Vergeltung
machten, um Casualty zu glotzen. Sie musste also warten, bis DC Bryant in Aktion trat. So ein verdammtes Arschloch.
Stacey schaute dabei zu, wie Ambrose in einen Streit mit DI Patterson geriet. Bei seiner Angriffstaktik war ihr nicht ganz wohl, was Vance’ vermutliches Schlupfloch betraf. Sie konnte durchaus verstehen, dass er derjenige sein wollte, der Vance wieder einfing. Schließlich hatte seine Abteilung all die Kleinarbeit geleistet. Es wäre also nur fair, wenn sie es wären, die mit dem Ergebnis stolz im Rampenlicht stünden und von ihren Kindern im Fernsehen bewundert würden. Weniger gut wäre es allerdings, wenn Vance aufgrund dieser Vorgehensweise durch das Netz schlüpfen konnte. Stacey hatte das unbestimmte Gefühl, dass man ihr das anlasten würde, falls es tatsächlich passierte.
Sie griff nach dem Telefon und wählte die Nummer ihrer Chefin. Selbst in ihrem angegriffenen Zustand wäre Carol immer noch besser in der Lage, dienstliche Vorgehensweisen zu beurteilen, als die ganzen netten Kollegen, die mit allem guten Willen der Welt ausgestattet waren und doch nie auch nur ansatzweise mit der Art von Problemen konfrontiert worden waren, mit denen das Sondereinsatzteam Bradfield jeden Tag kämpfte.
Als Carol das Gespräch entgegennahm, klang ihre Stimme seltsam. So, als hätte sie eine Erkältung oder etwas Ähnliches.
»Hi Stacey. Gibt’s was Neues?«
Stacey berichtete von ihrer Entdeckung der Adresse in Vinton Woods und von Ambrose’ geplanter Vorgehensweise. Carol hörte ihr zu, ohne sie zu unterbrechen, und entgegnete dann: »Ich traue diesem Franklin auch nicht. Er hat von Anfang an daran gezweifelt, dass unser Freund überhaupt etwas damit zu tun hat. Ich glaube nicht, dass er begeistert von dieser Sache wäre. Wir sollten ihn vorerst ganz rauslassen.« Sie dachte kurz nach. »Ich werde dort rauffahren. Wenn ich sofort aufbreche, müsste ich vor den anderen vor Ort sein. Ich kann mir die Umgebung dort anschauen und prüfen, welche Möglichkeiten wir haben. Danke für die Info, Stacey.«
Und weg war sie. Stacey starrte beunruhigt das Telefon an. Langsam fühlte sich das alles an, als würde es wirklich böse enden. Die Tatsache, dass Jacko Vance beteiligt war, garantierte ein fulminantes Finale, denn Halbherzigkeiten waren nie seine Sache gewesen.
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A ls Staceys Anruf sie erreichte, hatte Carol sich gerade wieder einigermaßen gesammelt. Sie war immer noch völlig erschöpft und fühlte sich gedemütigt, doch sie merkte, dass sich in ihrem Inneren etwas bewegt hatte. Sie war jetzt wieder in der Lage, sich zusammenzureißen und die Sache wirklich anzugehen. Sie musste Jacko Vance davon abhalten, noch mehr Schaden anzurichten.
Sie war aufgestanden und hatte sich ein paar Schritte von Betsy entfernt, um in Ruhe mit Stacey sprechen zu können. Somit hatte sie schon damit begonnen, sich von diesen beiden Frauen zu lösen. Keinesfalls wollte sie, dass die beiden mitbekamen, was sie vorhatte, vor allem für den Fall, dass sie mit ihrer Skepsis gegenüber der Loyalität der beiden doch richtiggelegen hatte. Carol beendete das Gespräch und erklärte: »Ich muss jetzt los.«
»Ich glaube nicht, dass Sie in diesem Zustand irgendwohin gehen sollten«, entgegnete Betsy freundlich und bemüht, den Befehlston zu vermeiden.
»Ich weiß Ihre Fürsorglichkeit zu schätzen«, antwortete Carol steif. »Aber ich werde woanders benötigt. Ich habe ein Team in Bradfield, das seine Chefin braucht. Ihr Ex-Mann ist nicht die einzige Person, die im Moment auf Zerstörung aus ist.« Sie nahm ihre Handtasche, fuhr sich mit der Hand durchs Haar und fühlte den Schweiß auf ihrer Stirn. Sie vermutete, dass sie Fieber hatte. Kein Wunder nach diesem Ausbruch. »Ich finde schon hinaus.«
Sie war froh, den Raum verlassen zu können. Betsy hatte sie ihre entwaffnende Herzlichkeit spüren lassen, aber trotzdem hatte der Verlust eines Menschenlebens durch Vance’ Überfall Betsy relativ kaltgelassen. Als Carol daran dachte, erschien ihr die Nettigkeit in neuem Licht, und das war ihr recht, denn sie wollte sich ungern einwickeln lassen und schon gar nicht, wenn es um Micky Morgan ging. Sie war immer noch nicht davon überzeugt, dass diese Frau sich ganz von Vance freigemacht hatte. Es spielte dabei keine Rolle, ob es Charisma oder Angst war, was sie auf Linie hielt. Carol glaubte, dass zwischen den beiden noch immer etwas ungeklärt war.
Draußen blieb sie eine Weile im Wagen sitzen und sammelte ihre Gedanken. Sie
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