Vergeltung
nach Ihnen gesucht.«
»Wir müssen nach einem Golfschläger suchen. Die Rechtsmediziner
haben uns gerade gesagt, dass Anna Gudbergsen vermutlich mit einem Golfschläger
niedergeschlagen wurde, als sie die Schranke passiert hat.«
»Ich gebe das an die Medien weiter. Wir können jede Hilfe
gebrauchen«, brummte Teit Jørgensen. »Was soll übrigens mit Alex Pedersen
passieren? Haben wir genug, um ihn weiter in Untersuchungshaft zu halten?«
»Leider nein.« Rebekka zögerte kurz. »Ich bin der Überzeugung, dass
er nichts mit dem Mord zu tun hat.«
»Mit dieser Meinung stehen Sie ziemlich allein da. Ihre Kollegen
sind felsenfest davon überzeugt, dass Alex Pedersen der Täter ist. Michael
glaubt das auch.«
Das Gespräch kam ins Stocken, und Rebekka spürte Ärger in sich
aufsteigen. Hatten die anderen denn vollständig den Verstand verloren? Dieser
Verdacht basierte auf einer mehr als fragwürdigen Grundlage.
»Ich bleibe trotzdem bei meiner Meinung. Oder wollen Sie meine
Kompetenzen infrage stellen?«
»In keinster Weise. Ich benutze nur meinen logischen Verstand. Alex
Pedersen hat zugegeben, dass er gewusst hat, wer Anna Gudbergsen war. Ich
glaube, dass er heimlich in Anna verliebt war. Samstagabend hat er sie endlich
angesprochen, er will sie, sie weist ihn ab, er wird wütend, dann tötet er sie.
Darüber hinaus hat er sich früher schon einmal an einer Freundin vergriffen und
ist wegen Körperverletzung verurteilt worden. Was wollen Sie mehr?«
»Beweise. Es gibt keine forensischen Spuren, die Alex Pedersen mit
dem Mord in Verbindung bringen, absolut nichts. Außerdem weist vieles darauf
hin, dass der Mord geplant war. Der Ast auf dem Weg, der sie zum Anhalten
gezwungen hat, der Golfschläger, mit dem sie vermutlich niedergeschlagen wurde,
die Art, wie die Leiche dalag. Das alles ist nicht zufällig. Alex Pedersen ist
ein schlampiger, chaotischer Typ und das ist Annas Mörder nicht.«
»Ich weiß nur, dass Alex Pedersen ein gemeiner Gewalttäter ist. Er
ist gegenüber seiner Exfreundin Amok gelaufen. Ich habe die Akte hier. Das ist
harter Tobak. Diesmal ist er zu weit gegangen. Deshalb ist er auch abgehauen.«
Ein Zweifel, wenn auch ein leiser, meldete sich bei ihr. Hatte sie
etwas übersehen? Alex Pedersen war wütend gewesen. Er war schon früher wegen Körperverletzung
verurteilt worden. Er war in der Diskothek gewesen und von Anna abgewiesen
worden. Menschen töteten aus geringeren Gründen, in manchen Kreisen reichte das
Verlangen nach einer Zigarette. Das hatte die Geschichte unzählige Male
gezeigt. Annas Mörder musste sie aus tiefstem Herzen gehasst haben. Alles
deutete darauf hin, dass der Mord bis ins kleinste Detail geplant war. Rebekka
streckte sich zur Sonne hin. Sie war sich ihrer Sache sicher. So etwas würde
Alex Pedersen nie tun. Ganz im Gegenteil, er war ein Mann, der von seinen
Impulsen gesteuert wurde.
»Seine Wohnung wird gerade durchsucht. Aber leider hatte er
inzwischen mehrere Stunden Zeit, die Mordwaffen verschwinden zu lassen. Wenn
wir forensische Spuren, welcher Art auch immer, finden, dann …« Teit Jørgensens
Stimme stieg vor Erregung um eine Oktave. Rebekka kommentierte seine Aussage
nicht.
»Wir sind in ein paar Stunden zurück. So gegen 18.00 Uhr. Wenn Sie
wirklich darauf bestehen, können wir Alex noch bis morgen früh in Untersuchungshaft
halten. Setzen wir für morgen um sieben Uhr ein Briefing an«, sagte sie und
klappte das Handy laut zu.
In dem Moment kam Michael aus dem rechtsmedizinischen Institut. Er
hob die Hand zum Gruß, eine Geste, die sie nur widerwillig erwiderte.
Hinterging er sie? War er sich mit dem Rest der Gruppe einig, dass Alex Pedersen
der Täter war, ohne sie in seine Ansichten einzuweihen?
Sie fuhren schweigend zurück nach Ringkøbing. Michael konzentrierte
sich aufs Fahren, Rebekka schob Kopfschmerzen vor.
Sie bat ihn, sie am Fruerwald abzusetzen.
Er bot ihr seine Hilfe an, sie lehnte höflich ab.
»Wir sehen uns morgen früh.« Sie zwang sich zu lächeln. Er nickte
nur, drehte um und verschwand.
—
Der Bekkasinvej grenzte
direkt an den Fruerwald und war die bei Weitem beste Adresse der Stadt. Nur einige
Minuten bis zum Wald und zum Fjord und nur wenige hundert Meter bis in die
Stadt.
In der Straße stand selten ein Haus
zum Verkauf, und die wenigen, die zu erwerben waren, gingen zu obszön hohen
Preisen weg. Am Ende der Straße, in einer schönen, restaurierten
Backsteinvilla, wohnten Jane und John Mathiesen, der legendäre
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