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Vergeltung

Vergeltung

Titel: Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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wenn sie in diesem Club gearbeitet hat. Kann sein, dass wir unsere Zeit vollkommen verschwenden. Eine Meile weiter an der Straße hier ist eine Hamburgerbude. Wir könnten auftanken, um uns wach zu halten, während wir warten.«
    Sam seufzte. Es war nicht gerade das, was ihm als Amüsement vorschwebte, aber es war besser, als tatenlos hier herumzusitzen. Kevin ließ den Motor an und fuhr auf die Parkplatzabfahrt zu. Sam behielt den Club im Auge, und gerade als sie auf die Straße hinausfahren wollten, rief er: »Warte mal! Halt an!«
    Kevin trat abrupt auf die Bremse, so dass es sie beide nach vorn gegen ihre Sicherheitsgurte warf. »Was soll das, verdammt?«
    »Fahr einfach zurück. Langsam.«
    »Was ist los?«, fragte Kevin und ließ den Wagen langsam wieder auf den Parkplatz zurückrollen.
    »Wir sind Idioten«, sagte Sam und blätterte die Fotos durch, die Jamie für sie ausgedruckt hatte.
    »Du solltest nicht von dir auf andere schließen.«
    »Ihr Fahrrad«, sagte Sam und zog das Foto von Leanne mit ihrem Fahrrad heraus. »Sie ist doch mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren. Erinnerst du dich an das, was Tara sagte?«
    »Und?«
    »Das Fahrrad müsste also noch da sein, wo sie es zurückgelassen hat. Und ich bin sicher, ich habe im Scheinwerferlicht gerade ein Fahrrad gesehen, als du gewendet hast. Ich schau mal nach.«
    »Wie du willst«, meinte Kevin. »Ruf mich, wenn deine Vermutung stimmt.«
    Sam stieg aus dem Wagen und lief zur Rückseite des Clubs hinüber. Das Gebäude, ein einstöckiger Backsteinbau, hatte die Form eines U und war mit so viel Phantasie wie der Lego-Bau eines Fünfjährigen ausgestattet. Ein Holzzaun verband die beiden Seitenteile des U, dadurch entstand ein eingezäunter Hof, in dem große Container für Flaschen und Müll abgestellt waren. Das Tor stand halb offen, und durch diesen Spalt glaubte Sam flüchtig ein Fahrrad gesehen zu haben.
    Er schlüpfte hinein und erkannte sofort, dass er recht gehabt hatte. Das Scheinwerferlicht des Autos war auf die Reflektoren am Hinterrad und dem Schutzblech getroffen. Das Fahrrad selbst war hinter einem der Container abgestellt und mit einer schweren Kette am Zaun angeschlossen. Sam verglich es mit dem Foto. Bei dem schwachen Licht konnte man nicht sicher sein, aber er meinte, dass sie übereinstimmten. Mit dieser Neuigkeit wollte er gerade zum Wagen zurückgehen, als er eine Tür in der Nähe sich ächzend öffnen und dann mit einem Schnappen zufallen hörte. Dann nahm er das Klicken und das flackernde Licht eines Feuerzeugs wahr und riskierte einen Blick um die Ecke des Containers.
    Im Lichtschein der Zigarettenglut erkannte er die verhärmte, hart wirkende Prostituierte, die ihn und Kevin kurz zuvor weggeschickt hatte. Sam warf einen Blick zum Wagen zurück. Kevin hatte sich bequem zurückgelehnt. Es sah aus, als erlaube er sich ein Nickerchen. Im Augenblick gab es also nur Sam und die Frau. Er überlegte einen Moment. Sam ließ sich immer von dem antreiben, was für Sam das beste Ergebnis brachte. Normalerweise gehörte dazu nicht, eine Zeugin hart anzufassen, denn gewöhnlich waren andere Leute dabei, die dann sein schlechtes Benehmen hätten bezeugen können. Aber hier draußen im Dunkeln, hinter einem zwielichtigen Club würde Aussage gegen Aussage stehen. Und wer war hier die glaubwürdigere Person? Sie hatte ihn und Kevin bereits angelogen, also bewegte er sich hier auf sicherem Terrain.
    Flink drückte er sich hinter den Containern durch, so dass er hinter der Frau herauskam. Er war nahe genug, um ihr schweres Parfüm mit der Moschusnote zu riechen, vermischt mit dem Zigarettenrauch, und sie war immer noch ahnungslos. Geschickt und sicher schlang er einen Arm um ihren Hals und zerrte sie nach hinten. Sie taumelte gegen ihn, er legte seine Hand auf ihren Mund, und mit der anderen Hand riss er ihr die Zigarette aus den Fingern. Er würde keine garstigen kleinen Brandwunden davontragen.
    Sie wand und wehrte sich, da legte er den anderen Arm um sie. »Siehst du, so leicht ist das«, zischte er ihr ins Ohr. »Du kommst raus und willst eine rauchen, und da wartet ein übler Bursche auf dich. Das ist Leanne passiert. Oder so etwas Ähnliches.« Er stieß sie mit einer Art Tanzbewegung zurück, indem er sie herumdrehte, so dass sie ihm gegenüberstand. Mit dem linken Arm presste er sie gegen die Wand.
    »Scheißcop.« Sie spuckte ihn an, aber er war schnell genug, dem Speichel auszuweichen.
    »Du hast mich angelogen, elende Schlampe«, sagte er.

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