liegen sollten. Ronald Niedermann werde nicht nur des Mordes an dem Polizisten, sondern auch des Mordes an Dag Svensson und Mia Bergman verdächtigt. Ermittelt werde auch gegen Lisbeth Salander, der eine lange Reihe von Verbrechen zur Last gelegt würden.
Ekström erklärte, er habe beschlossen, mit Informationen an die Öffentlichkeit zu gehen, und zwar aufgrund der heutigen Ereignisse in Göteborg, also der Erschießung von Salanders Vater Karl Axel Bodin. Die in der Presse kursierenden Theorien könne er allesamt dementieren.
»Ausgehend von den Angaben, die mir im Moment zur Verfügung stehen, kann ich sagen, dass Bodins Tochter, die des Mordversuchs an ihrem Vater beschuldigt wird, nichts mit den heutigen Geschehnissen zu tun hat.«
»Wer war der Mörder?«, rief ein Reporter vom Dagens Eko dazwischen.
»Der Mann, der um 13 Uhr 15 die tödlichen Schüsse auf Karl Axel Bodin abgab und danach einen Selbstmordversuch unternahm, ist bereits identifiziert. Es handelt sich um einen 78-jährigen Rentner, der schon seit einer Weile wegen einer tödlichen Krankheit und den damit verbundenen psychischen Problemen in Behandlung ist.«
»Gibt es irgendeine Verbindung zwischen ihm und Lisbeth Salander?«
»Nein. Das können wir mit Sicherheit sagen. Die zwei sind sich nie begegnet und kennen sich nicht. Der 78-jährige Mann ist eine tragische Figur, die auf eigene Faust und unter Einfluss deutlich paranoider Wahnvorstellungen gehandelt hat. Die Sicherheitspolizei hatte erst vor Kurzem eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet, weil er mehrere wirre Briefe an bekannte Politiker und bestimmte Medien gerichtet hatte. Heute Morgen trafen Briefe dieses Mannes bei Zeitungen und Behörden ein, in denen er mit der Ermordung von Karl Axel Bodin droht.«
»Warum hat die Polizei Bodin nicht geschützt?«
»Die Briefe, in denen er bedroht wird, wurden erst gestern Abend abgeschickt. Man hatte keine Zeit mehr zu handeln.«
»Wie heißt der Verfasser der Briefe?«
»Wir wollen diese Information derzeit noch nicht herausgeben, weil zuerst seine Angehörigen benachrichtigt werden sollen.«
»Was hat er für einen Hintergrund?«
»Er hat früher als Wirtschaftsprüfer und Jurist für Steuerfragen gearbeitet. Seit fünfzehn Jahren ist er pensioniert. Die Ermittlungen laufen noch, aber wie Sie aus seinen Briefen ersehen können, ist dies eine Tragödie, die vielleicht hätte verhindert werden können, wenn die Gesellschaft aufmerksamer gewesen wäre.«
»Hat er auch andere Personen bedroht?«
»Eine entsprechende Information ist mir übermittelt worden, ja, aber nähere Details sind mir nicht bekannt.«
»Was bedeutet das alles für den Fall Salander?«
»Vorerst gar nichts, wir haben ja Bodins Zeugenaussage aus dem polizeilichen Verhör, und wir haben umfassende kriminaltechnische Beweise gegen sie.«
»Wie steht es mit den Behauptungen, dass Bodin versucht haben soll, seine Tochter umzubringen?«
»Das ist Gegenstand unserer Ermittlungen, aber es bestehen massive Zweifel, dass diese Annahme den Tatsachen entspricht. Soweit wir das momentan erkennen können, ging es hier um schwere Konflikte in einer tragisch zerrütteten Familie.«
Gunnar Björck spürte Panik, als ihm die Nachricht von den Schüssen im Sahlgrenska-Krankenhaus zu Ohren kam. Er hatte schreckliche Rückenschmerzen.
Zunächst blieb er über eine Stunde lang unschlüssig sitzen. Dann hob er den Hörer ab und versuchte seinen alten Beschützer Evert Gullberg in Laholm anzurufen. Niemand ging ans Telefon.
Er hörte sich die Nachrichten an und erfuhr so, was auf der Pressekonferenz der Polizei gesagt worden war. Zalatschenko erschossen von einem 78-jährigen durchgedrehten Rechthaber.
Herrgott. 78.
Abermals versuchte er es vergeblich bei Evert Gullberg.
Schließlich gewannen Panik und Besorgnis die Oberhand. Er konnte nicht mehr in dieser Wohnung in Smådalarö bleiben. Er fühlte sich umzingelt und schutzlos. Er brauchte jetzt Zeit zum Nachdenken. Also packte er eine Tasche mit Kleidung, schmerzstillenden Medikamenten und seinem Kulturbeutel. Sein Telefon wollte er nicht mehr benutzen, also blieb er bei einer Telefonzelle neben dem
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