Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
hinhalten. »Natürlich erinnere ich mich«, flüsterte ich und zupfte am Etikett der Ketchupflasche. »Aber ich brauche Zeit.«
»Die gebe ich dir«, antwortete er sanft, »solange es eben dauert, bis du nach Hause kommen willst.«
Die Kellnerin lief an unserem Tisch vorbei, die Ponyfransen schweißnass, die Arme voller schmutziger Teller. Gebieterisch schnippte Martin mit den Fingern.
»Entschuldigen Sie, was ist mit unserem Essen passiert? Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.«
33
Am Sonntagnachmittag ging ich in die Eingangshalle der Klinik und rief in der Redaktion an, um eine Nachricht für Amanda zu hinterlassen. Der Arzt hatte erklärt, Tante Lyd müsse noch mindestens zwei Tage im Krankenhaus bleiben, auch wenn sie sich schneller erholte als erwartet. Verächtlich hatte sie es abgelehnt, im Bett gewaschen zu werden, und mit der Hilfe einer Schwester geduscht. Sie aß sogar ein paar von den Snacks, die Jim am Vortag gekauft hatte.
Nachdem Dr. Prasad sich als Fan der Devereux Girls geoutet hatte, hegte ich den leisen Verdacht, er wollte die berühmte Patientin aus eigennützigen Gründen in der Klinik behalten. In ihrer Nähe wurde er immer ganz aufgeregt. Voller Stolz hatte er ihr eine Devereux-Girls - DVD -Box zum signieren mitgebracht.
An diesem Nachmittag trafen noch mehr Blumen ein, auch ein Bouquet von Amanda Bonham Baillie und dem Country-House -Personal. Diese unverhoffte Geste fand ich rührend. Und da die Mitarbeiter schon Bescheid wussten, war es nur mehr ein Gebot der Höflichkeit, meine Chefin persönlich zu informieren. Sicher würde sie verstehen, dass ich an der Seite meiner Tante bleiben musste, bis sie aus der Klinik entlassen wurde. Ich wählte die Büronummer und wartete auf den Piepston des Anrufbeantworters, der außerhalb der Bürozeiten eingeschaltet war. Stattdessen wurde der Hörer abgenommen, und Amandas Stimme kläffte: »Ja?«
»Oh – äh – hallo, Amanda«, stammelte ich verblüfft. Was machte sie am Wochenende in der Redaktion?
»Wer ist da?«
»Rory Carmichael. Entschuldige die Störung, ich wusste nicht, dass du im Büro bist.«
»Nun, bin ich aber. Was gibt’s so Dringendes an einem Sonntagnachmittag?«
Das fand ich ziemlich schroff, wo sie doch wissen musste, warum ich anrief … Aber ehrlich gesagt hätte es mich noch mehr erstaunt, wenn sie plötzlich mitfühlend gewesen wäre. »Ich – wollte dir nur sagen, dass ich ein paar Tage nicht zur Arbeit kommen werde. Aus den bekannten Gründen. Ich muss warten, bis meine Tante aus dem Krankenhaus entlassen wird.«
»Deine Tante?«, stieß Amanda ungeduldig hervor. »Wieso, was ist denn mit ihr?«
»Ja, meine Tante«, bestätigte ich. Jetzt war ich wirklich durcheinander. Hatte ich die Karte falsch gelesen? Stammten die Blumen von Country Living oder Country Life oder vielleicht sogar von Country Pursuits ? Die zahlreichen rustikalen Magazine konnte man leicht durcheinanderbringen. »Meine Tante, Lydia Bell, hatte einen Herzanfall. Und du hast ihr Blumen geschickt.«
Jetzt entstand eine lange Pause, und ich hörte Amanda zischend nach Luft schnappen, als würde sie durch einen Strohhalm atmen. »Also ist Lydia Bell deine Tante«, sagte sie schließlich langsam. »Natürlich, Rory, natürlich. Verzeih mir, ich war ein bisschen zerstreut. Hier ist – einiges los.«
»Alles okay?« An diesem Wochenende hatte ich kaum einen Gedanken an den Job verschwendet. Und plötzlich meldete sich meine latente Angst vor einer Kündigung in meinem Hinterkopf und erinnerte mich daran, dass sie die ganze Zeit da gewesen war.
»Ja, ja, alles unter Kontrolle. Mach dir keine Sorgen. Nimm dir frei, solange du willst. Und richte deiner Tante bitte meine besten Genesungswünsche aus.« Im Hintergrund hörte ich Computertasten klicken und stellte mir vor, wie Amanda, den Hörer unters Ohr geklemmt, mit ihren Gedanken bereits wieder bei der Arbeit war.
»Das werde ich tun. Danke für die Blumen, das war sehr nett von dir.«
»Oh, nicht der Rede wert.« Ihre Stimme klang seltsam verlegen. Dann legte sie abrupt auf.
Würde ich jemals verstehen, wie ihr Gehirn funktionierte? Warum schickte sie meiner Tante Blumen, wenn sie deshalb verlegen war? Empfand sie ihre Gefühle als Achillesferse, die ihrem Panzer gefährlich werden könnte?
Wieder auf der Station, sah ich Percy und Eleanor auf der einen Seite von Tante Lyds Bett sitzen und Jim auf der anderen. Die beiden Pensionsgäste musterten sie treu ergeben, und sie lächelte ihnen
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