Vergeltung
Zahlungsart. Drei der sechs hatten bar gezahlt.
»Prüfen Sie die Informationen, die die Leute Ihnen geben, wenn sie sich anmelden?«
»Wie prüfen?«
»Müssen sie zum Beispiel einen Ausweis vorzeigen? Oder kontrollieren Sie, ob die Autonummer zum Wagen passt?«
Trehearne sah ihn an, als sei er von einem anderen Planeten. »Ich muss mich nur drum kümmern, ob die Kreditkarte funktioniert. Wenn die ihre Namen und Adressen falsch angeben, wen interessiert’s?«
»Ja, warum sollte man sich um korrekte Belege bemühen?« Aber Kevins Sarkasmus verfehlte seine Wirkung bei dem Jungen.
»Genau. Lohnt sich nich.«
»Können Sie es mir trotzdem ausdrucken?«, bat Kevin. »Füllen die Gäste bei der Anmeldung Karten aus?«
»Ja, aber wir werfen sie einfach weg, wenn wir die Angaben im Computer haben.« Er setzte ein selbstgefälliges Grinsen auf. »Keine DNA für Sie heute Abend, Mr. Cop.«
Kevin war sich immer sicherer, hier an der richtigen Adresse zu sein. Jeder, der einmal hier gewesen war, würde wissen, wie perfekt die räumliche Anordnung war und wie nachlässig man mit den Personalien umging. »Ich weiß, es wird schwierig sein, sich zu erinnern, Robbie, aber wissen Sie noch, ob jemand vom Personal oder den Gästen sich darüber beklagt hat, dass der Boden eines Zimmers nass war? Oder ein sehr nasses Badezimmer? Ungewöhnlich nass.«
»Das ist ’ne verdammt komische Frage«, beklagte sich Robbie. »Also, Badezimmer sind ja voller Wasser. Badewannen und Duschen und Toiletten und Waschbecken. Sie sind dazu da, dass sie nass sind, verstehn Sie?«
Kevin hatte Kinder. Er wusste, dass man sie ohne Vorbehalt liebte, egal, was sie taten oder sagten oder was aus ihnen wurde. Aber er musste sich Mühe geben zu glauben, dass irgendjemand Robbie Trehearne lieben konnte. »Ich sagte ›ungewöhnlich nass‹«, wiederholte er und musste sich anstrengen, die Geduld nicht zu verlieren.
Robbie bohrte mit dem Zeigefinger im Ohr und studierte ihn dann genau. »Ich weiß nich, in welcher Nacht es war, klar? Aber als ich einmal zur Abendessenzeit den Dienst antrat, fragte mich Karl, ob ich wüsste, ob in Nummer fünf was Komisches gelaufen wär. Das Zimmermädchen hätt nämlich gesagt, alle Handtücher wärn total nass gewesen. Also – tropfnass. Und der Teppich im Zimmer vor dem Bad wär auch nass. Meinen Sie das?«
Kevin bejahte und schaute noch einmal auf den Bildschirm. Zimmer fünf war für die fragliche Nacht gegen Barzahlung von jemandem belegt gewesen, der sich Larry Geitling nannte. Der Name sagte Kevin nichts. Aber es war zumindest ein Anfang. »Ich werde mit dem Zimmermädchen reden müssen.«
»Sie kommt morgen früh um sechs.«
»Und heute Abend?«
Trehearne kicherte, ein leiser, nervenaufreibender Laut. »Ich weiß gar nich, wo sie wohnt. Ich weiß nicht ma ihren Nachnamen. Buket, so nennen wir sie.«
Kevin missverstand und runzelte empört die Stirn. »Sie nennen sie ›Bucket‹ – ›Eimer‹? Warum? Weil sie Putzfrau ist? Sie machen sich nicht mal die Mühe, sie beim Namen zu nennen?«
»Boo-ket, nicht Bucket. So heißt sie. Sie ist Türkin.« Trehearne schien begeistert, dass er Kevin aufs Glatteis geführt hatte. »Ich hab keine Mobilnummer von ihr. Die einzige Möglichkeit, mit ihr zu sprechen, wär, wenn sie zur Arbeit hier ist. Sechs bis zwölf, das ist ihre Zeit. Oder Sie könnten sie vielleicht im Teppichlager weiter vorn an der Straße erwischen. Manchmal putzt sie dort abends von acht bis zehn.«
Zufriedenstellend war das nicht, aber Kevin konnte nichts daran ändern. »Gut«, sagte er. »Ich komme noch mal wieder. Und ich hoffe, sie ist dann hier. Sonst gibt es jede Menge Ärger für Sie und Ihren Chef.«
35
V ance hatte zwischen Leeds und Worcester an sechs Tankstellen angehalten und jeweils einen Fünfliterkanister aus Plastik erstanden und ihn mit Benzin gefüllt. Bei der letzten war er in den großen Verkaufsraum gegangen und hatte eine Schachtel Zigaretten sowie ein Feuerzeug gekauft. An der Peripherie von Worcester ließ er den abendlichen Berufsverkehr hinter sich und nahm ein Zimmer in einem unauffälligen Motel. Es war ein langer Tag gewesen, und er war müde. Müde Menschen machen Fehler, und das konnte Vance nicht riskieren.
Die Rezeptionistin beachtete ihn kaum, denn sie war in ein Gespräch mit einem Kollegen vertieft. »Frühstück von halb sieben bis zehn«, leierte sie automatisch herunter und reichte ihm ein längliches Plastikding. »Mit der Schlüsselkarte werden
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