Vergeltung
die Lampen angeschaltet, Sie müssen sie in den Schlitz an der Tür stecken.« Wieder etwas Neues, dachte Vance.
Im Zimmer angekommen, zog er die Vorhänge vor, streifte die Schuhe ab und zog sich bis auf die Calvin-Klein-Unterwäsche aus. Er schlüpfte zwischen die Laken und schaltete einen Nachrichtensender im Fernseher an. Der Doppelmord war die zweite Meldung nach den neuesten Unruhen in der arabischen Welt. Natürlich wurde noch kein Name genannt. Ein Cop mit einem kräftigen Yorkshire-Dialekt sprach von einer Tragödie und von Ermittlungsrichtungen. Mit anderen Worten, dachte Vance, sie hatten absolut nichts gegen ihn in der Hand. Es würde natürlich Ergebnisse der Spurensicherung geben. Er hatte sich nicht bemüht, seine Spuren zu verwischen. Es störte ihn nicht, wenn sie wussten, dass er der Täter war. Wichtig war nur, dass er ihnen ein paar Schritte voraus war, damit er seinen Plan zu Ende führen konnte, bevor er das Land verließ.
Die Meldung über ihn kam gegen Ende der Nachrichten. Er war nach seiner gewagten Flucht aus der Haftanstalt offenbar immer noch auf freiem Fuß. Der Polizeibeamte, den man vor die Kamera geschickt hatte, schien wütend über den Auftritt. Es war ein großer Mann mit einem rasierten Schädel, dunkler Haut und muskulösen Schultern, die seinen Anzug zu sprengen drohten. Er sah aus, als sei er besser geeignet, zu später Stunde einen Streit in einer Kneipe zu schlichten, als etwas zu erledigen, das Feingefühl und Intelligenz erforderte. Wenn das alles war, was man ihm entgegensetzte, war Vance nicht allzu besorgt, dass man ihn wieder einfangen würde.
Er stellte den Wecker seines Handys und schloss die Augen, denn er wollte ein Nickerchen machen, das ihn vor seinem nächsten Racheakt erfrischen würde. Als er aufwachte, war es draußen dunkel; eine schmutzig graue Nacht mit niedrig hängenden Wolken, die den Himmel verdeckten, und große Regentropfen am Fenster. Vance nahm den Laptop heraus und rief ein Set Videobilder auf. In der ansehnlichen Villa im edwardianischen Stil war immer noch kein Lebenszeichen zu entdecken. Das hatte er erwartet. Der Scheißkerl, der hier wohnte, war im Moment weiß Gott anderweitig beschäftigt. Aber es war immer besser, vorsichtig zu sein.
Er fragte sich, was inzwischen in der Scheune geschehen war. Die Ermittlungen der Polizei dürften nun in Gang gekommen sein. Aber das würde er sich für später aufsparen. Denn er wollte mit der restlichen Aufgabe des heutigen Tages weitermachen. Vance zog eine Jeans und ein Sweatshirt mit Kapuze an und ging zum Auto.
Die Adresse hatte er schon ins Navi eingegeben, eine ruhige Straße in der Nähe der A38, von der man auf den dunklen offenen Fleck des Gheluvelt Parks schaute. Er fuhr direkt bis auf die Kieseinfahrt des Hauses, das ihn interessierte, und der Gedanke amüsierte ihn, dass er im Moment von seiner eigenen Kamera erfasst wurde. Es war ein Haus in dezentem rotem Backstein, dessen tiefe Erkerfenster und repräsentative Eingangstür mit hellem Cremeweiß umrandet waren. Die schweren, zurückgebundenen Vorhänge waren an der Seite der Fenster zu sehen, und der Garten machte einen gepflegten Eindruck. Ein Anwesen, um das man von vielen beneidet wurde, dachte Vance. Aber nicht mehr lange.
Er wendete den Wagen, so dass die Motorhaube in Richtung Straße zeigte. Dann ging er dreimal mit jeweils zwei Benzinkanistern hinter das Haus. Am Ende brachte er ein Bündel Gratiszeitungen mit, die er an einer der Tankstellen mitgenommen hatte. Die Rückwand war mit hölzernen Rankgittern bedeckt, an denen sich Klematis bis zum Obergeschoss hochwand. Das würde der eine Ausgangspunkt für das Feuer sein.
Der skrupellose Privatdetektiv, den Terry für Vance engagiert hatte, hatte Einzelheiten zur Alarmanlage notiert. Es war enttäuschend, dass er den Code nicht herausbekommen hatte, mit dem man sie deaktivieren konnte. Aber das war nicht das Ende der Welt. Es würde das Leben nur ein bisschen komplizierter machen. Vance kehrte zum Wagen zurück und kam mit einem Rucksack wieder. Er spähte durch die Fenster, um sicherzugehen, dass es die richtigen Räume waren. Seine erste Wahl war ein Wohnzimmer mit vielen brennbaren Einrichtungsgegenständen und Holzregalen mit Vinylplatten und CDs, die viel Stoff für das Feuer boten, wenn es erst einmal um sich griff. Das andere war ein Arbeitszimmer mit Bücherregalen an den Wänden, die voller gebundener Ausgaben und Taschenbücher waren. Auch das war perfektes
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