Vergeltung unter Palmen
peinliche Stille, indem er ihn fragte: »Du beharrst doch so auf die Ehrlichkeit! Gehe ich davon aus, dass es dich jetzt doch belastet? Eben fandest du es noch lustig!« Jeremy goss sich selbst noch mal Kaffee nach und meinte mit rauer Stimme: »Ich habe nicht angenommen, dass es bei euch so weit gekommen ist. Wir hatten es ja auch rechtzeitig bemerkt!«, dabei entging ihm Lauras bittender Blick nicht. »Okay!«, rief er und setzte ein gezwungenes Lächeln auf. »Diese bizarre Situation ist nun nicht mehr ungeschehen zu machen. Ich hoffe, du bist nicht besser als ich und ihr hat es letztendlich noch gefallen!«, scherzte er leidgeprüft.
Terence dachte wieder leicht schmunzelnd an Jasmins Aussage, und sie konnte die Gedanken in seinen Augen lesen. »Nun, das bleibt unser Geheimnis, nicht wahr Jasmin?«, meinte er erleichtert, als er sah, wie Jeremy es aufnahm. Sie lächelte nervös zurück. »Ich hoffe, wir finden jetzt ein anderes Thema. So prekär es auch ist, wir dürfen es nicht hochspielen. Wie wäre es, wenn wir baden gehen? Ich glaube, eine Erfrischung wird uns guttun.«
»Oh ja, lasst uns die Badesachen anziehen!«, rief Laura freudestrahlend. Jeremy konterte instruktiv: »Ach was, … da wir parallel zueinander uns so überaus nahe waren, … wer braucht nach so einem Erlebnis noch Badesachen? Wir könnten auch gleich ins Wasser!« Um diesem Drama endlich ein Ende zu bereiten, trank Jasmin ihren Kaffee aus und sagte zu Laura zuzwinkernd: »Ja, das werden wir auch. Kommt, gehen wir!« Die beiden Frauen standen auf und liefen leicht angespannt zum Strand. Die Männer nippten ebenfalls den letzten Schluck und folgten die Zwei. Terence bemerkte die seitlichen argwöhnischen Blicke des Freundes. »Du willst mir doch etwas sagen, nicht wahr? Ich kann nichts dafür, das weißt du doch! Du hattest eben Glück, dass Laura dich erkannt hat!«
Jeremy meinte etwas mürrisch neben ihn: »Das ist ja das Skurrile, Jasmin hätte mich an meinen Stoppeln erkennen müssen. Sie fährt nämlich voll auf Dreitagebärte ab. Du dagegen bist glatt wie ein Kinderpopo, … das muss sie doch bemerkt haben!«
Terence grübelte nachdenklich: »Wir haben uns nicht geküsst, sondern es gleich getan!« Als er dessen stummen fragenden Blick wahrnahm, fügte er etwas genervt hinzu: »Mein Gott Jeremy, sie lag eben anders, okay? Sie konnte es nicht bemerkt haben. Und jetzt ist Ruhe! Ich will davon nichts mehr hören. Wegen, diesem dummen Missverständnis werde ich nicht meine Beziehung und unsere Freundschaft aufs Spiel setzen, klar?«
Jeremy nickte resigniert. »Hm, … du meinst also, Freunde teilen sich alles, ja?« Terence lachte leise auf. »´Fast´ alles mein Freund, fast´!«
Die Frauen waren schon weit draußen in den Wellen. Mit einer Leichtigkeit holten die Zwei sie ein. Das Wasser war glasklar, sodass man auch in der Tiefe bis auf den Grund sehen konnte. Aber glücklicherweise dämmerte es noch. Um diese Zeit war außerdem kein Publikum in der Nähe die ihre Nacktheit anstößig finden würden. Jeremy ließ verkünden, dass es auf Tobago eigentlich verboten ist, öffentlich nackt zu baden. Sie schwammen um die Wette und kämpften scherzend im Wasser. Ihre Anspannungen ließen langsam nach und beide Partner näherten sich wieder an. Jasmin umarmte Jeremy überglücklich. Er führte sie langsam aus dem Wasser und wollte mit ihr allein sein. Anstandshalber warteten Laura und Terence, bis das Paar im Haus verschwunden war, bevor sie sich zum Strand begaben.
Thalia kam kurz nach acht im Hospital an und lief in den Personalraum. Sie legte ihre Tasche, die am Morgen wieder auf dem Wohnzimmerschrank lag, in ihrem Spind. Sie war bisher noch nie zu spät gekommen. In einer Hektik zog sie sich um und betrat folglich das Sprechzimmer von Phil Sanders. Er begrüßte sie schroff und Thalia hatte die Befürchtung, dass ihm der gestrige flüchtige Abschiedskuss peinlich war. Sie konzentrierte sich auf ihre Arbeit und sprach nur das Nötigste. Als sich ihre Blicke zufällig begegneten, merkte Thalia, dass Phil sie beobachtete, aber sie deutete es als kontinuierliche Überwachung ihres Praktikums. Deshalb schenkte sie ihm ein dankbares Lächeln. Er konnte nicht umhin an ihrer Seite arbeiten, ohne Gewissheit zu haben. Kurz entschlossen nahm er Thalia mit sich zur Kantine und holte zwei Tassen Kaffee. Er forderte sie auf, sich hinzusetzen und kam gleich auf dem Punkt. Etwas zu ruhig fragte er sie: »Thalia, warum hast du mir nicht gesagt,
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