Vergeltung
die Luft rein war. Dann hob Vance sachte die Tasche hoch und ging den Weg zu Tony Hills Haus hinauf, um die Ecke und an der Seitenveranda vorbei, hinter der die Treppe zu Carol Jordans Souterrainwohnung war.
An der Rückseite des Hauses stellte er vorsichtig die Tasche ab und ging dann zu einem kleinen Steingarten in der Ecke. Einer der Steine war künstlich, und im hohlen Inneren steckte ein Schlüssel zur hinteren Tür. In den Notizen des Detektivs hatte gestanden: »Hill ist ein klassischer zerstreuter Professor. An zwei von fünf Tagen, an denen ich ihn beobachtet habe, vergaß er seine Hausschlüssel.« Ein Freudentag, dachte Vance, als er eintrat.
Er strich durch das Erdgeschoss und nahm sich ein paar Minuten Zeit, um ein Gefühl für Tony Hill zu bekommen, den komischen kleinen Scheißkerl, der gedacht hatte, er könne Vance eins auswischen. Ein einsamer Wolf, laut Detektiv. Nur mit Carol Jordan schien er eine Freundschaft zu pflegen. Je mehr Vance also Carol Jordan weh tat, desto mehr würde er beide verletzen.
Unter der Treppe war die Tür, die in den Keller geführt hatte. Es waren Riegel angebracht, aber sie waren offen. Und das Einsteckschloss ebenfalls. Die Tür ging einfach so auf. Das bewies, dass ihr offizielles Verhältnis von Vermieter und Mieterin ein Märchen war. Diese beiden gingen in den Räumen des anderen so unbekümmert ein und aus wie ein Schwarm heimatloser Sperlinge.
Auf das Gegenteil kam er gar nicht, nämlich, dass hier zwei Menschen wohnten, die die Intimsphäre des anderen so sehr respektierten, dass sie keine Schlösser brauchten, um Grenzen zu setzen.
Vance lief leichtfüßig die Treppe hinunter in Carols Territorium und wäre fast über eine ältere schwarze Katze gestolpert, die immer noch aufstand, um Neuankömmlinge in ihrer Welt zu begrüßen. »Scheiße«, rief Vance aus, taumelte und bemühte sich verzweifelt, seine Tasche nicht fallen zu lassen. Er schaffte es, wieder Tritt zu fassen, indem er die Schultern zurückriss.
Dann stellte er die Tasche auf den Boden und machte sich an einen Rundgang durch die Wohnung. In dem winzigen Abstellraum im Flur fand er, was er suchte. Auf dem Boden stand eine Schüssel mit Trockenfutter für Katzen und eine andere mit Wasser, auf einem Regalbrett ein Plastikeimer halbvoll mit Trockenfutter. Vance kicherte entzückt. Wie wunderbar, wenn die Dinge nach Plan liefen.
Er holte die Tasche herbei, öffnete den Reißverschluss und schloss die Tür hinter sich, damit die Katze nicht hereinschlüpfen konnte. Zuerst schüttete er das Trockenfutter in eine Plastiktüte. Dann nahm er eine starke, von einem Plastikclip zusammengehaltene gerollte Metallfeder und legte sie auf den Boden des Eimers. Den Clip befestigte er an einem sensiblen Mechanismus, der mit dem Rand verbunden war. Er nahm ein Paar säurebeständige Stulpenhandschuhe heraus und zog sie über seine Handschuhe. Behutsam öffnete er den Styroporbehälter in seiner Tasche und hob ein Glasgefäß heraus. Eine klare, ölige Flüssigkeit schwappte träge gegen die Seiten, als er das Gefäß vorsichtig auf der Feder plazierte. Danach nahm er den Deckel ab, so dass Luft an die Schwefelsäure kam. Zuletzt verband er eine lichtelektrische Zelle mit dem Mechanismus im Einer und schloss den Deckel.
Wenn Carol Jordan das nächste Mal den Eimer mit dem Katzenfutter öffnete, würde die Feder ihr den Behälter mit der Säure ins Gesicht schleudern. Wahrscheinlich würde sie das nicht umbringen. Aber die Säure würde ihre Haut verätzen und das Gesicht ruinieren, das später entstellt und voller Narben wäre. Fast mit Sicherheit würde sie erblinden und schreckliche Schmerzen haben. Schon allein der Gedanke daran erregte Vance. Sie würde leiden. Mein Gott, und wie sie leiden würde!
Aber Tony Hill würde noch mehr leiden, denn er wusste, dass er es diesmal nicht geschafft hatte, Vance aufzuhalten. Zwei Fliegen mit einer Klappe!
Kevin hatte es satt. Seiner Meinung nach gab es viel zu viele Motels in der Nähe des Flughafens. Und Stacey hatte offenbar wirklich jedes einzelne davon ausfindig gemacht. Es gab eine große Bandbreite, was sowohl die Kosten als auch die Ausstattung betraf. Ganz zu schweigen von der Bereitwilligkeit zur Zusammenarbeit mit einem penetranten Polizisten zur geschäftigsten Zeit des Tages. Es war eine beschissene Aufgabe, und es kotzte ihn an, dass ihm wieder einmal die Dreckarbeit zugeteilt worden war. Einmal hatte er sich im Beruf einen Fehler geleistet, der ihn
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