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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Einfahrt. Im Licht der Straßenlaternen schien das Haus leer zu sein. Die Vorhänge waren offen, die Fenster dunkel. Vance nickte, immer noch lächelnd. »Es wird nicht immer dunkel bleiben«, murmelte er und tippte einen dritten Code ein.
    Wieder erschienen vier Kameraansichten auf dem Bildschirm. Eine kiesbedeckte Einfahrt führte zu einem langen, niedrigen, von Kletterpflanzen bewachsenen Farmhaus. Sehr englisch. Er entdeckte etwas in der Ferne, das wie Stallungen aussah und unter Flutlicht lag. Auf dem nächsten Viertel waren die Stallungen selbst zu sehen. Vance hatte auf dem Land schon oft solche Gebäude gesehen, Backstein- und Holzfassaden mit Ställen, in denen Pferde in den Boxen standen. Reiche Männer und Frauen hielten sich die Tiere, und schlecht bezahlte Arbeiter liebten sie mehr, als die meisten der Besitzer es jemals tun würden. Eine Gestalt ging mit zackigen Bewegungen über den Hof. Von seiner Hand aus leuchtete ein Lichtstrahl. Er fuhr damit ruckartig nacheinander über jede Tür, bevor er verschwand. Das dritte Bild zeigte die Rückseite des Hauses, während das vierte einen Blick von weiter weg auf die Einfahrt gewährte. Quer vor dem Eingang war ein Pferdetransporter abgestellt, der die Zufahrt versperrte. Vance’ Lächeln wurde breiter. Die Vorfreude war so süß.
    Nun war er beruhigt und fuhr den Computer herunter. Es gab weitere Kameras, die in Gang gesetzt werden mussten, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Wenn seine Überwachungskameras nach einem seiner ersten Angriffe gefunden wurden, dann – so vermutete er – würde die Polizei weitere potenzielle Standorte nach versteckten Kameras absuchen. Wenn es kein elektronisches Signal gab, würde es fast unmöglich sein, sie zu orten. Jedenfalls hatte Terry ihm das so gesagt. Es wäre schön, alle seine Ziele zu jedem Zeitpunkt beobachten zu können, aber er war bereit, sich zurückzuhalten, damit er weiterhin die Nase vorn hatte.
    Diesmal nahm er vorsorglich den Aktenkoffer mit nach oben. Jetzt, da er seine Wissbegier gestillt hatte, fühlte er sich wieder müde. Die Kameras, die ihm als Spione dienten, waren in jeder Hinsicht genauso gut, wie ihm versprochen worden war. Jeder Zweifel, ob er seine Mission erfüllen konnte, war jetzt beseitigt. Morgen würde die nächste Phase beginnen.
    Morgen würde Blut fließen.

    Der Toyota sah unter den Straßenlaternen nicht rot aus. Das war auch gut so, da das Kennzeichen zu einem hellbraunen Nissan gehörte. Für einen Zeugen oder auch für jemanden, der die Aufnahmen einer Überwachungskamera zu analysieren versuchte, wäre das alles sehr verwirrend. Allerdings erwartete der Fahrer nicht, dass sie die Reviere der Prostituierten überwachten. Bei all dem Gemecker, dass bei der Polizeiarbeit gespart und Budgets gekürzt werden mussten, wurde das wenige Geld, das die Cops dieser Tage zur Verfügung hatten, da ausgegeben, wo die Steuerzahler es sehen konnten. Sie machten Streifenfahrten in den Wohngegenden und erschienen persönlich bei Einbrüchen, statt dem Opfer eines Verbrechens oder asozialen Verhaltens lediglich übers Telefon ein Aktenzeichen anzugeben. Anweisung von ganz oben, um einen besseren Eindruck zu hinterlassen, damit die Regierung die Leute auf ihrer Seite hatte.
    Für alle im Visier der Daily Mail  – Menschenhändler, Wirtschaftskriminelle und Prostituiertenmörder – war es eine absolut tolle Zeit. Die meisten Gangster waren wahrscheinlich froh darüber. Aber der Fahrer des Toyotas ärgerte sich. Er wollte beachtet werden. Wenn seine Großtaten nicht überall in den Zeitungen und im Fernsehen standen, welchen Sinn hatten sie dann? Da könnte er das alles auch seinlassen.
    Wie konnten die Cops nicht bemerken, was sich tat? Vielleicht sollte er Fotos schießen von seinen Opfern mit seinem Markenzeichen im Mittelpunkt. Die Medien würden sich schnell genug darauf stürzen, wenn so etwas auf ihren Schreibtischen landete. Dann müssten die Cops die Augen aufmachen und ihn beachten.
    Fletcher fuhr langsam durch Temple Fields, Bradfields bekanntestes Rotlichtviertel. Die Sitte hatte dort in den letzten Jahren ziemlich aufgeräumt, die Schwulen hatten ganze Straßenzüge übernommen, und es wurde viel weniger Sex öffentlich angeboten als früher. Die Nutten arbeiteten nicht im Freien, sondern in Saunas, Massagesalons oder richtigen Bordellen. Oder sie waren in andere Gegenden der Stadt umgezogen, wie in die Schnellstraße beim Flughafen oder hinter die Baustelle des

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