Vergeltung
sicher. Glauben Sie mir, Alvin. Das hier wird nicht mein neues Zuhause. Ich bin nur im Moment hier, weil mir heute Morgen klarwurde, dass es hier sicherer ist als in Bradfield.«
Carol kam gerade rechtzeitig aus dem Bad, um den letzten Satz noch mitzubekommen. Es war ihr gelungen, ihr verschlafenes Gesicht auf Vordermann zu bringen, und sie wirkte nun erfrischt und aufmerksam. »Ich wünschte, du hättest dir ein bisschen früher Gedanken über Sicherheit gemacht«, giftete sie, bevor sie Ambrose ein zuckersüßes Willkommenslächeln schenkte. Tony fragte sich, woher sie nur die Kraft nahm, ihm ständig an die Kehle zu gehen. »Also, Sergeant, was haben Sie für uns, das zu wichtig ist, um es per Telefon durchzugeben?«
Ambrose’ Lippen verzogen sich zu etwas, das als Lächeln durchgehen konnte. »Um ehrlich zu sein, musste ich dringend mal aus dem Büro raus. Es baut sich so eine negative Energie auf, wenn eine Ermittlung nicht so läuft, wie man es sich vorstellt. Das ist kein angenehmes Gefühl, und manchmal muss man einfach ausbrechen. Ich musste wieder zu mir selbst finden, also habe ich die Gelegenheit ergriffen, die aktuellen Neuigkeiten persönlich vorbeizubringen.« Er seufzte. »Gute Neuigkeiten sind es nicht, aber es hätte auch schlimmer kommen können.«
»Micky?«, fragte Tony. »Hat er sie sich geschnappt? Geht es ihr gut? Ist Betsy okay?«
Ambrose nickte. »Es geht beiden gut.«
»Was ist passiert, Sergeant?«, klinkte sich Carol kühl und bestimmt ein. Sie hatte offenbar ihre berufsmäßige Selbstbeherrschung zurückgewonnen.
»Vance hat es geschafft, durch die Verteidigungslinien zu kommen.« Er schüttelte geradezu verwundert den Kopf. »Er kam auf einem Quad mit einem Sack Pferdekraftfutter, was auch immer das genau für ein Zeug sein mag. Er hatte sich so gekleidet, dass er wie ein reicher Landbesitzer von hier aussah. Einer der Stallburschen hielt ihn an, aber er spielte seine Rolle gut, erklärte, er habe Micky versprochen, dieses spezielle Kraftfutter vorbeizubringen. Er fuhr schnurstracks in die Scheune und legte dort einen Schwelbrand. Dann flitzte er unter den Augen der Polizei auf seinem verdammten Quad davon. Er war bereits auf und davon, als die Scheune in Flammen aufging.«
»Gab es Verletzte?«
»Ein Stallbursche starb beim Versuch, Betsy Thorne zu retten. Sie wäre sonst von einem herabstürzenden Dachbalken erschlagen worden. Der Bursche hat sie gerade noch zur Seite stoßen können. Einige der anderen Angestellten dort haben leichte Verbrennungen. Das eigentliche Ziel war das Stallgebäude selbst, glaubt man dort. Er hatte es auf die Pferde abgesehen.« Ambrose blicke entschuldigend drein. »Wie Tony gesagt hat. Er zerstört das, was seinen Opfern viel bedeutet. Damit sie mit den Konsequenzen dessen weiterleben müssen, was sie ihm angetan haben.«
Carols Gesicht versteinerte.
»Was ist mit den Pferden passiert?«, fragte Tony. Die Frage lag auf der Hand.
»Zwei tot, die anderen waren ohnehin draußen auf den Feldern oder wurden von den Stallburschen gerettet. Laut den Polizisten vor Ort waren diese Jungs unglaublich tapfer.«
»Und sie haben ihn nicht erwischt? Er fuhr einfach auf seinem Quad davon?«, fragte Carol gereizt und wütend.
»Das Gefährt haben sie in einem nahe gelegenen Wäldchen gefunden. Zusammen mit einem Anhänger. Die Reifenspuren lassen vermuten, dass er einen Geländewagen fuhr. Die Abteilung West Midlands hat bereits die Angaben zum Fahrzeugverleiher, sie hoffen herauszubekommen, was für ein Modell Vance jetzt fährt. Aber wir haben Samstagabend, und das Büro dort ist nicht besetzt. Gott weiß, wann wir da was Näheres erfahren.«
»Aber gestern Nacht fuhr er keinen Geländewagen, oder?«, fragte Tony. »Einer von Ihren Leuten hat mir gesagt, dass einer der Nachbarn kurz vor dem Brand eine Limousine in der Einfahrt gesehen hätte, einen Ford.«
»Ja, wir haben die Verkehrsüberwachungskameras ausgewertet und glauben, dass er einen Ford fuhr. Leider gibt es keine Aufnahmen, auf denen man ihn identifizieren kann. Ungefähr eine Meile von Ihrem Haus entfernt haben wir ihn verloren. Er muss auf Seitenstraßen abgebogen sein und sich von der Hauptstraße ferngehalten haben.«
»Er ist also dieses Auto losgeworden und hat sich den Geländewagen besorgt«, kommentierte Carol. »Sind alle Autovermietungen in der Gegend überprüft worden? Er musste ja irgendwo die Fahrzeuge tauschen, denn den Ford wollte er bestimmt nicht länger fahren als
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