Vergebung
allen, die dort arbeiten. Wie sind die Arbeitsbedingungen? Was tun sie? All so was. Mit Bildern natürlich.«
»Die Intensivstation auch?«, vergewisserte sich Olofsson.
»Ja. Ich will, dass du dich auf die Folgebehandlung schwer verletzter Patienten auf dem Flur 11 C konzentrierst. Ich will wissen, wie der Flur auf einer Grundrisszeichnung aussieht, wer dort arbeitet und was die Angestellten für einen Hintergrund haben.«
»Hmm«, machte Daniel Olofsson. »Wenn ich nicht ganz falschliege, wird auf 11C eine gewisse Lisbeth Salander gepflegt.«
Er war auch kein heuriger Hase.
»Tatsächlich?«, sagte Mikael Blomkvist. »Interessant. Finde doch raus, in welchem Zimmer sie liegt, was sich in den angrenzenden Räumen befindet und welche Routinen sich rund um sie abspielen.«
»Ich beginne zu ahnen, dass es bei dieser Reportage um etwas ganz anderes geht«, meinte Daniel Olofsson.
»Wie gesagt … ich will nur die Recherche.«
Sie tauschten ihre Hotmail-Adressen aus.
Lisbeth Salander lag rücklings auf dem Boden, als Schwester Marianne hereinkam.
»Hmm«, sagte Schwester Marianne und brachte damit ihren Zweifel zum Ausdruck, dass der Fußboden ein geeigneter Aufenthaltsort für eine schwer verletzte Patientin war. Aber sie akzeptierte es, da dies der einzige Ort war, an dem ihre Patientin ihre Übungen absolvieren konnte.
Nachdem Lisbeth Salander dreißig Minuten lang versucht hatte, gemäß den Anweisungen ihres Physiotherapeuten all die Liegestützen und Dehnungsübungen und Sit-ups durchzuführen, war sie völlig durchgeschwitzt. Es war eine ganze Reihe spezieller Bewegungen, die sie jeden Tag ausführen sollte, um nach der drei Wochen zurückliegenden OP die Muskulatur in Schulter und Hüfte zu stärken. Keuchend stellte sie fest, dass sie völlig außer Form war. Sie wurde sehr schnell müde, und bei der geringsten Anstrengung zog und schmerzte ihre Schulter. Doch sie befand sich zweifellos auf dem Weg der Besserung. Das Kopfweh, das sie in der ersten Zeit nach der OP gequält hatte, war am Abklingen und trat nur noch sporadisch auf.
Sie selbst fand sich schon wieder so gesund, dass sie jederzeit aus dem Krankenhaus hinausmarschiert oder zumindest hinausgehinkt wäre, wenn man sie denn gelassen hätte. Aber das war nicht möglich, zum einen weil die Ärzte sie noch nicht wieder für gesund erklärt hatten, zum andern weil die Tür von einem verdammten Wachmann der Firma Securitas bewacht wurde, der auf einem Stuhl im Flur saß.
Doch sie war gesund genug, um in die normale Reha-Abteilung verlegt zu werden. Nach einigem Hin und Her zwischen Polizei und Krankenhausleitung kam man überein, dass Lisbeth bis auf Weiteres in Zimmer 18 bleiben sollte, da dieses Zimmer leicht zu bewachen war.
Ihr Aufenthalt im Sahlgrenska würde jedenfalls noch ein paar Wochen dauern. Sobald die Ärzte sie gesundschrieben, sollte sie ins Untersuchungsgefängnis Kronoberg in Stockholm verlegt werden, um dort auf ihren Prozess zu warten. Und die Person, die über den Zeitpunkt bestimmen sollte, war Dr. Anders Jonasson.
Nach den Schüssen in Gosseberga hatte es ganze zehn Tage gedauert, bis Dr. Jonasson der Polizei erlaubt hatte, ein erstes richtiges Verhör durchzuführen, was in Annika Gianninis Augen bemerkenswert war. Leider warf er aber auch ihr so manchen Knüppel zwischen die Beine, wenn sie ihre Mandantin besuchen wollte. Und das war wiederum irritierend.
Nach dem Tumult rund um den Mord an Zalatschenko hatte er Lisbeth Salanders Zustand aufs Gründlichste untersucht und dabei auch die Tatsache berücksichtigt, dass sie wohl besonders großem Stress ausgesetzt gewesen war, als man sie des dreifachen Mordes verdächtigte. Dr. Jonasson hatte keine Ahnung, ob sie schuldig oder unschuldig war, und als Arzt interessierte er sich auch nicht im Geringsten für diese Frage. Er sollte nur beurteilen, ob Lisbeth Salander unter Stress gestanden hatte. Drei Kugeln waren in ihren Körper eingedrungen, eine davon ins Gehirn, die sie beinahe umgebracht hätte. Sie hatte Fieber, das einfach nicht zurückgehen wollte, und dazu starke Kopfschmerzen.
So ging er lieber auf Nummer sicher. Ob Mordverdächtige oder nicht, sie war seine Patientin, und es war seine Aufgabe, für ihre baldige Genesung zu sorgen. Daher ordnete er ein Besuchsverbot an, das nichts mit dem juristisch motivierten Besuchsverbot der Staatsanwältin zu tun hatte. Er verordnete Medikamente und absolute Ruhe.
Da Anders Jonasson eine totale Isolierung jedoch für
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