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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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wirklich inspiziert hatte, bevor die Erschöpfung ihn überwältigt hatte. Wenn er einen Computer gesehen hätte, hätte er daran gedacht.
    Er strich durch das leere dunkle Haus, wollte aber keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, indem er das Licht an- und ausschaltete. Er fand ein Esszimmer, einen Fernsehraum, ein Wohnzimmer und schließlich, ganz hinten, ein Arbeitszimmer. Das matte Mondlicht von draußen reichte aus, um sich zurechtzufinden, und er ging zum Schreibtisch hinüber und knipste eine Lampe an, die einen Lichtkegel auf das dunkle Holz des Tisches warf. Terry war offenbar die Phantasie ausgegangen, als er beim Arbeitszimmer angekommen war. Ein großer Schreibtisch, ein üppig gepolsterter Ledersessel und eine Anrichte waren die einzigen Möbel. Ein Laptop stand auf dem Schreibtisch, ein Drucker auf der Anrichte. Vance nahm an, dass die rechteckige Box auf dem Fensterbrett, an der ihm eine Reihe blauer Lichter entgegenflimmerte, der WLAN-Router war. Er hatte Bilder von Routern im Internet, aber bis jetzt noch nie das wirkliche Gerät gesehen.
    Er klappte den Laptop auf. Terry hatte einen Apple nehmen wollen. Seiner Meinung nach wäre ein Apple besser für Vance’ Zwecke gewesen. Aber Vance wusste, dass er sowieso viel zu lernen hatte. Die Computer im Gefängnis waren alt und langsam gewesen, der Zugang zum Internet streng eingeschränkt. Er musste lachen. Was zum Teufel dachte man sich dabei, jemanden wie ihn auf Computer loszulassen? Hätte er die Verantwortung gehabt, dann hätte er niemals erlaubt, dass die Häftlinge Handys oder Internet zur Verfügung hatten. Wenn man die Gefangenen davon abhalten wollte, mit der Außenwelt zu kommunizieren, dann musste man die Verwendung von Mobiltelefonen im Gefängnis verbieten. Obwohl das die Sache für das Personal unangenehm machte, musste man solche Scheißvorschriften einführen, wenn einem ernst damit war und man die Gefangenen unter Kontrolle haben wollte. Er hätte wetten können, dass man in einem Gulag kein Handysignal empfangen konnte.
    Er konnte kaum glauben, wie schnell der Rechner hochfuhr. Es war ein Wunder im Vergleich zu dem, was er gewohnt war. Er ging in die Küche zurück, um den Aktenkoffer zu holen, und öffnete ihn auf dem Schreibtisch neben dem Laptop. Vance nahm ein kleines Adressbuch heraus, schlug es bei »U« auf und gab im Browser die erste einer Liste von Urls ein. Eine anonym aussehende Website öffnete sich und verlangte ein Passwort. Vance blätterte zum Buchstaben »K« und gab die erste Reihe von Buchstaben und Zahlen auf der Seite ein. »K steht für Kamera«, murmelte er, während er wartete, dass sich die Seite öffnete. Nur Sekunden später war der Bildschirm in vier Bereiche aufgeteilt. Ein Viertel war vollkommen dunkel. Eins zeigte eine hell erleuchtete Küche, dahinter einen Speiseraum, noch weiter hinten eine Sitzgruppe mit einer großen Kaminecke. Nach der Größe der Räumlichkeiten und den Dachbalken an der Decke zu urteilen, schien es sich um eine umgebaute Scheune zu handeln. Ein weiteres Viertel zeigte den gleichen durchgehenden Raum, aber vom anderen Ende aus. Ein Mann lag auf dem langen Ledersofa ausgestreckt. Blondes, schon ergrauendes Haar, unbestimmte Gesichtszüge, ein T-Shirt mit einem Logo, das Vance nicht erkannte, und Boxershorts. Auf der Seite saß eine Frau an einem Schreibtisch und tippte auf einem Laptop. Neben ihr stand ein Glas Rotwein. Das vierte Viertel zeigte den oberen Teil eines offenen Treppenhauses, das zu einem Schlafzimmer im Korridor führte. Es war schwer, Einzelheiten auszumachen, aber hinter dem großen Raum schlossen sich offenbar ein Badezimmer und eine Ankleide an.
    Vance beobachtete die Szenerie fasziniert mit einem selbstzufriedenen Lächeln, aber es geschah nichts. So viele Privatdetektive, so wenig Skrupel. Wenn man herumfragte, konnte man problemlos einen finden, der mehr oder weniger alles Beliebige tun würde, solange man es nur so darstellte, dass es gerade noch legal klang. Es war nicht billig gewesen, die Kameras anbringen zu lassen, aber es war seinen Preis wert gewesen. Er wollte die Lage ganz genau kennen, bevor er seinen Rachefeldzug begann.
    Er schloss das Fenster und wiederholte den Ablauf mit einem anderen Code. Diesmal waren es Ansichten im Freien. Man sah ein großes Haus im edwardianischen Stil, umgeben von einem weitläufigen Garten. Die Kameras zeigten den Weg zur Haustür, eine Ansicht des Wohnzimmers von außen, eine Totale von der Rückseite des Hauses und der

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