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Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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was damals in Ihrem Studio passiert ist?«
    Hansen schüttelt den Kopf, ohne dass seine Haare sich bewegen.
    »Ich gebe Ihnen einen freundschaftlichen Rat, Gundersen. Werfen Sie nicht mit Behauptungen um sich, die Sie nicht belegen können, egal um was es geht. Das ist nicht sonderlich klug.«
    Iver blickt in die ernsten Augen seines Gegenübers und spürt, wie ihm das Adrenalin durch die Adern schießt. »Heißt das, Sie wissen, wer Jocke Brolenius getötet hat?«
    Hansen stößt den Stuhl nach hinten, steht auf und sieht Iver in die Augen, ehe er die Hände auf die Tischplatte stützt und sich vorbeugt.
    Iver versucht, stehen zu bleiben, weicht dann aber doch zurück.
    »Mann, du spielst mit deinem Leben!«, sagt Hansen leise und hält ihm seinen Zeigefinger dicht vors Gesicht.
    Iver versucht, ihm zu zeigen, dass er keine Angst hat.
    Dann richtet Hansen sich auf, geht durch die Tür nach draußen und knallt sie hart hinter sich zu.
    66
    Die Sonne scheint Henning ins Gesicht, als er die Redaktion in der Urtegata 9 verlässt. Er zieht sein Handy aus der Tasche und ruft Iver an, der ihn kurz über sein Gespräch mit Hansen informiert.
    »Dann hat er dir keine verpasst?«
    »Nein, aber es war unschwer zu erkennen, dass er Lust dazu hatte.«
    »Ich habe dir ja gesagt, dass du bei diesen Leuten vorsichtig sein musst.«
    »Ja doch.«
    »Hast du auch noch mit anderen gesprochen?«
    »Nein, noch nicht. Aber ich versuche es jetzt anschließend bei TV 2.«
    Henning nickt und hebt die Hand. Ein Taxi, das auf der anderen Straßenseite fährt, blinkt und hält an.
    »Gut. Wir brauchen einfach mehrere Blickwinkel.«
    »Heute Morgen habe ich im Netz ein Foto von Pulli und einem gewissen Even Nylund gefunden. Nylund betreibt in Majorstua ein Striplokal. Åsgard oder so ähnlich.«
    »Da arbeiten Geir Grønningen und Petter Holte«, sagt Henning und rennt zwischen zwei Autos über die Straße.
    »Ich kann ja mal versuchen, heute Abend da vorbeizuschauen.«
    »Super.«
    Henning setzt sich ins Taxi.
    »Und was ist mit dir? Was machst du?«
    »Ich fahre jetzt zu Thorleif Brendens Lebensgefährtin.«
    Elisabeth Haaland starrt an die Decke, sieht aber nur grauweißen Nebel. Sie weiß nicht, ob sie noch weinen kann. Aber jedes Mal, wenn sie an Thorleif denkt und sich fragt, was er jetzt tut oder wo er jetzt ist, schwillt der Kloß in ihrem Hals wieder an, und es kommen neue Tränen. Ihre Gedanken kreisen in einer nie enden wollenden Spirale, ohne dass sie auf ihre Fragen auch nur eine einzige Antwort erhalten würde.
    Was soll sie den Kindern sagen?
    Die Polizei ist keine große Hilfe. Die bis jetzt verstrichene Zeit ist angeblich noch nicht lang genug. Aber sie hat es der Stimme der Frau angehört, die sie eben zurückgerufen hat, dass man auch bei der Polizei nicht mehr von einem normalen Verschwinden ausgeht. Warum hätte sie sonst fragen sollen, ob Thorleif auch schon vor dem Interview etwas mit Tore Pulli zu tun gehabt hat?
    Elisabeth streckt die Arme nach hinten und vergräbt sie in den Kissen. Ihre Finger berühren ein Blatt Papier. Sie zieht es hervor.
    »Julies Herzen«, sagt sie leise, hebt das Blatt hoch und begutachtet die dicken roten Striche, die Julie im Kindergarten gelernt hat und mit denen sie jetzt alle Blätter und Zeitungen dekoriert, die sie finden kann. Elisabeth dreht den Zettel um und sieht ein Auto. Und sie erkennt, dass Thorleif dieses Auto gezeichnet hat.
    Warum hat er ein Auto gemalt? Sie richtet sich auf. Er malt nie mit Julie zusammen, weil er selbst der Meinung ist, ein schlechter Zeichner zu sein. Doch jetzt hat er ein Auto gezeichnet. Und warum liegt das Blatt unter ihrem Kopfkissen?
    Das Auto sieht aus wie ein BMW . Das Kennzeichen ist auf jeden Fall deutlich zu erkennen. Ihr Blick gleitet nach unten und heftet sich auf den Text, unverkennbar Thorleifs Handschrift. Elisabeth legt die Hand vor den Mund und zuckt zusammen, als es im nächsten Augenblick klingelt.
    67
    Das Taxi hält direkt vor der italienischen Schule in der Bygdøy allé. Henning geht eine Seitenstraße entlang, peilt Brendens Häuserblock in der Nobels gate an, passiert ein paar eingezäunte Gärten mit staubig grünen Pflanzen und findet Haus B. Auf dem Klingelschild steht Brenden & Haaland.
    Henning sieht sich um, während er auf eine Reaktion wartet, aber alles bleibt still. Vielleicht schläft sie, denkt er. Oder versucht zu schlafen. Er hat in der Schule angerufen, in der sie arbeitet, aber dort hat man ihm gesagt, dass sie sich

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