Vergib uns unsere Sünden - Thriller
Post gelegen«, fuhr sie fort. »Ein Artikel über diese entsetzliche Geschichte, den Mord an der Frau.«
Natasha Joyce erstarrte. Sie war sich der Anspannung in ihrem Gesicht bewusst und versuchte, sie zu verbergen.
Chloe stand an der Tür, als hätte sie Pfeffer im Hintern, wollte nichts wie raus.
»Chloe hat das Foto gesehen … Sie hat gesagt, sie kennt die Frau.« Miss Antrobus lächelte nervös. »Ich weiß, dass es gar nicht möglich ist … Sie muss sie mit jemandem verwechseln.«
»An Phantasie hat es ihr noch nie gefehlt«, erwiderte Natasha mit Blick auf Chloe.
»Haben Sie davon gehört?«
Natasha runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht, was Sie meinen …«
»Am Samstag ist eine Frau ermordet worden. Ihr Bild war in der Post . Chloe hat behauptet, die Frau zu kennen. Aber sie … Sie kann sie doch nicht gekannt haben, oder, Miss Joyce?«
Natasha schüttelte den Kopf. »Nein. Ich kann mir nicht
vorstellen, wen sie damit gemeint hat«, antwortete sie und hörte den ängstlichen Unterton in ihrer Stimme. Sie versuchte sich an einem Lächeln, aber es geriet künstlich und angestrengt. Sie ging zur Tür, streckte die rechte Hand nach dem Türknopf aus. Mit der linken winkte sie Chloe. »Komm, wir gehen.«
Plötzlich stand Chloe neben ihr, hellwach und mit großen Augen. »Mom«, plapperte sie gleich los, »die Frau … erinnerst du dich? Die ist doch mit diesem Mann gekommen, und sie haben nach Daddy gefragt, und der Mann hat dir das Geld gegeben … Du weißt doch, er hat dir das Geld gegeben, und davon haben wir Polly Petal gekauft …«
Natasha hatte die Tür geöffnet. Sie stieß Chloe hinaus in den Flur, schaute Miss Antrobus an und lächelte, so gut es ging.
»Und heute hab ich sie in der Zeitung gesehen, die nette Frau …«
Natasha schaute Miss Antrobus an, die sie nicht aus den Augen gelassen hatte, sie und Chloe. Sie machte ein Gesicht, als wollte sie jeden Moment zum Telefonhörer greifen.
»Jemand anders«, sagte Natasha so laut zu Chloe, dass Miss Antrobus es hören musste, und sie war aufgeregt und verwirrt. Sie verstand nicht genau, was für ein Film hier lief, aber sie wusste, dass sie ihre Tochter anlog.
Drei Straßen weiter kaufte Natasha Joyce die Post . Ihr erster Blick fiel auf das Bild von Catherine Sheridan, dann las sie die ersten zwei, drei Absätze des Artikels.
»Das ist sie doch, Mom, oder?«, fragte Chloe.
Natasha schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, Schatz … Sie sieht ihr ähnlich. Vielleicht ist es nur jemand, der ihr ähnlich sieht.« Sie betete zu Gott, dass sie recht hatte. Dass dieses schwarz-weiße Gesicht, das ihr entgegenschaute, jemand ganz anderem gehörte. Sie sah es zum zweiten Mal - erst im Fernsehen, jetzt in der Zeitung. Sie hatte Angst. Mehr als Angst.
»Ich glaube, sie ist es, Mom … Sie hat denselben Blick wie die Frau.«
»Was denn für einen Blick, Schatz?«
Chloe zuckte die Achseln. »Weiß nicht … Vielleicht, weil sie wusste, dass jemand hinter ihr her war.«
Natasha lachte nervös. Sie dachte daran, wie sie mit diesen beiden Fremden im kalten Wind gestanden hatte. Eine Frau und ein Mann. Wie lange war das her? Fünf Jahre. Mein Gott, fünf Jahre war das schon wieder her. Die Frau hatte nicht Catherine Sheridan geheißen. Und der Mann. Kaugummi kauend, ein bisschen nervös, als wäre Zappelphilipp sein zweiter Vorname. Als hätte er nach jemandem Ausschau gehalten oder Angst gehabt, beobachtet zu werden.
Sie hatten nach ihrem Freund, Chloes Vater, gefragt. Sein Name war Darryl King, und Natasha erinnerte sich, dass sie damals gedacht hatte, was sind das für Leute? Woher zum Teufel kennt Darryl solche Leute?
Chloe schaute hoch, Reinheit und Helligkeit mit großen Augen, unschuldig wie Schnee. »Was glaubst du, wer sie getötet hat?«
Natasha lachte wieder. »Es ist nicht dieselbe Frau«, sagte sie. »Ich bin sicher, dass sie nicht dieselbe Frau ist.« Sie faltete die Zeitung zusammen und klemmte sie sich unter den Arm. Dann fasste sie nach Chloes Hand, und sie gingen los.
Sie sprachen kein Wort, und als sie zu Hause ankamen, blieb Natasha eine Weile im Wohnzimmer sitzen. Als würde sie auf jemanden warten, von dem sie sicher war, dass er kommen würde. Sie hörte Chloe in ihrem Zimmer spielen. Natasha fragte sich, was Chloe sich alles zurechtgelegt haben mochte. Sie wirkte gelassen, als würde sie sich über nichts auf der Welt den Kopf zerbrechen. Natasha hatte sich immer gewünscht, dass Chloe sich so fühlt, als könnte
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