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Vergebung

Vergebung

Titel: Vergebung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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vielleicht beschattet würdee.
    Das war wieder mal typisch Blomkvist. Christer war nie ganz sicher, ob Mikael von Natur aus paranoid war oder ob er paranormale Begabungen besaß. Seit den Vorfällen in Gosseberga war Mikael sehr verschlossen und redete nicht gern. Was nicht ungewöhnlich war, wenn er an einer heiklen Story saß - dieselbe Besessenheit und Geheimnistuerei hatte Christer auch schon im Zusammenhang mit der Wennerström-Affäre erlebt, aber diesmal war es deutlicher als je zuvor.
    Doch Christer wurde rasch klar, dass Mikael tatsächlich beschattet wurde. Er fragte sich, was für ein Riesenärger jetzt wohl wieder im Anzug war und höchstwahrscheinlich erneut Zeit, Kraft und Ressourcen ihrer Zeitschrift in Anspruch nehmen würde. Christer fand, dass der Zeitpunkt für eine neuerliche Blomkvisterei äußerst ungünstig gewählt war, jetzt, da die Chefredakteurin zum Großen Drachen übergelaufen und Millenniums mühsam wiedergewonnene Stabilität bedroht war.
    Er stand auf und schlenderte dem Mann hinterher, der sich an Mikaels Fersen geheftet hatte - was nicht zu seinem Auftrag gehörte. Aber dann verlor er ihn schon auf der Långholmsgatan aus den Augen.
     
    Sowie Mikael Blomkvist klar geworden war, dass sein Telefon höchstwahrscheinlich abgehört wurde, beauftragte er Henry Cortez, einige gebrauchte Handys zu kaufen. Cortez trieb für einen Apfel und ein Ei eine billige Restpartie Ericsson T10 auf. Mikael eröffnete anonyme Konten bei Comviq. Dann verteilte er die Reservetelefone an Malin Eriksson, Henry Cortez, Annika Giannini, Christer Malm, Dragan Armanskij und sich selbst. Sie benutzten sie nur für Gespräche, die absolut nicht belauscht werden durften. Der normale Telefonverkehr sollte weiterhin über ihre öffentlichen Nummern laufen. Was natürlich bedeutete, dass sie ab jetzt ständig zwei Handys mit sich herumschleppen mussten.
    Mikael fuhr vom »Copacabana« zur Redaktion, wo Henry Cortez gerade Wochenend-Bereitschaftsdienst schob. Seit dem Mord an Zalatschenko hatte Mikael einen Bereitschaftsdienst eingerichtet, damit die Redaktion immer besetzt war und auch nachts jemand in den Räumen schlief. Die Liste umfasste neben ihm selbst Henry Cortez, Malin Eriksson und Christer Malm. Weder Lottie Karim noch Monika Nilsson oder Marketingchef Sonny Magnusson zählten dazu. Sie waren nicht einmal gefragt worden. Lottie Karim hatte schreckliche Angst im Dunkeln und hätte um nichts in der Welt allein in der Redaktion geschlafen. Monika Nilsson hatte zwar nicht die geringste Angst im Dunkeln, war jedoch der Typ, der tagsüber wie besessen schuftete, am Abend aber pünktlich Schluss machte. Und Sonny Magnusson war 61 Jahre alt, hatte mit der redaktionellen Arbeit nichts zu tun und wollte außerdem bald seinen Urlaub antreten.
    »Gibt’s was Neues?«, erkundigte sich Mikael.
    »Nichts Besonderes«, erwiderte Henry. »Die Nachrichten heute drehen sich alle um den 1. Mai.«
    Mikael nickte.
    »Ich werd hier jetzt ein paar Stunden sitzen. Nimm dir frei und komm einfach heute Abend um neun wieder.«
    Als Henry Cortez verschwunden war, ging Mikael zu seinem Schreibtisch und nahm sein anonymes Handy heraus. Damit rief er den freien Journalisten Daniel Olofsson in Göteborg an. Millennium hatte im Laufe der Jahre mehrere Texte von Olofsson veröffentlicht, und Mikael hatte großes Vertrauen in dessen journalistische Fähigkeiten, wenn es um grundlegende Recherchen ging.
    »Hallo, Daniel. Hier ist Mikael Blomkvist. Hast du gerade ein bisschen Zeit?«
    »Ja.«
    »Ich hätte da einen Rechercheauftrag. Du kannst eine Rechnung über fünf Tage ausstellen, und das Ganze wird auf keinen Artikel hinauslaufen. Oder besser gesagt - du kannst gerne einen Text zum Thema schreiben, und den veröffentlichen wir dann auch, aber im Moment brauchen wir nur die Recherche.«
    »Schieß los.«
    »Es ist ein bisschen heikel. Du darfst mit niemand darüber sprechen, und du darfst auch nur über Hotmail mit mir kommunizieren. Ich will nicht mal, dass du irgendjemand von deiner Recherche für Millennium erzählst.«
    »Geht klar. Was brauchst du denn?«
    »Ich möchte von dir eine Arbeitsplatzreportage vom Sahlgrenska-Krankenhaus. Wir nennen die Reportage ›Emergency Room‹. Sie soll den Unterschied zwischen der Wirklichkeit und der Fernsehserie herausarbeiten. Ich möchte, dass du für ein paar Tage die Arbeit in der Notaufnahme und auf der Intensivstation verfolgst. Sprich mit Ärzten, Schwestern, dem Reinigungspersonal und

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